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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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die Zunge. Nicht, dachte er. Nicht schreien. Still jetzt, still …
    Scheinwerfer flammten auf. Eine Schiffssirene heulte, einmal, zweimal, dreimal. Dann war der Schatten plötzlich eine Rennjacht, nah, ganz nah, lebensgefährlich nah. Der portugiesische Steuermann schrie wild auf und riß das Rad herum. Zu spät. Mit einem ekelhaften Knirschen rammte die Jacht das kleine Boot backbord im spitzen Winkel. Dem Herrn aus Hamburg flog der Revolver aus der Hand. Der Herr aus Leipzig stürzte.
    Und dann war oben unten und unten oben, der Kutter kenterte, indessen sich der Bug der Jacht knirschend in seine Seite grub. Eine unsichtbare Riesenfaust riß Thomas empor und schleuderte ihn hinein in das schwarze, eiskalte Wasser. Er hörte tobendes Stimmendurcheinander, Schreie, Flüche, Kommandorufe, und immer noch heulte die Sirene der Jacht.
    Thomas schluckte Salzwasser, ging unter, kam wieder hoch, rang nach Luft und sah vom Deck der Jacht einen Rettungsring an einer Leine auf sich zufliegen. Klatschend traf der weiße Ring das Wasser. Thomas packte ihn. Im nächsten Moment bereits straffte sich die Leine, und er wurde zur Jacht hingezogen.
    Blinzelnd starrte er die Buchstaben auf dem Ring an, der den Namen des Schiffes trug. Thomas las: BABY RUTH .
    Herrgott, dachte er, wenn ich das im Club erzähle, werden sie sagen, ich lüge …
    17
    »Whisky oder Rum?«
    »Whisky, bitte.«
    »Mit Eis und Soda?«
    »Nur mit Eis, bitte. Und gießen Sie das Glas ruhig halb voll, ich bekomme so leicht Schnupfen«, sagte Thomas Lieven. Eine Viertelstunde war vergangen, eine außerordentlich ereignisreiche Viertelstunde.
    Vor fünfzehn Minuten noch Gefangener der Deutschen Abwehr, danach Schiffbrüchiger im Atlantik, saß Thomas nun in wärmende Decken gehüllt auf dem traumweichen Bett einer traumschönen Luxuskabine. Ein Herr, den er niemals zuvor gesehen hatte, stand vor einer Wandbar und bereitete ihm einen Drink.
    Thomas dachte leicht benommen: Wie es halt so geht im Leben …
    Der Herr brachte ihm den Whisky. Er hatte sich selbst auch einen ordentlichen eingegossen. Nun hob er lächelnd sein Glas: »Cheerio!«
    »Cheerio!« sagte Thomas und trank einen mächtigen Schluck. Jetzt bekomme ich endlich den widerlichen Chloroformgeschmack aus der Kehle, dachte er. Von draußen drang wüstes Gebrüll in die Kabine.
    »Wer ist das?«
    »Unser Steuermann und Ihrer. Eine Expertenkonversation über die Schuldfrage«, erwiderte der fremde Herr, der einen tadellosen blauen Einreiher und eine intellektuelle Hornbrille trug. »Natürlich war Ihr Steuermann schuld. Man fährt nicht ohne Positionslichter. Noch etwas Eis?«
    »Danke nein. Wo sind die beiden – meine Begleiter?«
    »Unter Deck. Ich nehme an, daß Sie die beiden gerne dort wissen.« Es hilft ja nichts, dachte Thomas. Was soll’s, es wird das beste sein, wenn ich den Stier gleich bei den Hörnern packe. Er sagte darum: »Ich danke Ihnen, Sie haben mich vor dem Tod bewahrt. Und ich denke dabei nicht an den Tod durch Ertrinken.«
    »Prost, Kaufmann Jonas!«
    »Bitte, wie?«
    »Für uns sind Sie Kaufmann Jonas. Wir wissen noch nicht, wie Sie wirklich heißen.« Gott sei Dank, dachte Thomas. »Sie werden es mir sicherlich auch nicht sagen wollen …«
    »Sicherlich nicht!« – Was für ein Glück, daß ich alle meine Papiere im Safe der schönen Konsulin Estrella deponiert habe. Ich wurde doch die ganze Zeit das Gefühl nicht los, daß mir einmal so etwas zustoßen würde.
    »Ich verstehe das vollkommen. Es ist mir klar, daß Sie erst an höchster Stelle sprechen können. Ein Mann wie Sie! Eine V.I.P.!«
    »Bitte, eine was?«
    »Eine Very Important Person!«
    »Ich bin eine sehr wichtige Person?«
    »Na, hören Sie mal, Kaufmann Jonas, wenn die Deutsche Abwehr versucht, Sie mit einem U-Boot aus Portugal herauszuholen! Sie können nicht ahnen, was sich Ihretwegen in den letzten achtundvierzig Stunden getan hat! Diese Vorbereitungen! Monströs! Abwehr Berlin! Abwehr Lissabon! U-Boot im Planquadrat 135 Z! So einen verrückten Funkverkehr hatten die Deutschen seit Monaten nicht mehr. Kaufmann Jonas … Kaufmann Jonas … Kaufmann Jonas muß unter allen Umständen nach Berlin gebracht werden … Und da fragen Sie mich, ob Sie eine V.I.P. sind – köstlich! Was ist, Kaufmann Jonas?«
    »Könnte ich – könnte ich wohl noch einen Whisky bekommen, bitte?«
    Thomas Lieven bekam noch einen – einen großen. Der Herr mit der Hornbrille bereitete sich selber auch noch einen und überlegte

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