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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich wie ein Zeitungsjunge um Nacken und Schulter gehängt; seine Hose und Unterhose hingen allerdings immer noch um seine Knöchel herum. Er spielte hingebungsvoll mit dem Feuerzeug, das Henry mitzunehmen vergessen hatte, und knipste es immer wieder an und aus. Er schien wie hypnotisiert zu sein. Ein dünnes Blutrinnsal lief ihm aus dem Mundwinkel übers Kinn, und seine Lippen schwollen auf der rechten Seite an. Patrick schien das überhaupt nicht zu bemerken, und wieder fühlte sich Beverly von ihm furchtbar abgestoßen. Patrick war verrückt, das stand fest, und sie hatte noch nie im Leben so stark den Wunsch gehabt, von jemandem wegzukommen.
    Ganz vorsichtig kroch sie rückwärts über den Schalthebel des Fords und unter das Lenkrad. Dann taste sie mit den Füßen nach dem Boden außerhalb des Wagens und schlich sich zum Heck. Geduckt rannte sie den Weg zurück, den sie gekommen war. Erst im Schutz der Kiefern riskierte sie einen Blick zurück. Niemand war zu sehen. Die Müllhalde und die Autowracks brüteten in der Sonne. Sie entspannte sich erleichtert, aber gleich darauf machte ihre Blase sich wieder schmerzhaft bemerkbar.
    Sie eilte ein Stück weit den Pfad entlang, schlug sich dann nach rechts in die Büsche und öffnete schon unterwegs den Reißverschluss ihrer Shorts. Nach einem raschen Blick, ob hier kein Giftefeu wuchs, hockte sie sich hin und hielt sich dabei am Stamm eines kräftigen Busches fest.
    Sie zog gerade wieder ihre Shorts hoch, als sie Schritte hörte, die sich von der Müllhalde her näherten. Zwischen den Büschen hindurch sah sie blauen Jeansstoff und die verwaschenen Karos eines Schulhemdes auftauchen. Es war Patrick. Sie duckte sich, um abzuwarten, bis er in Richtung Kansas Street verschwunden sein würde. Hier fühlte sie sich sicherer. Die Deckung war gut, sie musste nicht mehr pinkeln, und Patrick war in seiner eigenen irren Welt. Wenn er weg war, würde sie auf Umwegen zum Klubhaus schleichen.
    Aber Patrick ging nicht vorbei. Er blieb fast direkt gegenüber von ihr auf dem Weg stehen und betrachtete den rostigen Amana-Kühlschrank.
    Beverly konnte Patrick durch eine Lücke in den Büschen sehen, ohne Gefahr zu laufen, selbst gesehen zu werden. Nachdem sie sich erleichtert hatte, stellte sie fest, dass sie wieder neugierig war – und falls Patrick sie sehen konnte, war sie sich sicher, dass sie ihm davonlaufen konnte. Er war nicht so dick wie Ben, aber pummelig. Dennoch holte sie die Schleuder aus der Gesäßtasche und ließ ein halbes Dutzend Stahlkugeln in die Brusttasche ihrer alten Matrosenbluse fallen. Verrückt oder nicht, ein sauberer Treffer ans Knie konnte Patrick Hockstetter wahrscheinlich schnellstens bremsen.
    Jetzt konnte sie sich deutlich an den Kühlschrank erinnern. Es lagen viele ausrangierte Kühlschränke auf der Müllhalde, aber plötzlich wurde ihr bewusst, dass dies der Einzige war, den Mandy Fazio nicht unschädlich gemacht hatte, indem er entweder das Schloss entfernt oder die Tür ganz abgenommen hatte.
    Patrick fing an zu summen und vor dem alten Kühlschrank hin und her zu schwingen, und Beverly spürte ein erneutes Frösteln in sich. Er war wie ein Typ in einem Horrorfilm, der versuchte, eine Leiche aus einer Krypta ins Leben zurückzurufen.
    Was hat er vor?
    Aber wenn sie das gewusst hätte, oder was passieren würde, wenn Patrick sein privates Ritual beendet hatte und die rostige Tür des Amana aufmachte, wäre sie weggelaufen, so schnell sie konnte.

5
     
    Niemand – auch Mike Hanlon nicht – hatte auch nur die geringste Ahnung, wie verrückt Patrick Hockstetter war. Er war zwölf Jahre alt, der Sohn eines Vertreters für Farben. Seine Mutter, eine fromme Katholikin, starb 1962 an Brustkrebs, vier Jahre, nachdem Patrick in der düsteren Unterwelt Derrys verschwunden war. Obwohl sein IQ niedrig war, aber noch als normal eingestuft wurde, hatte Patrick schon zwei Klassen – die erste und die dritte – wiederholt, und in diesem Jahr besuchte er die Sommerschule, um nicht auch die fünfte wiederholen zu müssen. Seine Lehrer hielten ihn für einen apathischen Schüler (das schrieben sie auch auf seine Zeugnisse) und für einen ziemlich unheimlichen noch dazu (das stand allerdings nicht auf jenen sechs Zeilen, die für BEMERKUN-GEN DES LEHRERS vorgesehen waren; und vermutlich hätten sechs Zeilen auch nicht gereicht, um das auszudrücken, was sie über Patricks Psyche dachten). Wäre Patrick Hockstetter zehn Jahre später geboren worden, so hätte ein

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