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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Kriegsende äußerst niedrig gehandelt worden, weil damals noch kein Mensch wußte, wie weit und wie vollkommen die Siegermächte die deutschen Wirtschaftszentren zerschlagen würden.
    Die wertvollsten Anlagen waren demontiert, die größten Konzerne aufgelöst worden. 1946/47 wurden die Aktien der »Vereinigten Stahlwerke« nur mit rund 15 Prozent gehandelt, AEG -Aktien mit 30 Prozent; I.G.-Farben-Aktien durften überhaupt nicht gehandelt werden.
    Reichlich wurden nun Leute, die solche und andere Aktien trotzdem gekauft hatten, für ihren Optimismus belohnt! Nachdem aus den R-Mark-Aktien D-Mark-Aktien geworden waren, kletterten die Kurse von Monat zu Monat höher empor. In einem Zürcher Appartement saß ein Herr, der sich nicht beklagen konnte über das, was geschah …
    Bis dann jener 14. April 1949 kam, an dem Thomas mit Bastian ins Zürcher Scala-Kino ging. Sie wollten den berühmten italienischen Film »Fahrraddiebe« sehen. Sie sahen die Reklamen. Sie sahen vor dem Hauptfilm die Wochenschau. Und in dieser einen Beitrag über das Hamburger Frühjahrsderby.
    Elegante Pferde, Herren im Cut, bezaubernde Frauen waren zu bewundern. Die Kamera erging sich in Großaufnahmen der prominenten Zuschauer. Dicker Herr. Faszinierende Dame. Noch eine faszinierende Dame. Noch eine. Das Wirtschaftswunder hatte begonnen. Noch ein illustrer Herr …
    Plötzlich schrie in Loge 5 ein Mann laut auf:
»Marlock!«
    Thomas Lieven rang nach Atem. Denn da, auf der Leinwand, stand er, überlebensgroß, sein schurkischer Kompagnon, den er für tot gehalten hatte, sein verbrecherischer Partner, der seine friedliche Existenz vernichtet, ihn in die Mühlen der internationalen Geheimdienste geschleudert hatte – da stand er, untadelig gekleidet, im Cut, Fernglas vor der Brust.
    »Er ist es … Ich bringe ihn um, das Schwein!« lärmte Thomas. »Ich habe gedacht, er schmore schon längst in der Hölle – aber er lebt … Jetzt werde ich abrechnen mit ihm!«
    18
    »Bitte, ich habe Sie wohl eben nicht ganz richtig verstanden, mein Herr«, sagte der Besitzer des Scala-Kinos.
»Was
möchten Sie?«
    »Sie haben mich eben durchaus richtig verstanden, mein Herr«, sagte Thomas Lieven mit einer feinen Verneigung. »Ich möchte mir nach der letzten Vorstellung die Wochenschau-Filmrolle ausleihen, die Sie heute zeigen.«
    »Ausleihen? Aber warum?«
    »Weil ich sie mir noch einmal vorführen lassen möchte. Privat. Denn ich habe auf dem Streifen einen Bekannten entdeckt, den ich bei Kriegsbeginn aus den Augen verlor.«
    Stunden später brauste Thomas mit der Filmrolle durch das nächtliche Zürich. Hinaus zu den Studios der »Praesens-Film«. Hier hatte er einen Schneideraum und einen Cutter organisiert. Der Cutter ließ die Wochenschaukopie auf dem Schneidetisch vor- und zurücklaufen, so lange, bis Thomas rief: »Halt!«
    Der kleine Bildschirm über dem Tisch zeigte nun ein stillstehendes Bild vom Hamburger Frühjahrsderby. Ein paar dicke Herren, ein paar elegante Damen auf der Tribüne. Und im Vordergrund deutlich zu erkennen: Robert E. Marlock.
    Thomas ballte die Hände zu Fäusten. Er fühlte, wie ihm vor Erregung der Schweiß auf die Stirn trat. Ruhig, sagte er zu sich selbst, ganz ruhig jetzt, wenn du Rache nimmst.
    »Können Sie das Kaderbild da kopieren und mir bis morgen früh ein paar Abzüge davon machen – so stark vergrößert wie möglich?«
    »Na klar, mein Herr«, sagte der Cutter.
    Am nächsten Tag um 11 Uhr 45 nahm Thomas Lieven den Expreß nach Frankfurt am Main. Hier suchte er zwei leitende Beamte im Gebäude der »Deutschen Bankaufsicht« auf. Ihnen zeigte er Fotos von Robert E. Marlock. Eine halbe Stunde später lag vor Thomas eine Personalkarte, wie es sie hier über jeden Menschen in Deutschland gab, der Bankgeschäfte machte.
    Am Abend des 15. April 1949 sagte Thomas zu seinem Freund Bastian Fabre in seiner Zürcher Wohnung: »Der verfluchte Hund lebt in Hamburg. Walter Pretorius nennt er sich. Und eine kleine Bank besitzt er wieder. An der Innenalster. Die Frechheit! Die ungeheure Frechheit, die der Erzlump hat!«
    Bastian drehte ein bauchiges Kognakglas hin und her. Er meinte: »Er wird ohne Zweifel in dem Glauben leben, daß du tot bist. Oder hast du ihn aufgesucht?«
    »Bist du verrückt? Nein, nein, Marlock soll ruhig weiter glauben, ich sei tot!«
    »Ich denke, du willst dich rächen …«
    »Ich
werde
mich rächen! Aber schau mal, Marlock hat eine deutsche Banklizenz bekommen. Ohne Scheu und Furcht lebt er in

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