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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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er: »Nie wieder ein krummes Ding, verstehst du? Mit Ehrlichkeit und Fleiß werden wir es schaffen. Anständig, alter Junge, kapiert? Anständig!«
    Bastian grinste …
    Um diese Zeit, an einem tristen Oktoberabend, erschien eine kleine, verschreckte Frau in Thomas Lievens Villa. Sie entschuldigte sich immer wieder dafür, daß sie sich nicht angemeldet hatte, ohne zu sagen, was sie wollte und wie sie hieß: »… aber ich war so aufgeregt, Herr Lieven, ich war so furchtbar aufgeregt, als ich Ihren Namen las …«
    »Wo haben Sie meinen Namen gelesen?«
    »Im Register vom Grundbuchamt – da arbeitet meine Schwester. Ich und die Kinder leben ja noch immer in Freilassing. Dahin haben sie uns ’45 verlagert. Es ist ein Elend – kein Platz – die Bauern sind widerlich zu uns, und jetzt auch noch dieses Wetter …«
    »Liebe Dame«, sagte Thomas geduldig, »darf ich nun vielleicht endlich Ihren Namen erfahren?«
    »Emma Brenner.«
    Thomas zuckte zusammen. »Brenner! Sie sind die Frau von Major Brenner?«
    Die kleine Frau begann zu weinen.
    »Ja, Herr Lieven! Die Frau von Major Brenner … Er hat so oft geschrieben über Sie, aus Paris. Er war so begeistert von Ihnen … Herr Lieven, Sie kannten meinen Mann! War er ein schlechter Mensch? Hat er Unrecht begangen?«
    »Wenn Sie so fragen, Frau Brenner, dann kann das nur eines bedeuten: Ihr Mann wurde verhaftet, stimmt’s?«
    Schluchzend nickte die kleine Frau. »Zusammen mit Oberst Werthe. Den kennen Sie doch auch …«
    »O Gott«, sagte Thomas. »Werthe auch?«
    »Seit Kriegsende sitzen sie im Lager Moosburg – und werden da sitzenbleiben, bis sie verhungern oder erfrieren …«
    »Frau Brenner, beruhigen Sie sich. Erzählen Sie mir.«
    Das tat die kleine Frau, von Schluchzen unterbrochen. Die Lage für Werthe und Brenner schien tatsächlich hoffnungslos. Thomas kannte beide gut. Er wußte, es waren anständige Leute, die sich jahrelang mit der Gestapo herumgeschlagen hatten. Aber 1944 wurde Admiral Canaris abgesetzt, und die militärische Abwehr wurde Heinrich Himmler unterstellt. Werthe und Brenner waren plötzlich Himmler-Leute!
    Und das blieben sie, bis die Amerikaner kamen und sie verhafteten. Die Amerikaner machten keinen Unterschied. Himmler-Leute waren für sie SD -Leute. Und SD -Leute waren »Securitiy Threats«, »Bedrohungen der Sicherheit«, die unter den »Automatic Arrest« fielen.
    Im Internierungslager Moosburg gab es Dossiers über jeden Gefangenen. Diese Dossiers, eingestuft nach verschiedenen Kategorien, wanderten von Zeit zu Zeit durch die Büros der Entlassungsstelle. Immer neue Kategorien wurden enthaftet. Eine Kategorie durfte darauf warten bis in alle Ewigkeit: die »Security Threats«.
    »Können Sie mir nicht helfen?« schluchzte Frau Brenner. »Mein armer Mann … der arme Herr Oberst …«
    »Ich will sehen, was ich tun kann«, sagte Thomas nachdenklich.
     
    »Mr. Smith«, sagte er am nächsten Tag zu dem tierliebenden CIC -Agenten, der so darauf erpicht war, ihn als Mitarbeiter zu gewinnen, »ich habe es mir überlegt. Sie sehen genau wie ich, was los ist in meinem Land. Diese braune Pest ist nicht ausgerottet. Sie ist noch höchst lebendig. Wir müssen alle wachsam sein, um zu verhindern, daß sie jemals wiederkommt …«
    Mr. Smith holte erfreut Luft. »Heißt das, daß Sie nun doch für uns arbeiten wollen?«
    »Heißt es, ja. Auf diesem einen bestimmten Sektor der Faschistenbekämpfung. Sonst nicht. Da schon. Wenn Sie wollen, fahre ich in die Camps.«
    »Okay, Lieven«, sagte Mr. Smith, »that’s a deal!«
    Die nächsten sechs Wochen verbrachte Thomas Lieven auf Reisen. Er besuchte die Internierungslager Regensburg, Nürnberg-Langwasser, Ludwigsburg und schließlich Moosburg.
    In den ersten drei Lagern studierte er tagelang Hunderte von Dossiers, eng beschriebene Schreibmaschinenseiten, die Fotos der Verhafteten sowie den Stempel des vernehmenden Agenten trugen.
    Thomas sah sich diese Bogen ganz genau an. Die Stempel waren primitiv, leicht nachzumachen. Ebenso primitiv waren die Fotos befestigt. Es wurden Schreibmaschinen aller Marken benutzt.
    In den ersten drei Lagern entdeckte Thomas Lieven 34 Angehörige der Gestapo, die er in Frankreich kennen- und hassen gelernt hatte, unter ihnen den Chef des SD Marseille, den Hauptsturmführer Heinrich Rahl, und ein paar seiner Gehilfen. Hauptsturmführer Rahl war im Lager »Kulturwart« geworden und genoß alle möglichen Erleichterungen.
    Überhaupt kam Thomas bald darauf,

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