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Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)

Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)

Titel: Es soll Liebe sein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Saunders
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sprachen.
    »Du solltest dich bemühen, mehr auszugehen, weißt du«, sagte Ruth am Abend vor der Beerdigung. »Du hast eine gesellige Natur. Du kannst nicht deine ganze Zeit damit verbringen, zwischen hier und dem Büro zu pendeln. Dies ist keine gute Zeit zum Einsamsein.«
    »Ich will nicht einsam sein«, sagte ich. »Aber alle meine Freunde sind liiert und absolut glücklich. Wenn ich sie besuche, fühle ich mich wie Banquo an Macbeths Tafel. Und ich habe nicht die Kraft für höfliche Konversation. Ich sehne mich nach Vertrautheit, und es ist niemand da, mit dem ich vertraut sein kann.«
    Ruth sagte: »Sei vorsichtig. In diesem Zustand wirst du den erstbesten Mann heiraten, der dich fragt.«
    Ich nickte nur. Ich hatte ihr nichts von meiner kurzen, gespenstischen Verlobung mit Fritz erzählt. Wir hatten es beide nicht wieder erwähnt. Und doch hatte ich das quälende Bewusstsein dessen zurückbehalten, wie sehr ich ihn liebte.

    Phoebes Beerdigung wurde in der größten Kapelle des Golders Green Crematorium abgehalten. Eine Art Flugzeughalle aus poliertem Holz, salbungsvolle Stille und sterile Blumen. Ich erinnere mich an einen großen Hof voller lebhafter Menschen, und an Bestatter, die sich neben einem leeren Leichenwagen freundlich unterhielten. Fritz und Ben, die in ihren Dinnerparty-Anzügen strahlend gut aussahen, wurden von praktisch allen, denen sie jemals begegnet waren, angesprochen – von Dr. Nboki (der Vater von Claudette), der sie entbunden hatte, bis zu ihren Lehrern, Schulkameraden, Kollegen, Freunden und Nachbarn. Wir waren alle hier, weil wir Phoebe geliebt und sie verloren hatten.
    Ich war erstarrt vor Enttäuschung. Irgendwo tief in meinem Unterbewusstsein hatte ich gehofft, dass Phoebe – zumindest etwas von Phoebe – hier sein würde, um sich angemessen zu verabschieden. Aber sie war abwesender denn je. Ihre Stimme erklang nicht auf der wehenden Luft noch dort, wo Wasser floss, noch verdammt irgendwo. Die Realität der Tatsache, sie nie wieder zu sehen, begann zu greifen.
    Ich erinnere mich an vieles nur als aneinander gereihte Schnappschüsse – Gesichter und Stimmen, bruchstückhafte Eindrücke. Der Tag war kalt, mein hübsches Kostüm dünn. Ich hörte nicht auf zu zittern. Ich hatte bei Ruth und George sitzen wollen. Jedoch legte sich im letzten Moment, als die große Menschenmenge auf die hölzernen Sitze zuging, ein Arm um meine Taille.
    Fritz sagte: »Komm, setz dich zu uns. Sie hat auch dir gehört.«
    Ich war unendlich, demütig dankbar für diese Anerkennung. Ich setzte mich zu Ben und Annabel in die erste Reihe. Annabel nahm meine kalte Hand.
    Ben flüsterte: »Hi, Cassie.«
    »Hi, Ben. Wie geht es dir?«
    »Ich weiß es nicht. Und wie geht es dir?«
    Ich wusste es auch nicht. Wie ging es irgendjemandem von uns? In diesem Moment glaubte ich nicht, dass ich jemals weinen würde. Ich konnte nur das helle Holz des Sarges und die abgerundeten Kanten der Messinggriffe anstarren und mich müßig fragen, wer den Berg weiße Rosen auf dem Sargdeckel bestellt hatte. Ich suchte in meiner Tasche nach dem Päckchen Papiertaschentüchern, das ich beim Zeitungshändler gekauft hatte, legte es auf den kleinen Sims vor mir und fühlte mich augenblicklich töricht. Taschentücher wirkten melodramatisch, als beanspruchte ich einen zu hohen Platz in der Trauerordnung. Ich ließ sie wieder in meiner Tasche verschwinden.
    Es war eine schöne Beerdigung. Wir sangen Lieder – »The Day Thou Gavest, Lord, Has Ended« und »Jerusalem«. Neil sang »The Land of the Leas«, woraufhin ein schmerzender Kloß in meinen Hals stieg. Ben erhob sich, um das Lieblingsgedicht seiner Mutter vorzulesen, Keats’ »Ode an eine Nachtigall«. Er las es sehr gut, ließ uns Phoebe selbst als Philomel hören, und ihre sanfte Stimme verklang über die Lichtungen ins nächste Tal.
    Der freundliche Vikar, der Ben und Annabel getraut hatte, hielt eine kurze Rede über ein Wesen namens Phoebe, die nur sehr vage an die Phoebe zu erinnern schien, die ich geliebt hatte. Ein Atemzug geriet zum Schluchzen.
    Fritz flüsterte: »Kopf hoch, Grimble«, und reichte mir ein Taschentuch.
    Der Vikar nickte ihm zu. Fritz erhob sich. In der bevölkerten Kapelle wurde es unheimlich still, als er seinen Platz am Pult, neben dem gespenstischen Sarg, einnahm. Ich dachte, wie stark er wirkte, und wie wunderschön und unglaublich und war lächerlicherweise genauso stolz auf ihn, wie Phoebe es gewesen wäre.
    Fritz lächelte jäh. Das Lächeln

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