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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Großzügigkeit, für die kurzen Stunden des Glücks, der schimmernden Lichter, der vornehmen Hotels, der Schlafwagenabteile, der Bars mit ihrer leisen Musik und der teuren Restaurants mit ihrem wunderbaren Essen.
    Und so dankte Mimi Thomas noch einmal in dieser trüben Morgenstunde, während draußen der Regen auf das schwarze Katzenkopfsteinpflaster der Rue des Bergères trommelte, und sie beendeten ihre Affäre so, wie sie sie begonnen hatten und wie alle Liebenden ihre Affäre beenden sollten: in Liebe.
    9
    Daß er von Wehrmacht und Abwehr des Großdeutschen Reiches wie eine Stecknadel gesucht wurde, wußte Thomas Lieven nicht. Darum war er zwei Tage später jeder Freude aufgeschlossen, als der Emigrant Walter Lindner, hochrot im Gesicht und völlig außer Atem, in die Küche von Jeannes Restaurant gestürzt kam. Thomas kochte gerade Zwiebelsuppe.
    Lindner ließ sich auf einen Hocker fallen, warf ein Gurkenglas um und rief: »Meine Frau – meine Frau … Ich habe meine Frau gefunden!«
    »Wo? Wie?«
    »Hier in Toulouse!« Lindner lachte und weinte zugleich; es schien sich um eine gute Ehe zu handeln. »Ich gehe in das kleine Café am Place du Capitole und will mich gerade zu den Schachspielern aus Brünn setzen – da sagt eine Frauenstimme hinter mir: ›Entschuldigen Sie, kennen Sie vielleicht einen Herrn Lindner?‹ Und im nächsten Moment schreit sie: ›Walter!‹ Und ich habe sie in den Armen!« Lindner vollführte mit Thomas einen kleinen Freudentanz, bei welchem das Ende einer Salatschüssel zu beklagen war.
    »Sprung auf, marsch, marsch – zum Konsulat!« rief Lindner. »Jetzt können wir fahren, Herr Lieven. Ach Gott, wie freue ich mich auf unser neues Leben!« Und ich erst, dachte Thomas.
    Dann stürzten sich die künftigen Partner einer noch zu gründenden südamerikanischen Bank in ihre Reisevorbereitungen. Kein Grenzland Frankreichs gab zu dieser Zeit Einreisevisen. Das Feinste und Beste, was man erhalten konnte, war ein Durchreisevisum. Dieses wiederum hatte ein Übersee-Einreisevisum zur Voraussetzung.
    Nachdem Walter Lindner dem argentinischen Konsul in Marseille den Nachweis erbracht hatte, daß er auf der »Rio de la Plata Bank« ein Guthaben von einer Million Dollar besaß, erhielt er ohne Schwierigkeiten ein Visum für sich und seine Frau.
    Lindner erklärte, Monsieur Jean Leblanc als seinen Partner nach Buenos Aires bringen zu wollen. Darauf gab man auch diesem Monsieur Jean Leblanc ein echtes Einreisevisum in den falschen Paß, den er dereinst auf der Spionenschule bei Nancy von dem Mann erhalten hatte, der sich Jupiter nannte. Am 26. August bekamen die drei dann auch die portugiesischen Durchreisevisen. Der Abfahrt stand nichts mehr im Wege. Für das, was er noch vorhatte, stellte Thomas Lieven nun einen genauen Zeitplan auf. Von der Einhaltung dieses Planes hing eine Menge ab – unter anderem sein Leben. Nachdem er noch einmal mit Major Débras in »Les Milandes« telefoniert hatte, sah dieser Terminkalender so aus:
    28. August: Abfahrt von Thomas Lieven und Ehepaar Lindner nach Marseille.
    29. August: Abfahrt von Major Débras per Zug über Perpignan, Barcelona und Madrid nach Lissabon.
    30. August: Abreise von Thomas Lieven und Ehepaar Lindner von Marseille via Flugzeug nach Lissabon.
    10. September: Abreise von Thomas Lieven und Ehepaar Lindner von Lissabon an Bord des portugiesischen Passagierdampfers »General Carmona« nach Buenos Aires.
    Vom 3. September an waren Major Débras und Thomas Lieven allabendlich ab 22 Uhr im Spielcasino von Estoril verabredet zwecks Übergabe der ominösen schwarzen Tasche. Zwischen dem 30. August und dem 3. September hoffte Thomas genügend Zeit zu finden, um an ihrem Inhalt gewisse Veränderungen vorzunehmen …
    Mit einem gewinnenden Lächeln betrat am Vormittag des 29. August ein elegant gekleideter junger Herr das Büro der privaten amerikanischen Chartergesellschaft »Rainbow Airways« in der Rue de Rome in Marseille. Seinen Homburg lüftend, trat er an den Buchungsschalter und sprach in fließendem Französisch: »Guten Morgen, Monsieur, mein Name ist Leblanc. Ich hole die Flugkarten nach Lissabon für das Ehepaar Lindner und mich.«
    »Einen Moment bitte.« Der Angestellte blätterte in seinen Listen. »Ja, hier. Morgen, 15 Uhr 45 …« Er begann die Tickets auszuschreiben.
    Vor dem Büro hielt ein kleiner Autobus. Zwei Piloten und eine Stewardeß kamen herein. Ihrem Gespräch entnahm Thomas, daß sie eben gelandet waren und

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