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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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von Ihnen zu finden – umsonst.
    Diese Zeilen schreibe ich in der Villa Ihrer schönen, verzweifelten Freundin. Weinend steht sie neben mir. Auch heute – am letzten Tag – kein Lebenszeichen. Ich schreibe diese Zeilen immer noch in der Hoffnung, daß Sie wenigstens noch leben und eines Tages hierher, in dieses Haus, zu dieser Sie so innig liebenden Frau zurückkehren können. Wenn der Himmel das gibt, dann werden Sie meinen Brief vorfinden.
    Ich werde für Sie beten. Immer noch auf ein Wiedersehen hofft
    Ihr sehr ergebener
    Walter Lindner.
    Das war der erste Brief.
    Thomas ließ ihn zu Boden fallen. Er rang nach Luft. Sein Schädel schmerzte plötzlich zum Zerspringen.
    Warum hat Estrella meinem Freund nicht gesagt, wo ich bin? Warum ist sie nicht hergekommen und hat mich rausgeholt, wie es besprochen war? Warum hat sie das getan? Warum, war-um?
    Darauf gab der zweite Brief Antwort.
    Lissabon, 1. November 1940
    Elender Schuft!
    Nun hat Dein Freund Lindner das Land verlassen. Nun gibt es niemanden mehr, der Dir helfen könnte. Nun will ich meine Rache vollenden.
    Du siehst mich nie wieder. In wenigen Stunden bringt mich ein Flugzeug nach Costa Rica.
    Dein Freund hat Dir einen Brief geschrieben. Ich lege meinen daneben. Eines Tages wird der Untersuchungsrichter nach mir forschen. Dann wirst Du beide Briefe erhalten.
    Für den Fall, daß der Untersuchungsrichter, was sehr wahrscheinlich ist, die beiden Briefe vorher liest, erkläre ich noch einmal: Du hast mich bestohlen, Du Lump!
    Und ich erkläre auch (gewiß interessiert es Sie, Herr Untersuchungsrichter!), warum ich Dich nun für immer verlasse: weil ich erfahren habe, daß Du Deutscher bist, ein deutscher Geheimagent, ein gemeiner, gewissenloser, skrupelloser, geldgieriger, zynischer deutscher Schuft! Oh, wie ich Dich hasse, Du Hund! E.
    5
    »Oh, wie ich dich immer noch liebe, du Hund!« stöhnte die leidenschaftliche, vollschlanke Estrella Rodrigues.
    Zur gleichen Zeit, da Thomas Lieven in seiner Zelle im »Aljube« zu Lissabon, ein Gefühl arktischer Kälte in der Magengrube, ihren Abschiedsbrief las, saß die schwarzhaarige, hinreißend gebaute Konsulin auf der anderen Seite der Erdkugel im Salon des teuersten Appartements im teuersten Hotel von San José, der Hauptstadt der Republik Costa Rica.
    Estrellas Augen waren gerötet. Mit einem Fächer verschaffte sie sich Kühlung. Ihr Herz pochte unruhig, ihr Atem ging unruhig. Jean, Jean, ohne Unterlaß muß ich an dich denken, du elender Hund, der Thomas Lieven heißt, du elender Lügner, der mich betrogen hat … Mein Gott, und ich liebe dich so!
    Die Konsulin, konfrontiert mit diesem tragischen Sachverhalt, stürzte einen doppelten costaricanischen Kognak todesmutig in die schöne Kehle.
    Schaudernd schloß sie sodann die Augen, schaudernd erinnerte sie sich der jüngsten Vergangenheit.
    Noch einmal sah sie den englischen Agenten vor sich stehen, der ihr die Wahrheit erzählt hatte, die Wahrheit über Thomas Lieven. Und Estrella sah sich selber, nachdem der Engländer sie verlassen hatte. Sich selber: eine vernichtete, zerschmetterte, zusammengebrochene Frau …
    Zusammengebrochen hatte Estrella Rodrigues sich am Abend des 9. September 1940 zu dem großen Safe in ihrem Schlafzimmer geschleppt. Weinend hatte sie das Kombinationsschloß eingestellt. Bebend die schwere Tür geöffnet. Da lag das Barvermögen dieses Schuftes vor ihr. Reichsmark, Escudos, Dollars. Beinah tränenblind machte die Verratene, tief unglücklich, Inventur.
    An diesem Abend erlebten die Besucher der Spielbank Estoril eine echte Sensation!
    Mit einem Kapital von rund 20 000 Dollars erschien Estrella Rodrigues, schöner denn je, bleicher denn je, dekolletierter denn je. Sie, den Angestellten und Croupiers als notorische Verliererin bekannt, sie, von Croupiers und Angestellten nachgerade schon bemitleidet, gewann an diesem Abend, gewann, gewann!
    Sie spielte wie in Trance mit Thomas Lievens Geld. Sie spielte nur mit Maximumeinsätzen. Sie spielte die 11. Die 11 kam dreimal nacheinander. Sie spielte die 29 en plein et chevaux. Es kam die 29. Sie spielte das mittlere Dutzend Rot, impair et passe und die 23 en plein et chevaux, alles Maximum. Es kam die 23! Estrella spielte. Estrella gewann, sie konnte setzen, was sie wollte.
    Tränen traten in ihre schönen Augen. Neugierig betrachteten Herren im Smoking und Damen mit kostbarsten Nerzstolen diese seltsame Gewinnerin, die bei jedem Gewinn aufschluchzte.
    Von den anderen Tischen des

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