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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Augenblick, in welchem Thomas Lieven, allem bisher Erlebten zum Trotz, noch einmal Mut faßte und an die Vernunft der Menschen und an eine lichte Zukunft glaubte.
    Er wollte die Affäre mit der »schwarzen Tasche« noch würdig erledigen, so gut er konnte. Weder die Deutsche Abwehr noch der französische Geheimdienst sollten die Dossiers bekommen.
    Aber dann nichts wie raus aus dem kriegslüsternen, verrotteten alten Europa! Fort in eine neue Welt! Wieder Bankier sein, ein solider Bürger, ein ziviler Mensch! Ach, welche Sehnsucht empfand er danach!
    Unerfüllt sollte diese Sehnsucht bleiben. Bald schon sollte Thomas von der Gewissenspein befreit werden, für die Franzosen gegen die Deutschen gearbeitet zu haben. Bald schon sollte er für die Deutschen gegen die Franzosen arbeiten. Und dann wieder für die Franzosen. Und gegen die Engländer. Und für die Engländer. Und für alle drei. Und gegen alle drei. Der Wahnsinn hatte eben erst begonnen. Der gute Mensch in Thomas Lieven, der den Frieden liebte und die Gewalt haßte, wußte nur noch nicht, was ihm bevorstand …
    Der Juni ging vorbei, der Juli. Nun saßen sie schon fast zwei Monate in Toulouse. An einem heißen Morgen hielten Siméon, Jeanne und Thomas einen kleinen Kriegsrat ab.
    Siméon zeigte sich ein wenig aufgeregt, aber das fiel Thomas erst sozusagen im nachhinein auf. Der Oberst erklärte ihm: »Wir müssen unseren Aktionsradius erweitern, mein Freund. Madame hat eine neue Adresse für Sie.« Er neigte sich über die Landkarte. »Sehen Sie mal, hier, ungefähr 150 Kilometer nordwestlich von Toulouse, im Tal der Dordogne, in der Nähe von Sarlat.«
    »Da liegt ein kleines Schloß«, erklärte Jeanne, nervös rauchend – auch das kam Thomas erst später in den Sinn, »am Rande des Ortes Castelnau-Fayrac. ›Les Milandes‹ heißt es. Die Leute dort haben auch eine Farm, einen Haufen Schweine und Kühe, alles …«
    Drei Stunden später holperte der kleine Peugeot über staubige Landstraßen immer noch westwärts. An den Ufern der Dordogne wurde die Gegend romantisch, und romantisch sah auch das Schloß »Les Milandes« aus – ein weißes, hohes Gemäuer aus dem 15. Jahrhundert, mit zwei großen und zwei kleineren Wachttürmen, den ganzen Höhenzug beherrschend, umgeben von einem alten Park, an den sich Wiesen und Felder schlossen.
    Thomas ließ den Wagen bei der offenen Einfahrt zum Park stehen und rief ein paarmal laut. Niemand antwortete.
    Er erreichte einen großen, kiesbestreuten Vorplatz. Ein gewaltiges altes Eichentor stand angelehnt. Eine Freitreppe führte hinauf.
    »Hallo!« rief Thomas wieder.
    Dann hörte er ein schrilles, hohes Lachen, das ihn zusammenfahren ließ, denn es war kein Menschenlachen.
    Im nächsten Augenblick schoß ein kleines braunes Äffchen durch den Türspalt, hüpfte schrill kichernd die Stufen herunter und turnte an Thomas Lieven empor. Ehe er sich von seinem Schock erholt hatte, saß der Affe bereits auf seiner linken Schulter und gab ihm, dauernd keckernd, Küsse.
    Eine Frauenstimme erklang: »Glou-Glou! Glou-Glou, wo bist du? Was stellst du schon wieder an?«
    Das Eichentor öffnete sich. Eine blendend schöne, dunkelhäutige Frau stand im Rahmen. Sie trug enge weiße Hosen und eine überhängende weiße Bluse. An den schmalen Handgelenken klirrten goldene Armbänder. Ihr schwarzes Haar war in der Mitte gescheitelt und lag eng an.
    Thomas holte Atem, denn er kannte diese Frau, und er verehrte sie seit Jahren. Er fand keine Worte. Auf alles war er gefaßt gewesen, nur darauf nicht, inmitten einer verrückten Zeit, inmitten eines von Krieg und Niederlage zerrütteten Frankreichs plötzlich einem Idol der ganzen Welt, der perfekten Verkörperung exotischer Schönheit überhaupt gegenüberzustehen: der berühmten Negertänzerin Josephine Baker.
    Mit einem wundervoll leisen Lächeln sagte sie: »Guten Tag, Monsieur, entschuldigen Sie die stürmische Begrüßung. Sie scheinen Glou-Glou zu gefallen.«
    »Madame … Sie sind … Sie haben … Sie wohnen hier?«
    »Zur Miete, ja. Was kann ich für Sie tun?«
    »Mein Name ist Jean Leblanc. Ich glaube, ich kam ursprünglich hierher, um Lebensmittel zu kaufen … Bei Ihrem Anblick, Madame, kann ich mich nicht mehr genau daran erinnern«, sagte Thomas. Dann ging er die Freitreppe hinauf und küßte, den kleinen Affen noch auf der Schulter, Josephine Baker mit einer tiefen Verneigung die Hand. »Es ist auch vollkommen unwichtig, warum ich kam. Ich bin glücklich, vor Ihnen

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