Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
nur weil sie jetzt ein Krüppel ist? Werdet ihr euch auf den Trümmern seiner gescheiterten Ehe ewige Liebe schwören?“
Sie wollte ihm widersprechen, doch sie brachte keinen Laut heraus. Stattdessen schüttelte sie nur den Kopf und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Hart wandte sich von ihr ab und wollte schon aus dem Zimmer gehen.
„Es war nichts Romantisches“, sagte sie.
Er blieb nicht stehen.
„Es war nichts Romantisches und nichts Leidenschaftliches, aber das kannst du natürlich nicht verstehen. Du weißt ja gar nicht, was Freundschaft oder Loyalität ist!“
Obwohl das halbe Zimmer zwischen ihnen lag, zuckte sie zusammen, so abrupt wirbelte er herum und kam mit ausholenden Schritten auf sie zu. „Du warst meine Freundin“, sagte er. „Und ich bin dir gegenüber stets loyal gewesen. Seit ich dich gebeten habe, meine Frau zu werden, habe ich mich nicht ein einziges Mal für eine andere interessiert! Und als Daisy zu mir ins Büro kam, da war ich noch mehr als loyal dir gegenüber!“
Er hatte sich vor ihr aufgebaut. Als sie nach seiner Hand greifen wollte, zog er sie rasch zurück. „Ich bin immer noch deine Freundin“, erwiderte sie und wurde sich bewusst, wie jämmerlich ihre Worte klingen mussten. Sie wollte ihm viel lieber sagen, dass sie ihn liebte und immer lieben würde. Doch sie fürchtete, es könnte ihn nicht – oder nicht mehr – interessieren. „Du musst nicht mit Rick wetteifern“, flehte sie. „Das ist nicht nötig.“
„Doch, das musste ich mein Leben lang“, gab er zurück und lachte verächtlich.
„Dann hör jetzt auf damit! Und vertrau mir! Meine Gefühle haben sich nicht geändert, Calder. Du bist der Mann, den ich heiraten will, nicht er!“
Seine Miene war nach wie vor finster, doch sie erkannte, dass seine Wut allmählich abflaute. Aber sie sah auch Skepsis in seinen Augen.
„Du glaubst mir nicht?“, brachte sie heraus.
„Ich weiß nur eines mit Sicherheit.“ Ein humorloses Lächeln huschte über sein Gesicht. „Wenn er ungebunden wäre, dann wären wir nicht zusammen.“
„Das ist nicht wahr“, widersprach sie lautstark und packteihn, doch er schüttelte sie ab. Er ging zur Tür, und Francesca eilte ihm hinterher. „Du hast gesagt, zwischen uns wird es nie aus sein.“
Er antwortete mit einem spöttischen Laut.
„Ist es aus?“, wollte sie wissen.
„Sag du es mir“, erwiderte er.
Ihr fehlten die Worte. Sie standen beide am Rand eines Abgrunds, und ein falscher Schritt würde ihr Ende bedeuten, dessen war sie sicher. Durch ihren Vater und Rick Bragg hatte sich das Blatt mit einem Mal gegen sie gewendet.
„Wie ich sehe, bist du jetzt sprachlos“, sagte Hart gehässig.
„Nein“, flüsterte sie. „Ich bin nicht sprachlos, ich habe nur schreckliche Angst.“
Dann verließ er die Bibliothek.
21. KAPITEL
Samstag, 26. April 1902
19 Uhr
Francesca stand in der Tür und sah Hart schockiert hinterher. Sie zitterte noch immer am ganzen Leib, und sie hatte das Gefühl, sich hinsetzen zu müssen. Sie konnte kaum atmen, und ihr war, als hätte sich eine Hand um ihr Herz gelegt und würde es zerdrücken wollen, so schlimm war der Schmerz.
Sie machte kehrt und ging zurück in die Bibliothek, ließ sich auf der erstbesten Sitzgelegenheit nieder und versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken.
Zwischen uns wird es nie aus sein, hatte er gesagt.
Er war von Eifersucht gepackt worden. Er hatte sich zu ihrem Vater begeben, um für die Verlobung zu kämpfen. Genau dieses Wort war gefallen. Das hatte sich erst an diesem Morgen abgespielt, und in ein paar Stunden würde es ihm sicher leid tun, was er zu ihr gesagt hatte.
Wie sollte sie nur so leben?
Die Angst vor der Antwort darauf war so groß, dass Francesca die Frage insgesamt zu ignorieren versuchte.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“, hörte sie auf einmal Rourke fragen.
Sie sah auf und wusste, sie musste genauso elend aussehen, wie sie sich fühlte. Rourke stand in der Tür und warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. Sie versuchte, ihm zuzulächeln, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. „Nein“, antwortete sie und stand auf.
„Wenn es dich tröstet“, sagte er nach kurzem Zögern, „er sieht noch schlimmer aus. Vielleicht seid ihr morgen in der Lage, eure Probleme gemeinsam zu lösen.“
Sie sah ihn an und wünschte, er hätte recht. Dann wiederstellte sie sich vor, ein Leben an der Seite eines Mannes verbringen zu müssen, der so leicht von Eifersucht heimgesucht werden konnte und der
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