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Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte

Titel: Es war einmal eine Frau, die ihren Mann nicht sonderlich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Petruschewskaja
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hatte, nicht gleich glückte, verlor er sofort das Interesse, gähnte und schmiss alles auf halber Strecke hin.
    In Gedanken verwandelte er seine Nicht-Bräute und Nicht-Frauen in alles, was ihm in den Kopf kam: in Trauerweiden, Wasserhähne, Springbrunnen.
    Ihm gefiel, wenn sie ihr restliches Leben weinen mussten.
    Â»Ihr werdet noch heulen«, sagte er und stellte sich den Schwestern im engen Korridor, auf dem die Artisten hin- und herliefen, in den Weg.
    Â»Wirklich?«, entgegneten die Schwestern. »Weißt du auch, dass die Fee Brotbutter bei unserer Geburt zugegen war und gesagt hat, dass derjenige, dessentwegen wir weinen müssen, sich in eine Kuh verwandelt! Und er wird fünfmal am Tag gemolken! Und muss sein ganzes Leben im Mist stehen!«
    Â»Da habe ich viele Möglichkeiten«, lachte der Zauberer, »erstens kann ich zaubern, dass ihr ewig trockene Augen habt! Nummer eins! Und zweitens, und zweitens werdet ihr einander niemals wiedersehen! Wenn ihr so gemein seid!«
    Aber die Schwestern wandten ein: »Die Fee Brotbutter hat auch das vorweggesehen. Sie sagte, wer uns trennt, der verwandelt sich in eine Durchfallbakterie und muss sein ganzes Leben unter den fürchterlichsten Bedingungen in Krankenhäusern zubringen!«
    Â»Noch besser«, rief der Unglücksbräutigam, »dann werde ich euch für immer vereinen, so soll es sein. So seid ihr immer zusammen. Und die Fee Brotbutter wird zufrieden sein. Wenn es euch nur nicht (und da kicherte er leise) auseinanderreißt. Doch in diesem Fall beneide ich weder euch noch die zukünftige Durchfallbakterie.«
    Da sagten die Zwillinge: »Das klappt nicht! Brotbutter hat gezaubert, dass wir zwei Stunden am Tag unter allen Umständen und bei jedem Wetter zusammen tanzen müssen!«
    Der Zauberer überlegte eine Weile und antwortete: »Na, das ist kein Problem. Einmal am Tag geht. Wenn euch niemand sieht, werdet ihr zwei Stunden am Tag tanzen und euch in bitterer Einsamkeit die Haare raufen!«
    Da erbleichten die Zwillinge, fielen sich um den Hals und verabschiedeten sich voneinander – aber weinen konnten sie nicht mehr.
    Der Zauberer tippte sie grinsend mit seinem Zauberstab an, und im nächsten Augenblick stand vor ihm ein Mädchenberg, bleich und erschrocken, mit einer Brust wie ein Kissen, einem Rücken wie eine Luftmatratze, einem Bauch wie ein Sack Kartoffeln.
    Schnaufend kroch das Mädchen zum Spiegel, stöhnte auf und fiel in Ohnmacht.
    Â»Nun habt ihr den Schlamassel«, sagte der Zauberer traurig und verschwand.
    Warum traurig? Weil das Leben sich ihm immer nur von der schlechten Seite zeigte, obwohl er zaubern konnte.
    Richtiger gesagt, er hatte überhaupt kein Leben.
    Niemand liebte ihn, nicht einmal Papa und Mama, die er deshalb in seine Hausschuhe verwandelt hatte.
    Und diese Hausschuhe gingen ihm natürlich ständig verloren.
    Der Zauberer rächte sich an allen, die ihn nicht leiden konnten, er machte sich lustig über die armen, schutzlosen menschlichen Wesen, und diese wiederum zahlten ihm das mit Angst und Hass heim.
    Der Zauberer hatte alles – Paläste, Flugzeuge und Schiffe –, aber die Menschen liebten ihn nicht.
    Wenn sich möglicherweise eine Seele gefunden und sich um ihn gekümmert hätte, dann hätte er gestrahlt wie die Kupferpfanne einer fleißigen Hausfrau.
    An dieser Stelle wollen wir den Zauberer verlassen, er wandert irgendwo auf der weiten Welt herum. Unsere Dicke aber war nach der Verwandlung noch am selben Abend von der Wache aus dem Theater hinauskomplimentiert worden, sie konnte nicht einmal mehr die Tasche mit dem Geld holen, die den beiden Schwestern gehörte: Wer war sie denn, dass sie einfach anderer Leute Taschen nehmen wollte!
    Marianne (ehemals Maria und Anne) verhungerte beinahe in der ersten Zeit: Sie konnte nicht mehr tanzen und Geld verdienen, und wer gibt so einer Dicken schon Almosen?
    Ein beleibter Bettler muss auf der Stelle an einem abgeschiedenen Plätzchen abmagern.
    Und er wird abmagern, das versichere ich Ihnen.
    Unsere Marianne aber konnte gar nicht dünner werden, auch wenn sie überhaupt nichts gegessen hätte – dafür konnte sie sich beim Zauberer bedanken.
    Ãœbrigens scheinen viele dicke Leute verzaubert zu sein: Wie sie auch hungern, sie kommen immer wieder auf ihr altes Gewicht zurück, als seien sie verwunschen!
    Unsere Marianne wurde also nie wieder zum Paartanzen eingestellt.

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