Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte
unabhängiges Familienleben zu fordern, sie weigerte sich, ihn weiterhin in die leere Wohnung von Bekannten zu begleiten, sie ging sogar so weit, mit Kollegen im Büro und in der Kantine zu flirten, und die Männer, die instinktiv fühlten, dass sie »vorne offen war«, wie sie sich ausdrückten, gaben sich die Klinke in die Hand, und das Telefon klingelte unaufhörlich, und jemand kam die Blondine mit dem Auto abholen usw. Unser Held litt Höllenqualen. Liebe und Pflicht fraÃen ihn auf, er nahm eine feste und unnachgiebige Position gegenüber seiner Geliebten ein, obwohl er so manches Mal erleichtert an ihrer Schulter weinte. Was sollte er bloà tun! Seine Ehefrau merkte trotz ihrer ganzen Verzweiflung, dass ihr Mann irgendwie eintrocknete, dass seine Augen wie erloschen waren und er irgendwie wegdriftete. Sie kam zur Besinnung, renovierte auf die Schnelle das Zimmer der Mutter und zog mit den Kindern dort ein, das groÃe Zimmer wurde wieder zum Raum für Gespräche und kleine Feiern, und der Mann trat als Vater zweier wunderbarer Kinder und als Familienoberhaupt (und nicht wie ein von seiner Geliebten davongejagter Hund) vor die Gäste, und als umsorgter, wie eine Gottheit verehrter Ehemann (und nicht als drittletzter Anwärter). Nun bekam er wieder das Frühstück vorgesetzt, plötzlich wurden sogar ein paar neue Kleider aus Viskose genäht, sonntags machte die Frau mit den Kindern lange Ausflüge, mal in den Park, mal in den Zirkus, mal ins Planetarium. Im Zimmer des Mannes aber hingen noch immer die drallen, nackten Beine: Er ergab sich nicht.
SchlieÃlich fuhr ein Donnerschlag hernieder, der Ehemann der Blondine, »unser Ehemann«, wie das Liebespärchen ihn nannte, geriet auÃer Rand und Band, er schnappte über und jagte der Blondine mit dem Beil nach, die schloss sich bis zum Abend im Badezimmer ein, am Abend aber schlich sie sich irgendwie aus dem Haus, rief aus der Telefonzelle unseren Helden an, er rannte sofort zu ihr, kehrte erst gegen Morgen zurück, morgens â immer kommen schlechte Nachrichten im Morgengrauen â wurde er erneut von einem schrecklichen Anruf aus dem Bett geholt: Der Ehemann der Blondine war von der eigenen Mutter in einer Schlinge am Türrahmen gefunden worden. Natürlich verbrachte die arme frischgebackene Witwe den nächsten Monat bei einer befreundeten Familie, die Mitleid mit ihr hatte. Sie zu sich nach Hause einzuladen hatte sich unser Held dann doch nicht getraut, und dort, in der befreundeten Familie, jagte die Hausherrin die traurige Blondine schlieÃlich davon. Denn die Blondine sah ziemlich hübsch aus in ihrer Trauerblässe, und der Herr des Hauses hatte platonische Gefühle und Mitleid mit ihr entwickelt, was weitaus gefährlicher ist als eine primitive menschliche Gemeinheit â einmal vögeln und adé.
Es dauerte eine Weile, aber dann beruhigte sich alles, die Blondine bekam eine eigene Wohnung, jemandem gefiel die Unglückswohnung der alten Schwiegermutter, die überredet wurde, diese gegen eine Wohnung in der Nähe der Nichte zu tauschen. Die Blondine bekam eine schlechtere Wohnung, die weiter weg lag, aber immerhin etwas Eigenes. Und nun musste unser Held sich endgültig entscheiden, ja oder nein, und sich um die Renovierung, die Möbel, den Strom, die Isolierung der Fenster usw. in der neuen Wohnung kümmern. Stattdessen begann er mit doppelter Energie sich im eigenen Heim einzurichten, er tapezierte mit den Kindern das groÃe Zimmer, begann wieder Sport zu treiben, duschte kalt und ging jeden Morgen joggen, beschäftigte sich mehr mit den Kindern und brachte ihnen Manieren bei, denn sie waren unmerklich herangewachsen und begannen ihm auf die Nerven zu gehen, so lagen die Dinge. Für die Blondine spielte er weiter den Ratgeber und Besucher, sie organisierte alles selbst, das machte ihr SpaÃ, sie fragte ihn um Rat, zeigte Entwürfe, und hatte zu der Zeit schon einen anderen, der ihr mit dem Auto orientalische Fliesen fürs Bad und Küchenmöbel brachte. Sie ahnte wohl etwas und lieà sich keinen entgehen angesichts der Aussicht, einsam zu bleiben.
Das Foto von ihr hing nach wie vor über seinem Tisch, und inzwischen gab es einen festen Tag in der Woche, an dem er die Blondine besuchen kam. Er war übrigens in ein anderes Institut gewechselt, wo er ein höheres Gehalt bekam, auch waren die Verhältnisse am alten Arbeitsplatz sehr
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