Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
falls weitere Indizien auftauchten, die Hart belasteten. Als sie und Joel in Richtung des Hauses gingen, fragte sie: „Weiß Mrs Firth, wie lange die Besucherin geblieben ist?“
„Das habe ich vergessen zu fragen“, erwiderte Joel zerknirscht. „Mist!“
Doch sie tätschelte beruhigend seinen Rücken. „Du hast heute hervorragende Detektivarbeit geleistet, Joel. Okay, wie können wir uns jetzt hineinschleichen, ohne das Personal auf uns aufmerksam zu machen?“
„Es gibt einen Hintereingang zur Küche, aber den würde ich nicht nehmen. Hinten am Garten bei der Terrasse ist noch eine Tür. Vorhin war sie offen, Miz Cahill.“
Wenige Augenblicke später betraten sie durch den Lieferanteneingang das Grundstück, ohne bemerkt zu werden, durchquerten den wuchernden Garten hinterm Haus und schlüpften durch die Terrassentür ins Haus. Vom Personal war niemand zu sehen. Francesca ging davon aus, dass sie sich Gedanken über ihre Zukunft machten und ihre täglichen Pflichten sie im Moment als Letztes beschäftigten.
Am Fuß der Treppe wies Francesca Joel an, sich hinter einer großen Zierurne zu verstecken. „Wenn du jemanden hereinkommen siehst, sorg für einen Tumult, damit ich mich möglichst unentdeckt davonstehlen kann. Ich gehe nach oben in Daisys Privaträume.“
Feixend griff Joel nach einem hübschen Porzellandöschen vom Tischchen neben sich. Er steckte es in die Tasche und sagte: „Keine Bange. Ich habe mir schon eine Geschichte ausgedacht.“
Sie klopfte ihm anerkennend auf die Schulter und eilte sofort hinauf.
Oben angekommen, fand sie schnell Daisys Räume. Ihr Wohnzimmer war ein eleganter Traum in Creme-, Elfenbein- und Goldtönen, ganz wie es Daisys eigenem Äußeren entsprochen hatte. Auf der Schwelle hielt Francesca kurz inne. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Hart mit einem Scotch in der Hand neben dem weißen Marmorkamin stehen, während Daisy sich in einem aufreizenden Negligé auf dem Sofa räkelte. Mit einem Kopfschütteln versuchte sie das quälendeBild zu verscheuchen.
Schließlich hatte sie Arbeit zu erledigen. Wenn es hier etwas gab, das einen Hinweis auf Daisys Vergangenheit oder ihren Mörder lieferte, dann wollte sie es finden. Und sie wusste nicht, wie viel Zeit sie hatte. Der Blick auf eine Tischuhr sagte ihr, dass es eine Minute vor zwei war.
Als Erstes ging Francesca zu dem Sekretär. Das grazile Möbelstück stammte aus dem siebzehnten Jahrhundert. Schnell durchsuchte sie die drei Schubladen und die sechs Ablagefächer. Da sie nicht davon ausging, dass Daisy wichtige Papiere an einem so naheliegenden Ort aufbewahrte, durchsuchte sie alles nur oberflächlich.
Das meiste waren Rechnungen, doch eine Schublade enthielt Kontoauszüge. Wie gebannt schaute Francesca auf den mit einem roten Band sorgfältig zusammengehaltenen Stapel, und ein Schauer überlief sie. Hart hatte Daisy ausgehalten; er musste alles über ihre Finanzen wissen. Trotzdem konnte sie nicht anders, auch wenn sie das Gefühl hatte, in seine Privatsphäre einzudringen. Sie nahm das Bündel Kontoauszüge an sich und legte sie auf das Tischchen neben sich.
Dann hielt sie Ausschau nach einem Terminkalender. Jeder hatte einen Terminkalender, doch Francesca konnte in dem Sekretär keinen finden. Vielleicht hatte Daisy ihn unten im Arbeitszimmer aufbewahrt, wo sie gestorben war.
Nach dem Sekretär wandte sich Francesca den anderen Gegenständen im Zimmer zu. Sie spähte unter alle Möbel, hob Kissen und Polster hoch und schlug die weiß-goldenen Samtvorhänge zurück. Zwischendurch eilte sie in das angrenzende Schlafzimmer, wobei sie erneut einen Blick auf die Tischuhr warf. Acht Minuten nach zwei.
Im Schlafzimmer hielt sie inne, als ihr Blick auf das mit einem Baldachin versehene Bett fiel. Darauf lagen goldene Seidendecken und Seidenkissen in Gold und Burgunder. Harthatte etliche Nächte in diesem Bett zugebracht.
Sie hasste allein den Gedanken und wollte nicht an diese Affäre erinnert werden. Sie war seit Monaten vorüber. Warum war Bragg so grausam gewesen und hatte angedeutet, dass das nicht stimmte? Wenn Hart ihnen nur sagen würde, warum er letzte Nacht bei Daisy gewesen war!
Sie schüttelte die Gedanken ab und sah sich prüfend in dem großen, eleganten Schlafzimmer um. Dabei registrierte sie eine Kommode und den Kleiderschrank. Wenn Daisy etwas Wichtiges versteckte, dann sicher in einem dieser Möbel. Kurz entschlossen fing sie mit der Kommode an und durchwühlte einen Haufen seidener Unterwäsche
Weitere Kostenlose Bücher