Es sterben immer drei
seinem Autoschlüssel herum, bis sich endlich der Kofferraum per Fernbedienung öffnete, holte schwungvoll zwei Fünf-Liter-Ballonflaschen im Plastikkorb heraus und verschwand in der Cantina. »Bis später, Maresciallo.« Stella und Luca schauten ihm erleichtert nach. » Che gallo «, sagte Luca. »Was für ein Gockel.«
Stella lächelte. Männer. »Ein Glück, dass ich dich treffe«, sagte sie schnell, bevor ihre Verlegenheit ihr den Mund versiegelte. »Ich habe so viele merkwürdige Dinge erfahren. Ich muss unbedingt mit dir darüber reden.«
»Bella.« Seine Stimme klang merkwürdig kraftlos. »Ich musste heute Morgen den Fall abgeben. An einen Kollegen von der Kriminalpolizei in Orvieto. Er spricht zwar kein Deutsch, aber das ist ihnen egal. Ich bin nur noch als Übersetzer gefragt. Meine bisherigen Ergebnisse genügen ihnen nicht.« Er hatte schon wieder vergessen, seine Sonnenbrille abzunehmen, und starrte hinter schwarzen Fensterlöchern über Stellas linke Schulter hinweg auf die Hauptverkehrsstraße, als sei dort gerade ein höchst interessantes Spektakel zu beobachten.
»Was heißt hier, keine Ermittlungsergebnisse?« Stella war empört. »Erstens: Jochen kann sehr gut schießen. Zweitens hat er eine ukrainische Büroklammer an seiner Jacke. Drittens war er in Sibirien Argalis jagen.« Sie hielt ihm die Hand mit den drei hochgestreckten Fingern vors Gesicht.
Er machte nicht den Eindruck, als würde er ihr gebannt zuhören.
»Überleg mal. Kann doch gut sein, dass man in Sibirien ukrainische Büroklammern verkauft. So unter ex-sozialistischenBrüdern. Und viertens ist da noch das Holland&Holland-Futteral. Katharina müsste wissen, wo es abgeblieben ist.« Sie holte Luft. Er schien immer noch nicht interessiert. »Fünftens ist da noch die Sache mit dem Schießplatz. Das sind doch alles wahnsinnig wichtige Hinweise …«
»Gib deine Informationen an Commissario Manzini weiter. Ruf in der Caserma an. Die verbinden dich.«
»Luca, du darfst dich nicht so hängenlassen. Man lässt sich so einen Fall nicht einfach aus der Hand nehmen. Du musst kämpfen, notfalls auch gegen deine Vorgesetzten, wenn du weiterkommen willst.« In letzter Sekunde konnte Stella verhindern, den Zeigefinger mahnend zu erheben wie eine besserwisserische Kindergärtnerin. Sie überlegte fieberhaft, mit welcher Frage er aus seiner Apathie herausgelockt werden konnte. Ausgerechnet jetzt, wo sie ihn brauchte, ließ er sich k. o. schlagen. Sie packte ihn am Arm. »Der Fall ist doch so gut wie gelöst.«
Er lächelte müde.
Stella betrachtete ihn mitleidig, spürte aber erstaunt einen kleinen Hauch von Verachtung. Er gefiel sich zu sehr in der Pose des Verlierers. Wie gefährlich das war, wusste sie aus eigener Erfahrung. Sich mit einer Niederlage abzufinden ist in der Regel bequemer, als sich weiter für einen Sieg abzustrampeln. Eine gemeine Falle. Sie fühlte das Bedürfnis, ihm da herauszuhelfen, schon aus alter Freundschaft und weil sie nicht so einfach akzeptieren wollte, dass ihre Informationsquelle versiegte. Sie griff zu ihrem bewährtesten taktischen Mittel und ging mit der nächsten Frage bewusst zum Frontalangriff über, um ihn aufzurütteln und zum kämpfen zu animieren. »Weiß man inzwischen, wer der Vater der Zwillinge ist?«
Er wich erschrocken einen Schritt zurück, aber sein Körper straffte sich. Der Schlag aktivierte tatsächlich seine Kräfte. »Ich bin es jedenfalls nicht. Gott sei Dank.« Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte sich bekreuzigt, unterdrückte aber in letzter Sekunde den Impuls. »Karl und Jochen sind es allerdings auchnicht. Wobei jeder beteuert, Valerie hätte ihm erzählt, er sei es.« Jetzt war er an der Reihe zu seufzen. »Dieser Trottel von Gerichtsmediziner hat das alles in seinem Untersuchungsprotokoll vermerkt.«
»Na, dann ist es doch kein Wunder, dass sie dir einen anderen Ermittler vor die Nase gesetzt haben. In Deutschland wärst du deswegen gefeuert worden. Sei froh, dass du so glimpflich davongekommen bist.«
Er nickte. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Ja, verdammt viel Glück gehabt.«
Stella schöpfte neuen Mut und brachte noch einmal die ukrainische Büroklammer zur Sprache. Das falsche Thema. Davon wollte er nichts wissen. »Wenn du denkst, es ist wichtig, ruf den Commissario an.«
»Du bist extra zu Ottos Haus gekommen, um mir die Kopie zu zeigen, und jetzt hältst du die Sache für nicht mehr wichtig. Was ist denn da passiert?«
»Der Commissario
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