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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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bloß. Man könnte verdienen, was man will. Millionen Frauen schreien nach kosmetischen Präparaten. Sie haben nichts, um sich schön zu machen …«
    Das leuchtete Thomas ein. Ein wenig schwerzungig sagte er: »Wir müssen uns unbedingt unterhalten, Fräulein Christine.« Neuer Anlauf: »Komme Sie morgen besuchen. Ich … ich … könnte mir vorstellen, daß mich Ihre Fabrik interessiert …«
    »Oh!« Ihre Augen leuchteten auf.
    Mademoiselle Daniella sang wieder. Thomas trank und tanzte mit Christine, tanzte und trank. Dann sang er selber. Und dann war es soweit: Er war blau, ganz ungeheuerlich blau. Liebenswürdig. Freundlich. Charmant. Aber eben blau. Es fiel nur keinem Menschen auf. Denn alle waren blau, alle im Hause der toten Eva. Nur der Blutordensträger nicht. Der lag mit Leibschmerzen in seiner Mansarde und knirschte mit den Zähnen.
    14
    Als Thomas erwachte, fand er sich in seinem Bett. Er hörte Bastians Stimme: »Das Frühstück, Pierre. Wach auf. Es ist halb zwölf!«
    Thomas öffnete die Augen und stöhnte. In seinem Schädel tobten Preßlufthämmer. Er sah Bastian an, der mit einem Tablett vor ihm stand. Er richtete sich auf. Und dann erstarrte er. Neben ihm lag ein Mädchen und schlief, tief und friedlich. Die süße, dunkle Christine Troll …
    Thomas schloß die Augen. Thomas öffnete die Augen wieder. Es war kein Spukbild, das ihn narrte. Christine lag noch immer da. Jetzt murmelte sie etwas und lächelte. Räkelte sich. Allmächtiger! Schnell deckte Thomas sie wieder zu.
    Entsetzt sah er Bastian an, der keine Miene verzog. »Was ist passiert? Wie kommt die Dame hierher?«
    »Mensch, frag
mich
doch nicht! Wie soll
ich
das wissen!«
    »War ich … waren diese Dame und ich … schon … hm … zu Hause, als du kamst?«
    »Jawohl. Du hast geschnarcht wie eine ganze Kompanie.«
    »Um Gottes willen.«
    »Total besoffen, was?«
    »Und wie! Junge, Junge, also mir fehlen glatt acht oder neun Stunden. Ich habe nicht die geringste Erinnerung.«
    »Na hör mal, das ist aber jammerschade!«
    »Halt den Mund! Stell das Tablett weg. Ich will machen, daß ich hier rauskomme, bevor sie aufwacht. Vielleicht war sie auch betrunken. Und dann kann ich ihr die Peinlichkeit ersparen.«
    Er konnte es nicht. Denn in diesem Moment schlug Christine Troll ihre schönen schwarzen Augen auf und blickte um sich. Lange um sich. Dann blickte sie an sich hinab. Wurde dunkelrot. Und sagte: »Ach, ist das unangenehm. Nein, also wirklich! Das ist ja ganz entsetzlich! Mein Herr, wer sind Sie, wenn ich bitten darf?«
    Thomas verneigte sich im Sitzen. »Mein Name ist Lieven. Thomas Lieven.«
    »Ach Gott, ach Gott. Und wer … wer ist dieser Herr?«
    »Mein Diener Bastian.«
    »Guten Morgen, Mademoiselle«, sagte Bastian und verneigte sich höflich.
    Da begann die junge Dame zu weinen …
    Nach dem Frühstück gingen Thomas und Christine im Isartal spazieren. Langsam ließen ihre Kopfschmerzen nach.
    »Und Sie haben keine Erinnerung?« fragte er.
    »Nicht die allergeringste.«
    »Ich auch nicht.«
    »Herr Lieven!«
    »Unter den gegebenen Umständen kannst du vermutlich ruhig Thomas zu mir sagen!«
    »Nein, ich möchte beim Sie bleiben! Unter den Umständen, Herr Lieven, gibt es nur eine einzige Möglichkeit für uns: Wir gehen auseinander und sehen uns
nie
wieder.«
    »Entschuldigen Sie, warum?«
    »Herr Lieven, ich bin ein
anständiges
Mädchen. So etwas ist mir noch nie passiert.«
    »Mir auch nicht. Vorschlag zur Güte: Wir reden nicht mehr davon. Und ziehen Ihre Kosmetikfabrik neu auf.«
    »Daran erinnern Sie sich?«
    »Genau. Und ich halte mein Wort. Was Sie an Kapital brauchen, steht Ihnen zur Verfügung.«
    »Herr Lieven, also das kann ich unter gar
keinen
Umständen annehmen.«
    15
    Am 15. August 1946 wurde in der Kosmetikfabrik Troll die Produktion wiederaufgenommen. Mit einigen wenigen Arbeitern zunächst. Unter schwierigsten Bedingungen. Im September ging es schon besser. Durch seine Beziehungen zu den Amerikanern gelang es dem Geschäftspartner von Christine Troll, größere Mengen von Chemikalien zu beschaffen, die für die Produktion unentbehrlich waren. Im Oktober 1946 erzeugte die Fabrik bereits Seife, Hautcreme, ein Toilettenwasser und, als Verkaufsschlager, eine »Beauty Milk«, die reißend Absatz fand. Neue Arbeiter wurden angestellt.
    Christine Troll sagte zu ihrem Partner immer noch eisern »Herr Lieven«.
    Thomas Lieven sagte zu seiner Partnerin immer noch eisern »Fräulein Troll«.
    Zu Bastian sagte

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