Es muß nicht immer Kaviar sein
Sie sind wirklich ein großer Mann!«
Josephine fragte: »Ist da Muskat dabei?«
Thomas Lieven sagte: »Eine Spur, Madame. Das wichtigste ist, daß man zuerst die Butter zerläßt und dann das Mehl verrührt, aber so, daß beide hell bleiben.«
Thomas Lieven dachte: Ich verstehe Josephine, ich verstehe Débras. Ihr Land ist in Gefahr, wir haben sie überfallen, sie wollen sich verteidigen, sie wollen sich wehren gegen Hitler. Aber
ich
, ich will nicht blutige Hände bekommen!
Thomas sagte: »Erst nach dem Mehl füge man unter Rühren Milch zu, bis die Sauce dick wird.«
Thomas dachte: Da haben sie mir in dieser idiotischen Spionenschule bei Nancy doch mal ein Buch in die Hand gedrückt. Zum Chiffrieren. Dem Helden jenes Romans ging es eigentlich genauso wie mir. Wie hieß der gleich? Ach ja, der Graf von Monte Christo …
Mit Engelszungen sprach Thomas Lieven: »Sie wollen nach England, Major Débras. Welchen Weg werden Sie nehmen?«
»Über Madrid und Lissabon.«
»Ist das nicht sehr gefährlich?«
»Ich habe noch einen falschen Paß.«
»Trotzdem. Wie Madame sagte, es wimmelt hier von Spitzeln. Wenn man die Tasche bei Ihnen findet …«
»Ich muß es riskieren. Siméon wird in Paris gebraucht, er soll zurück. Ich habe niemanden.«
»Doch!«
»Wen?«
»Mich!«
»Sie?«
Der Teufel soll alle Geheimdienste der Welt holen, dachte Thomas und antwortete mit Feuer: »Jawohl, mich. Es ist mir ein unerträglicher Gedanke, daß die Deutschen die Tasche bekommen!« – Es ist mir genauso unerträglich, zu denken, daß ihr sie habt! – »Sie kennen mich jetzt, Sie wissen, daß ich zuverlässig bin.« – Wenn ihr wüßtet, wie unzuverlässig ich bin! – »Außerdem macht es mir Spaß. Sportlicher Ehrgeiz hat mich gepackt!« – Ach, könnte ich doch nur wieder ein friedlicher Bürger sein!
Von ihren Eiern aufblickend, sagte Josephine: »Monsieur Lieven hat recht, Maurice. Du bist für die Deutschen und ihre Spitzel dasselbe wie das rote Tuch für den Stier.«
»Natürlich, chérie! Aber wie sollen wir die Tasche vor der Deutschen Abwehr in Sicherheit bringen?«
Vor der Deutschen Abwehr und vor allen anderen Diensten, dachte Thomas und sagte: »Ich habe in Toulouse einen Bankier namens Lindner getroffen. Der wartet nur noch auf seine Frau, dann geht er nach Südamerika. Er hat mir angeboten, sein Partner zu werden. Wir werden über Lissabon auswandern.«
Josephine sagte zu Débras: »In Lissabon könntet ihr euch treffen.«
Débras fragte: »Und warum wollen Sie das alles tun?«
Improvisiertes Menu • 19. August 1940
Thomas Lievens Eierspeise verzauberte
die »Schwarze Venus«.
Wurstnester
Eier »Josephine«
Schwedenfrüchte
Wurstnester:
Man nehme eine Wurstsorte, die sich in breite, feste Scheiben teilen läßt, schneide sie in ein Zentimeter dicke Scheiben, ohne die Haut zu entfernen. In einer Pfanne mache man Fett heiß, gebe die Wurstscheiben hinein und lasse sie kurz so warm werden, daß sie sich zu einem »Nest« wölben. Dann nehme man die Scheiben rasch vom Feuer auf eine Schüssel zum Anrichten, fülle einige Nester mit Apfelcreme (geriebener Meerrettich und geriebene Äpfel, ein Schuß Weinessig und Salz), andere Nester mit einer Farce aus gedünsteten Zwiebeln, Tomaten und Kräutern sowie Petersilie, Schnittlauch und Olivenöl. Dazu esse man kräftiges Bauernbrot.
Eier »Josephine«:
Man bereite zunächst eine weiße Sauce aus 110 Gramm Butter, 50 Gramm Mehl und einem viertel Liter Milch, in die man später zwei Eidotter quirlt. Wichtig dabei ist, daß man zuerst die Butter zerläßt, dann Mehl zugibt; es muß aber so zerrührt werden, daß beides hell bleibt, und die Milch kommt unter ständigem Rühren hinzu. Die Sauce muß dicklich sein, und die Eidotter gebe man erst hinein, wenn die Sauce vom Feuer genommen ist. Etwas Muskat erhöht den Wohlgeschmack.
Diese – auch für andere Gerichte geeignete – weiße Sauce vervollständige man in diesem Fall mit feinzerhacktem Schinken und Parmesankäse. Dann gebe man »verlorene Eier« hinein, daß sie gut von der Sauce bedeckt sind, streue noch einmal Parmesankäse und Butterflocken darüber und lasse alles in der Form fünf Minuten überbacken.
Kleiner Trick für »verlorene Eier«: Ein richtiges »verlorenes Ei« muß nur eben pflaumenweich sein und trotzdem ohne Schale halten. Um das zu erreichen, lasse man die Eier aus der Schale vorsichtig in kochendes Essigwasser gleiten. Nach gut drei Minuten hole man sie am besten
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