Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
um die Säule, als die beiden gerade die Straße betraten. „Komm“, sagte sie und folgte den Männern. Sie blieb lange genug stehen, um zu beobachten, wie Randolph in eine Droschke stieg und Hart sich mit einem Kopfnicken von ihm verabschiedete. Als der Hansom abfuhr, eilte Francesca mit Maggie nach draußen und zu Hart. „Er ist es“, rief sie ihm außer Atem zu und blieb dann bei ihm stehen, während sie der Droschke nachsahen. „Maggie ist sich ganz sicher. Wir müssen ihn verfolgen, Hart!“
Hart hob die Hand und gab Raoul ein Zeichen, der ein Stück entfernt neben dem Brougham stand, sofort auf den Bock stieg und die Bremsen löste. Als die Kutsche vorfuhr, lächelte Hart Francesca an und sagte: „Nach dir, Darling.“
Gwen O’Neil zog die Bettdecke bis unter das Kinn ihrer Tochter. „Gute Nacht, mein Schatz“, murmelte sie, doch Bridget war bereits eingeschlafen. Für einen Augenblick betrachtetesie einfach nur ihre hübsche Tochter und fühlte, wie die Liebe für das Kind ihr das Herz wärmte. Doch dann musste sie an ihren Ehemann denken und wurde gleich wieder ernst. Bridget war am Samstag mit ihr zur Arbeit gegangen, und nach Feierabend hatte David dann vor der Kerzenfabrik auf sie gewartet. Er hatte sie angefleht, sie möge ihn wieder zu ihr zurückkehren lassen. Als sie sich weigerte, hatte er sie erneut übel be droht.
Sie glaubte nicht für eine Sekunde daran, er könnte der Schlitzer sein. Umso überzeugter war sie dagegen, dass er ihr und ihrer Tochter Schlimmes zufügen würde, wenn er nicht ins Gefängnis zurückgeschickt wurde. Er war ein kleingeistiger und rachsüchtiger Mann, dessen neues Ziel darin bestand, ihr das Leben zur Hölle zu machen.
Womit er auch Erfolg hatte.
Hätte Harry doch bloß nicht die Klage gegen ihn wieder zurückgezogen!
Der Gedanke an Harry de Warenne ließ sofort sein Bild vor ihrem geistigen Auge entstehen, und es schmerzte, ihn zu sehen. Mehr als nur besorgt sprang sie auf, während ein quälender Druck auf ihrer Brust lastete, der nicht vorübergehen wollte. Es war wie ein Schock gewesen, ihn hier in New York wiederzusehen. Seine Gegenwart ließ Erinnerungen in ihr aufkommen, von denen sie gehofft hatte, sie seien in Irland zurückgeblieben.
Ihren Aufenthaltsort musste er auf dem gleichen Weg herausgefunden haben wie vor ihm David, überlegte sie, während sie die Arbeitsfläche neben dem Spülbecken sauber wischte. Inzwischen bereute sie es längst, dass sie ihrer Nachbarin die Adresse von Father Culhane hinterlassen hatte, damit man notfalls mit ihr Kontakt aufnehmen konnte. Sie fragte sich, ob Harry sich wohl noch immer in der Stadt aufhielt.
Es war auch wie ein Schock für sie gewesen, dass er sich dieMühe gemacht hatte, sie ausfindig zu machen. Oder war das vielleicht mehr als nur ein Schock?
Gwen hielt inne, den Putzlappen in einer Hand, während ihre Erinnerungen zurückkehrten an jenen wunderschönen Frühlingstag. Die Wiesen waren so grün wie Smaragde, der Himmel strahlte in einem intensiven Blau, während sie sich an jenem Tag aus dem herrschaftlichen Haus schlich und sich dabei schuldig fühlte. Doch es war niemand zu Hause, und es war einfach ein zu schöner Tag. Ehe sie sich versah, lief sie barfuß den Hügel hinunter und empfand für einen Augenblick eine pure Freude und wahre Freiheit. Solange sie lief, gab es keinen Gedanken an ihr Leben mit David. Es gab nichts weiter als das vom Tau nasse Gras unter ihren Füßen, die Sonne, die ihr warm ins Gesicht schien, den kühlen Hauch der Luft, einen fast betäubenden Duft nach Hyazinthen. Auf einmal fiel sie hin.
Sie war über einen Stein gestolpert. Ein-, zweimal drehte sie sich auf der Wiese um die eigene Achse. Dann rollte sie sich ausgelassen wie ein Kind über das Grün, bis sie am Fuß des Hügels angekommen war, wo sie schallend lachend auf dem Rücken liegen blieb und zu den weißen Wolken aufblickte, die am Himmel vorüberzogen. Entspannt lag sie da, bis auf einmal die Wirklichkeit wieder Einzug hielt. Sie hatte ihre Arbeit zu erledigen, und jetzt war ihr schwarzes Kleid nass vom Gras und schmutzig von der Erde. Schlimmer noch, ihre weiße Schürze war voller grüner Flecken.
Gwen setzte sich auf und dachte daran, ihr zerzaustes Haar neu zu flechten. Ein Stück entfernt saß der Lord auf seinem Braunen und sah sie erstaunt an.
Als sie ihn bemerkte, sprang sie rasch auf und versuchte, Haltung anzunehmen. „Meine Güte … Sir, ich …“, rief sie erschrocken aus, senkte den
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