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Es sterben immer drei

Es sterben immer drei

Titel: Es sterben immer drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Bus
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vorstellen, dass Rivalität unter Männern auch über Frauen ausgetragen wird. Er denkt immer nur in seinen Jobkategorien. Männer konkurrieren in seiner Welt um Aufträge, Geld, Vorstandsposten und dergleichen, aber doch nicht um Frauen. Da legt er eine buddhistische Gelassenheit an den Tag. Stimmt’s?« Sie tätschelte ihm das Knie. »Er hat mich aufopfernd mit Kleemann geteilt, solange Kleemann das wollte, das gehörte zu seinem Verständnis von Männerfreundschaft. Als Kleemann sich dann meiner entledigt hat, weil er meiner überdrüssig war, übernahm mich Jochen allein. Das war seine Stunde. Und er kam sich noch großartig dabei vor, weil er Kleemanns Frau vor einem Desaster gerettet hat.«
    »Catherine, du redest Unsinn.« Jochens Protest kam einem Gefühlsausbruch nahe. »Ich habe dich geliebt, ich liebe dich noch heute. Ich habe dich nicht geheiratet, um Kleemann einen Gefallen zu tun, sondern weil ich dich liebe. Warum willst du das nicht verstehen?«
    »Ja, Liebe. Warum nur war mir Jochens Liebe nie genug?« Sie verschob die Bücher auf dem Couchtisch, aber Stella sah trotzdem, dass sie mit den Tränen kämpfte. »Und wenn er mich so liebte und immer noch liebt, warum wollte er dann die Scheidung?« Sie lief zur Küchenzeile, riss sich ein Blatt Küchenpapier von der Rolle und schnäuzte sich. »Warum wollte er mich verlassen und dieses Miststück heiraten, das sich sowieso nur für sein Geld interessierte? Warum, Jochen?« Sie setzte sich und schaute ihn fragend an, während die Tränen malerisch über ihre Wangen kullerten. Noch eine Frau, die um die Macht von ein bisschen Wasser im Gesicht wusste.
    Es tat seine Wirkung. Jochens Abwehr schien zu schmelzen bei ihrem derangierten Anblick. »Du weißt es genau, Catherine. Wir haben es oft genug diskutiert, es ist also keine Notwendigkeit, es hier, in Anwesenheit einer Fremden, noch einmal zu wiederholen.« Jochens plötzliche Sanftheit in der Stimme verwirrte sogar seine Ehefrau. Sie schlug die Augen nieder, als hätte er ihr einen unkeuschen Antrag gemacht und nestelte verlegen an ihrem Kleid. Stella wartete, welche Finte Katharina sich jetzt wohl einfallen ließ. »Ja«, das war die Einleitung nach einer unverhältnismäßig langen Pause, »ja natürlich. Valerie war schwanger, das erklärt alles.« Noch immer schaute Katharina Jochen nicht an. »Aber«, und nun war ein leichter Triumph nicht zu überhören, »die Frage ist doch, von wem? Und dafür, mein lieber Jochen, gibt es gleich mehrere Möglichkeiten.«
    Als Antwort langte Jochen quer über den Couchtisch und klatschte Katharina eine Ohrfeige ins Gesicht. Nicht mit voller Wucht, aber auch nicht so, dass man sie als liebevollen Klaps hätte missverstehen können. Er gab Katharina eindeutig eineWarnung. Bis hierher und nicht weiter! Sie verstand. Erschrocken betastete sie ihre Wange. »Tu das nie wieder!«, fauchte sie fassungslos. Sie schien nahe daran, ihren Wasservorrat noch mal anzuzapfen, konnte ihn aber kurz bevor die ersten Tränen unter den Wimpern hervorquollen, doch noch abstellen. Empörung, Wut, Betroffenheit, aber auch Verständnis und Einsicht jagten wie Wolkenschatten über ihr Gesicht.
    Das ist der Wirbelwind des Lebens, meine Liebe, dachte Stella. Ihr Mitleid hielt sich in Grenzen, obwohl sie Jochens Übergriff als unangemessen harte Reaktion empfand. Es sah nicht danach aus, als ob Jochen öfter Ohrfeigen verteilen würde, sie wirkte wie eine Ausnahme, wie Gegenwehr auf eine Provokation, die er mit anderen Mitteln nicht stoppen konnte. Katharina hatte es geschafft, den immer so kontrollierten Jochen zu einer impulsiven Handlung hinzureißen, das erlebte er sicher selten. Der Mann steht unter Druck, dachte Stella. Valeries Tod schwächt ihn so, dass er seine Haltung verliert. Er sank in seiner Sofaecke zusammen, als ob eine große Last ihn hineindrücken würde, und betrachtete seine Hände. Er schien sich tatsächlich für die Ohrfeige zu schämen. Katharina dagegen fasste sich schnell wieder. Betont aufrecht, als hätte ihr jemand ein Lineal an die Wirbelsäule gelegt, saß sie in ihrem Stuhl, der sich nicht mal mehr andeutungsweise bewegte, und betrachtete ruhig den Mann, mit dem sie immer noch verheiratet war. »Wie armselig du doch bist«, sagte sie. »Eine Frau zu schlagen.«
    Stella wäre am liebsten aufgestanden und hätte die beiden in ihrem Beziehungselend alleingelassen, aber irgendetwas hielt sie zurück. Sie wagte kaum zu atmen, um nicht die Aufmerksamkeit auf sich zu

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