Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
Sache getan. Sie ist eine bezaubernde Persönlichkeit.«
    »Ich nehme an, Sie können das gut beurteilen, Herr Oberst!«
    Darauf sprachen Mimi und Siméon gleichzeitig: »Als Offizier gebe ich Ihnen mein Ehrenwort.« – »Aber chéri, das war doch lang vor deiner Zeit.«
    Dann brachen beide ab und lachten. Mimi schmiegte sich an Thomas. Sie war wirklich verliebt in diesen Mann, der so seriös wirken und dabei so unseriös sein konnte, der aussah wie der Urtyp aller britischen Gentlemanbankiers und dabei liebenswerter und einfallsreicher war als alle Herren, die Mimi kannte. Und sie kannte eine ganze Menge.
    »Lange vor meiner Zeit«, sagte Thomas Lieven. »Aha. Soso. Nun schön … Herr Oberst, nach Ihren Worten zu schließen, darf ich mich also als Finanzberater des französischen Geheimdienstes betrachten?«
    »Ganz recht, Monsieur. Man wird Ihnen besondere Aufgaben übertragen.«
    »Lassen Sie mich«, sagte Thomas, »bevor der Champagner kommt, rasch noch ein paar aufrichtige Worte verlieren. Trotz meiner relativen Jugend habe ich bereits gewisse Prinzipien. Sollten Sie diese unvereinbar mit meiner neuen Tätigkeit finden, dann bitte ich Sie, mich doch lieber auszuweisen.«
    »Voilà, Ihre Prinzipien, Monsieur?«
    »Ich weigere mich, eine Uniform zu tragen, Herr Oberst. Sie werden das vielleicht unverständlich finden, aber ich schieße nicht auf Menschen. Ich erschrecke niemanden, ich verhafte niemanden, ich quäle niemanden.«
    »Aber ich bitte Sie, Monsieur, für solche Kleinigkeiten sind Sie uns doch viel zu schade!«
    »Ich schädige und beraube auch niemanden – es sei denn innerhalb der erlaubten Grenzen meines Berufes. Aber auch dann nur, wenn ich mich davon überzeugt habe, daß der Betreffende es verdient.«
    »Monsieur, seien Sie ohne Sorge, Sie werden Ihren Prinzipien treu bleiben können. Es ist allein Ihr Gehirn, auf das wir reflektieren.«
    Emile kam mit dem Champagner.
    Sie tranken, dann sagte der Oberst: »Ich muß allerdings darauf bestehen, daß Sie an einem Ausbildungskurs für Geheimagenten teilnehmen. Das verlangt unsere Betriebsordnung! Es gibt da viele raffinierte Tricks, von denen Sie noch nichts wissen. Ich will sehen, daß Sie schnellstens in eines unserer Speziallager kommen.«
    »Aber nicht mehr heute nacht, Jules«, sagte Mimi und strich zärtlich über Thomas Lievens Hand. »Für heute nacht weiß er genug …«
     
    Am frühen Morgen des 30. Mai 1939 holten zwei Herren Thomas Lieven bei seiner Freundin ab. Die Herren trugen billige Konfektionsanzüge mit ausgebeulten Hosen. Es waren unterbezahlte Unteragenten.
    Thomas trug einen einreihigen schwarzgrauen Anzug mit Pepitamuster, weißes Hemd, schwarze Krawatte, schwarzen Hut, schwarze Schuhe und natürlich seine geliebte Repetieruhr. Er nahm einen kleinen Koffer mit.
    Die ernsten Herren verfrachteten Thomas in einen Lastwagen. Als er ins Freie sehen wollte, stellte er fest, daß die Zeltplanen über der Ladefläche festgezurrt und dicht geschlossen waren.
    Nach fünf Stunden tat ihm jeder Knochen weh. Als der Laster endlich hielt und die Herren ihn aussteigen ließen, sah Thomas sich in einer außerordentlich tristen Gegend. Ein hügeliges Gelände voller Steinbrocken war von hohen Stacheldrahtzäunen umgeben. Im Hintergrund, vor einem düsteren Wäldchen, erblickte Thomas ein verwittertes graues Gebäude. Am Eingangstor stand ein schwerbewaffneter Soldat.
    Die beiden schlechtgekleideten Herren gingen zu dem feindselig blickenden Posten hinüber und wiesen eine Unzahl von Ausweisen vor, die der Soldat studierte. Indessen kam ein alter Bauer mit einem Holzfuhrwerk des Weges.
    »Hast du’s noch weit, mein Alter?« fragte Thomas.
    »Der Teufel soll’s holen. Sind noch gut drei Kilometer bis Saint Nicolas!«
    »Wo ist denn das?«
    »Na, da unten. Direkt vor Nancy.«
    »Aha«, sagte Thomas Lieven.
    Seine beiden Begleiter kehrten zurück. Der eine erklärte ihm: »Sie müssen entschuldigen, daß wir Sie im Lastwagen eingeschlossen haben. Strenger Befehl. Sie hätten sonst vielleicht die Gegend erkannt. Und Sie dürfen keinesfalls wissen, wo Sie sich befinden.«
    »Aha«, sagte Thomas.
    Das alte Gebäude war eingerichtet wie ein drittklassiges Hotel. Ziemlich popelig, dachte Thomas Lieven. Viel Geld scheinen die Herrschaften nicht zu haben. Hoffentlich gibt’s keine Wanzen. In Situationen kommt man!
    An dem neuen Kursus nahmen außer Thomas noch siebenundzwanzig andere Agenten teil, hauptsächlich Franzosen, aber auch zwei

Weitere Kostenlose Bücher