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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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zweite, aber selbst im Hof war die Alte nicht mehr zu sehen.
    Da war nichts zu machen: Nadja rief wieder alle an und fragte, wen sie konnte, und auf der Post sagte ihr eine Frau in der Warteschlange, Onkel Kornil wohne in der Schlosserei am Krankenhaus neben der Metro.
    Er stehe selbst am Rande des Grabs, er dürfe keinen Schluck mehr saufen.
    Aber ohne Flasche ließen die Schlosser sie nicht rein.
    Damit nicht genug, ohne Flasche würde Onkel Kornil ihr kein Wort sagen.
    Sie müsse das und das tun, ein sauberes Handtuch unterlegen, den Wodka draufstellen und so weiter.
    Die Frau erklärte ihr alles, auch wo das Krankenhaus lag.
    Sie sah nicht gut aus, bleich, als ob sie gerade selbst aus dem Krankenhaus käme, dazu ganz in Schwarz, auch die Haare auf dem Kopf sahen wie eine schwarze Diwandecke aus, schöne Augen, irgendwie gutmütig.
    Wie besinnungslos rannte Nadja Wodka kaufen, suchte alles zusammen und packte es in die Tasche.
    Im Krankenhaus zeigte man ihr schließlich die Schlosserwerkstatt, ein gewöhnlicher Krankenhauskeller, richtiger, eine gewöhnliche Saufbude.
    Offenbar trafen sich hier die Alkoholiker der ganzen Umgebung.
    Vor dem Eingang sah sie drei Männer stehen, entweder warteten sie auf jemanden, oder sie schnappten einfach frische Luft.
    In der Angst, man könne ihr die Flasche wegnehmen, ging Nadja wie ein Panzer auf die Tür zu, sie walzte buchstäblich jeglichen Widerstand nieder (die Tür wurde nur auf ihr lautes Klopfzeichen hin geöffnet, aber nur einen Spalt, Nadja jedoch, die die Flasche in der Tasche vorzeigte, zwängte sich in den Keller, und hinter ihr drängten auch jene drei von der Straße herein, es gab ein Handgemenge, und sie hörte Schreie in ihrem Rücken).
    Die Flasche wurde ihr sofort abgenommen.
    Wobei der Mann, dem sie den Schnaps gab, den Kopf schüttelte und sagte, Onkel Kornil käme gerade zu sich und dürfe nichts trinken.
    Trotzdem zeigten sie ihr die Ecke, wo neben einem Schrank ohne Tür direkt auf dem Fußboden ein Mann lag, mit ausgebreiteten Armen, der aussah, als käme er vom Müll.
    Nadja machte alles, was die Frau auf der Post ihr gesagt hatte – sie breitete das Handtuch aus, stellte die saubere, volle Flasche mit einem Glas darauf, schnitt Brot, legte Salzgurken zur Stärkung auf ein Stück Papier und daneben Geld.
    Onkel Kornil lag bereits da wie tot, mit offenem Mund, auf der Stirn waren Schrammen eingetrocknet, in der Mitte war ein Ritz so groß wie eine Wunde.
    Auf seinen Handflächen sah Nadja Geschwüre, so etwas wie allergische Beulen.
    Sie saß da und wartete, dann öffnete sie die Flasche und goss Wodka ins Glas.
    Onkel Kornil kam zu sich, öffnete die Augen, bekreuzigte sich (Nadja ebenfalls) und flüsterte:
    Â»Nadja« (sie zuckte zusammen). »Hast du ein Foto dabei?«
    Nadja hatte kein Foto von ihrem Sohn mit. Sie wurde ganz starr vor Kummer.
    Â»Hast du irgendwas anderes von ihm dabei?«
    Nadja kramte in ihrer Tasche, legte eine Geldbörse auf den Boden, eine Milchtüte und ein schmutziges Taschentuch.
    Mehr hatte sie nicht.
    Mit dem Taschentuch hatte sie sich die Tränen abgewischt, als sie das erste Mal bei ihrem Sohn im Krankenhaus war.
    Nadja reichte dem Liegenden das volle Glas.
    Da stützte sich Onkel Kornil auf den Ellenbogen, trank, aß ein Stück Gurke und legte sich wieder hin mit den Worten: »Gib mir das Taschentuch.«
    Und dann sagte er noch, mit dem Taschentuch in der Hand (auf seinem Handrücken konnte Nadja eine schmutzige, eitrige Wunde sehen):
    Â»Noch ein Glas, und es ist aus mit mir.«
    Nadja erschrak und nickte.
    Sie kniete vor ihm nieder, bereit, sich alles anzuhören.
    An dem Taschentuch hafteten die Spuren ihres Leids, ihre getrockneten Tränen, vielleicht war das auch eine Spur ihres Sohnes, so hoffte sie.
    Â»Was willst du von mir«, murmelte Onkel Kornil. »Sag es mir, Sünderin.«
    Nadja weinte.
    Â»Warum soll ich eine Sünderin sein, ich habe nichts verbrochen.«
    Hinter ihrem Rücken, am Tisch, ertönte lautes, heiseres Lachen, offenbar hatte einer der Alkoholiker einen Witz gerissen.
    Â»Dein Großvater väterlicherseits hat 107 Menschen umgebracht«, röchelte Onkel Kornil. »Und du bringst mich um.«
    Nadja nickte wieder und wischte die heißen Tränen ab.
    Onkel Kornil schwieg.
    Er lag da und schwieg, die Zeit verrann.
    Offensichtlich musste er etwas trinken, um

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