Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
Freiheit verschafft hat – dank ihm führte sie kein Leben als Prostituierte mehr. Ein Leben, das sie verabscheute.“
Doch Francesca erinnerte sich genau an Rose’ Worte, dass Hart Daisy Sicherheit gegeben hätte. Doch Sicherheit wovor – oder vor wem? Und was hatte sie dazu gebracht, von zu Hause fortzulaufen und ein Leben zu führen, das sie – wie Rose sagte – verabscheute?
„Du hast zu einem früheren Zeitpunkt gesagt, dass ein alter Freund sie in jener Mordnacht besuchen wollte. Handelte es sich um Richard Gillespie?“
Vollkommen verwirrt sah Rose sie an. „Ich habe keine Ahnung, wer es war. Und ich habe auch nicht gefragt. Wenn Daisy gewollt hätte, dass ich davon weiß, hätte sie es mir gesagt. Wer ist Richard Gillespie?“
Offensichtlich wusste Rose nicht, wovon Francesca sprach. „Ein Richter aus Albany“, beantwortete Francesca die Frage. „Und hast du über meine frühere Frage nachgedacht? Fällt dir jemand ein, dessen Gefühle für Daisy so stark waren, dass er – oder sie – sie tot sehen wollte?“
Rose seufzte, sie wirkte abgespannt und müde. „Sie hatte drei Kunden, die sie jahrelang traf. Das sind John Krause, George Holstein und David Masters. Zufällig weiß ich, dass Krause körperlich behindert ist – er hatte vor wenigen Monaten einen Schlaganfall. Aber die anderen beiden? Beide haben Daisy regelmäßig getroffen, bevor ihr Verhältnis mit Hart begann. Beide waren sehr vernarrt in sie, trotz ihrer hervorragenden Reputation und ihrer Familien.“
„Sie haben sie jahrelang regelmäßig getroffen?“, fragte Francesca aufgeregt.
Rose nickte. „Masters war von Anfang an dabei. Was Holstein anging, er trat erst vor einigen Jahren in ihr Leben. Ich kann dir ihre Adressen geben, wenn ich wieder zu Hause bin.“
„Bitte, das wäre sehr hilfreich. Schick einen Boten zu mir nach Hause. Wo liegt das Haus, in dem du jetzt lebst, Rose?“ Damit meinte Francesca das Bordell.
„Hinter der Fifth Avenue, nicht weit von hier in der dreizehnten Straße“, erwiderte Rose und kreuzte die Arme vor der Brust, sie wirkte mürrisch und beunruhigt. „Glaubt die Polizei tatsächlich, dass ich Daisy getötet haben könnte?“
„Ich würde dich nicht anlügen“, sagte Francesca und musterte Rose eingehend. „Du bist eine Hauptverdächtige.“
„Natürlich bin ich das – schließlich bin ich eine Frau und noch dazu eine Hure! Aber Hart, der jeden Grund hatte, Daisy lieber tot zu sehen, kommt ungeschoren davon, weil er ein Mann ist und außerdem stinkreich.“
„Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ist Hart ebenfalls noch nicht aus dem Schneider“, entgegnete Francesca und griff nach Rose’ Arm. „ Rose. Hast du Daisy getötet?“
Rose hielt Francescas eindringlichem Blick stand. „Nein“, sagte sie nachdrücklich. „Ich habe sie geliebt.“
Und Francesca war geneigt, ihr zu glauben. Eine Sekunde starrten sich die Frauen an, bevor Francesca Rose’ Arm freigab. „Ich muss gehen. Wenn dir noch etwas einfällt, weißt du, wo du mich erreichst.“
Rose zögerte. „Okay. Francesca? Danke.“
Obwohl diese Reaktion Francesca überraschte, eilte sie ohne Antwort zur Haustür. Rose beobachtete sie vom Fuße der Treppe und rief ihr hinterher: „Francesca! Was hast du bei deiner Suche gefunden?“
Francesca winkte ihr zu, als sie dem wartenden Joel den Arm um die Schultern legte. „Absolut nichts.“Als sie mit Joel sicher in der Kutsche saß, bat Francesca Raoul, noch zu warten, und ging die Zeitungsausschnitte aus der Schachtel durch, die sie aus dem Gebüsch geholt hatte. Schnell war klar, dass Gillespie seit zehn Jahren als New Yorker Bezirksrichter tätig war. Er war in Hartford, Connecticut, geboren und stammte aus einer angesehenen Familie. Vor zwei Jahren hatte die New York Grand Old Party eine Geburtstagsfeier für ihn ausgerichtet – zu seinem fünfzigsten Geburtstag. Er und seine Frau Martha hatten eine unverheiratete Tochter, Lydia.
„Miz Cahill?“
Francesca schloss sorgfältig die Schachtel. Sie würde sich am Abend jeden Artikel einzeln durchlesen und Notizen machen. „Ich glaube, wir sind da auf etwas gestoßen. Auf jeden Fall ist das eine Spur, der wir folgen müssen. Wir fahren nach Albany, Joel.“
„Albany?“ Seine Augen weiteten sich.
Francesca öffnete die Kutschentür und streckte ihren Kopf hinaus. „Raoul? Bitte zum Polizeipräsidium.“ Dann wandte sie sich wieder Joel zu. „Albany liegt mehrere hundert Meilen nordwestlich von New York, aber
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