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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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Dienstreisen zu bieten hatte. In dieser Zeit wurde der Blondine das Leben ebenfalls vergällt, ihr Mann und die Schwiegermutter saßen ihr buchstäblich im Nacken, sie zwang sie jeden Samstag, die ganze Wohnung zu schrubben und sogar die Kacheln im Badezimmer mit Ammoniak abzureiben. Ihr Ehemann betrank sich und ließ die Arme nicht zu Betriebsfeiern, Geburtstagen usw., machte einen Aufstand vor jeder Dienstreise, verdächtigte sie. Die Schwiegermutter und er nahmen sie in die Zange wie Skylla und Charybdis, und außerdem stritten sie sich untereinander. Die Schwiegermutter beschuldigte die arme Blondine, dass ihr Mann immerzu saufe, ohne was zu essen, und überhaupt so wenig esse, sogar das wurde ihr vorgeworfen.
    Die Blondine klagte unserem Helden auf der Arbeit nur ganz sanft ihr Leid, sie war verschwiegen und warf ihm nichts direkt an den Kopf, wie es seine Frau tat. Solche Frauen gibt’s also auch auf der Welt, dachte der einsame Mann, sich im Bett hin und her wälzend, und nebenan jammerten und schrien seine Kinder im Schlaf, ein Junge und ein Mädchen, und schnarchte seine herzkranke Frau, die immer älter wurde und ihn immer mehr liebte. Das war nicht zu fassen, wie diese Oma von etwas über vierzig Jahren ihn vergötterte und verwöhnte! Sie hatte wohl nie glauben können, dass dieser elegante Mann mit den grauen Schläfen wirklich ihr Ehemann war, und sie verkroch sich immerzu und weigerte sich, mit ihm auszugehen. Sie nähte sich ihre Kleider selbst, immer nach ein und demselben primitiven Schnittmuster, lange und sackartige Kleider, um ihre füllige Figur und die gestopften Strümpfe zu verbergen. Für neue reichte das Geld nicht. In der Sprache der zahlreichen Gäste und Verwandten lief dieser Aufzug unter »sich bescheiden und geschmackvoll kleiden«. Gäste kamen in großen Scharen zu den Feiertagen herbeigeströmt, sie liebten die selbst gebackenen Piroggen, die Brötchen und die Salate der Frau – das waren alles ihre Gäste und nicht seine, ihre Klassenkameraden, Altersgenossen, Verwandten –, sie hatten sie schon als junges sympathisches Mädchen mit Grübchen und dickem Zopf gekannt und merkten nicht, dass sie nicht mehr so wie früher, sondern schon verloschen war.
    In der Tat, ihren Zopf und die Grübchen hatte die Frau längst abgehakt und kümmerte sich nur noch um den Mann und die Mutter, versorgte die Kinder, rannte ergeben auf den Markt, kriegte nichts zustande, aber war wie durch ein Wunder überall pünktlich, so sehr bemühte sie sich, Ordnung in ihr Leben zu bringen – und saß natürlich, wie konnte es anders sein, nächtelang in der Küche über den Büchern, nachdem sie die ganze Familie ins Bett gebracht hatte, oder erledigte noch Zusatzarbeiten, oder bereitete sich auf die Seminare vor. Wenn sie von der Arbeit kam, erzählte sie Geschichten von ihren Studenten und bereitete manchmal einen ganzen Eimer Buletten und Buchweizengrütze zu, und ihre Studenten kamen sie besuchen, brachten Blumen mit, amüsierten sich verlegen, aßen absolut alles auf und unterhielten ihre Lehrerin mit blödsinnigen Liedern. Aber das kam nur vor, wenn der Mann auf Dienstreisen war.
    Selbst als die Kinder kamen, galt ihr erster Gedanke immer dem Ehemann: für ihn Frühstück machen vor der Arbeit, ihm ein warmes Essen vorsetzen, wenn er von der Arbeit zurückkam, sich alles anhören, was er zu erzählen hatte. Es gab nur eine einzige Phase, in der es anders war, als ihre Mutter sich zum Sterben niederlegte und dann drei Jahre lang bettlägerig war, da wurde alles fallen gelassen und irgendwie nebenbei geschaukelt. Wie, war ein Rätsel, und der Mann musste sich allein Frühstück machen, und aß, ebenfalls allein, zu Abend, tat sich selber auf und verzog sich anschließend schlecht gelaunt in sein Zimmer. Aber beim Sargtragen ging er immerhin vorn, zu Füßen der Verstorbenen, und in seiner aufrichtigen Trauer war er von den anderen nicht zu unterscheiden. Nach der Beerdigung stand das Zimmer der Schwiegermutter leer, verschlossen, die Kraft fehlte, etwas damit anzufangen, und auch die Frau zog sich wortlos zurück. Sie schlief mit den Kindern im großen Zimmer, genauer gesagt, sie saß nach wie vor in der Küche, sie fand keinen Schlaf.
    Das war auch für den Mann eine schwere Zeit, seine Geliebte, die Blondine, begann launisch zu werden und ein eigenes,

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