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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Furcht, Kaufmann Jonas, es geschieht Ihnen nichts. Die Wagenwände sind gepanzert, die Fenster aus kugelsicherem Glas. Man kann nicht hereinschießen.«
    »Und wie, bitte, würden Sie dann unter Umständen hinausschießen?« fragte Thomas. Darauf blieb der britische Agent eine Antwort schuldig.
    An dem schlafenden Luxusbadeort Estoril vorbei jagten sie ostwärts, in einen gloriosen Sonnenaufgang hinein. Perlmutterfarben leuchteten Himmel und Meer. Viele Schiffe lagen im Hafen. Heute ist der 9. September, dachte Thomas Lieven. Morgen läuft die »General Carmona« nach Südamerika aus. Werde ich sie erreichen, lieber Gott?
    In einem Palmengarten stand die komfortable Villa des britischen Nachrichtenchefs. Sie war im maurischen Stil eingerichtet und gehörte einem Geldverleiher namens Alvarez, der noch zwei weitere, ähnliche Villen besaß. Die eine hatte er an den Nachrichtenchef der deutschen Gesandtschaft vermietet, die andere an den Nachrichtenchef der amerikanischen …
    CASA DO SUL stand in goldenen Lettern über dem Eingang zur Villa der Briten. Ein Butler in gestreifter Hose und grüner Samtweste hielt die schwere schmiedeeiserne Tür auf. Die weißen, buschigen Augenbrauen hatte er hochgezogen. Er verneigte sich stumm vor Thomas. Danach versperrte er die Tür und schritt vor den beiden Besuchern durch eine mächtige Halle, am Kamin, einer Freitreppe und den Ahnenporträts des Herrn Alvarez vorbei, der Bibliothek zu.
    In dieser wartete vor einer bunten Bücherwand ein älterer Gentleman, der so wundervoll englisch aussah wie nur jene Herren, denen man auf den Seiten britischer Schneidermagazine begegnet. Seine gepflegte Eleganz, der untadelig sitzende dunkelgraue Flanellanzug, der gepflegte Kolonialoffiziersschnurrbart und die militärisch straffe Haltung dieses Gentlemans erregten Thomas Lievens ehrliche Bewunderung.
    »Mission ausgeführt, Sir«, sprach Roger zu ihm.
    »Gut gemacht, Jack«, sprach der Herr in Dunkelgrau, Thomas die Hand schüttelnd. »Guten Morgen, Kaufmann Jonas. Willkommen auf großbritannischem Boden. Ich habe Sie mit Ungeduld erwartet. Einen Whisky auf den Schrecken?«
    »Ich trinke niemals vor dem Frühstück, Sir.«
    »Ich verstehe. Mann von Prinzipien. Gefällt mir. Gefällt mir sehr.« Der Herr in Dunkelgrau wandte sich an Roger. »Gehen Sie hinauf zu Charley. Er soll Funkverbindung mit M 15 aufnehmen. Code Cicero. Meldung: Die Sonne geht im Westen auf.«
    »Jawohl, Sir.« Roger verschwand. Der Herr in Dunkelgrau sagte zu Thomas: »Nennen Sie mich Shakespeare, Kaufmann Jonas.«
    »Gerne, Mr. Shakespeare.« – Warum nicht? In Frankreich habe ich einmal einen Kollegen von dir Jupiter nennen müssen, dachte Thomas. Wenn euch so etwas Spaß macht …
    »Sie sind Franzose, Kaufmann Jonas, nicht wahr?«
    »Eh – ja.«
    »Dachte ich mir sofort! Habe einen Blick dafür. Untrügliche Menschenkenntnis! Vive la France, Monsieur!«
    »Danke, Mr. Shakespeare.«
    »Monsieur Jonas, wie heißen Sie wirklich?«
    Wenn ich dir das sage, erreiche ich mein Schiff nie, dachte Thomas und erwiderte darum: »Es tut mir leid, aber meine Lage ist zu ernst. Ich muß meine wahre Identität verschweigen.«
    »Monsieur, ich verbürge mich mit meiner Ehre dafür, daß wir Sie jederzeit sicher nach London bringen, wenn Sie sich bereit erklären, für mein Land zu arbeiten. Wir haben Sie aus den Klauen der Nazis gerettet, vergessen Sie das nicht!«
    Das ist ein Leben, dachte Thomas.
    Er sagte: »Ich bin erschöpft, Mr. Shakespeare. Ich – ich kann nicht mehr. Bevor ich mich für irgend etwas entscheide, muß ich schlafen.«
    »Vollkommen klar, Monsieur. Ein Fremdenzimmer steht für Sie bereit. Betrachten Sie sich als mein Gast.«
    Eine halbe Stunde später lag Thomas Lieven in einem bequemen, weichen Bett in einem stillen, gemütlichen Zimmer. Die Sonne war aufgegangen, im Park sangen viele Vögel. Goldene Lichtbahnen fielen durch das vergitterte Fenster. Die Tür war von außen versperrt. Englische Gastfreundschaft, dachte Thomas Lieven, in der ganzen Welt gerühmt. Es geht wirklich nichts über sie …
    19
    »Achtung, die Zeit: Beim Gongschlag ist es acht Uhr! Guten Morgen, meine Damen und Herren. Von Radio Lissabon hören Sie die zweiten Frühnachrichten. London: Auch in der vergangenen Nacht setzten starke Bomberverbände der deutschen Luftwaffe ihre konzentrierten Angriffe auf die britische Hauptstadt fort …«
    Heftig atmend, die Hände aneinanderreibend, eilte die vollschlanke, schwarzhaarige

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