Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
O’Donnell ist ein Schuft, aber kein Narr. Er weiß Besseres, als sich mit mir anzulegen.“
„Hast du mir alles gesagt?“, flüsterte sie.
Wieder zögerte er. „Ja“, log er.
„Aber was ist, wenn er nicht lügt? Wenn er Gott wirklich gefunden hat? Wenn …?“ Sie stockte, und ihre Stimme brach.
„Was meinst du?“, fragte er mit klopfendem Herzen. Seine Frau war klug, und offensichtlich kannte oder vermutete sie zumindest die Wahrheit.
„Wenn er die Mädchen nun haben will?“, rief sie panisch. „Er ist ihr Onkel. Ein Richter würde sicher entscheiden, dass Blut dicker ist als Wasser!“
Er musste ihr die Angst und den Schmerz nehmen. Deshalb umfasste er ihr Gesicht mit seinen Händen. „Er hat Gott nicht gefunden, und er will die Mädchen nicht. Ich möchte, dass du mir vertraust“, sagte er.
Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Dann sah sie ihn an und sagte: „Das tue ich.“
Noch immer hielt er ihr Gesicht zwischen seinen Händen, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Sie bemerkte es, denn er fühlte, wie sie sich versteifte.
Beinahe hätte er sie trotzdem geküsst. Stattdessen ließ er sie los und stand auf. „Lass uns den Sherry trinken“, sagte er.
„Francesca!“, rief Connie, auf deren Gesicht sich Besorgnis abzeichnete, als sie in die Halle geeilt kam.
Seit Evan sie dort stehen gelassen hatte und in den Salonverschwunden war, hatte Francesca sich nicht gerührt. Sie war wie betäubt von seiner Erklärung. Natürlich, nun verstand sie. Da sie allerdings auch Bartolla Benevente kannte, vermutete sie, dass diese Schwangerschaft kein Unfall war.
Sie drehte sich zu ihrer Schwester um. Connie trug ein seidenes Abendkleid in der Farbe des Mondes, dazu eine dreifache Diamantkette und passende Ohrgehänge. Sie war eine der elegantesten Frauen, die Francesca kannte. Und eine der hübschesten. Oft sagten die Leute ihnen, dass sie Zwillinge sein könnten. Nur Connies Haut und ihre Haare waren heller als Francescas. Wo Connie cremige Farbtöne bevorzugte, entschied Francesca sich für goldene.
„Störe ich?“, fragte Francesca.
Lächelnd nahm Connie ihre Hände. „Wir haben ein paar Gäste, doch das ist nicht wichtig!“ In ihren blauen Augen lag Sorge um die Schwester. „Mama hat mir von Daisy Jones erzählt. Geht es dir gut?“
Auch wenn die beiden Frauen unterschiedlicher kaum sein konnten, war Connie Francescas beste Freundin. Connie hatte sich als Debütantin in die Gesellschaft einführen lassen, während Francesca am Barnard College studiert hatte. Nun gehörte Connie zur höheren Gesellschaft, war eine beliebte Gastgeberin und außerdem Mutter und Ehefrau. Francesca dagegen galt als Exzentrikerin und war inzwischen als Kriminalistin berühmt, was diesen Ruf nur verstärkte. Trotzdem waren sie immer Vertraute gewesen. Zu jeder Zeit hätte Francesca ihrer Schwester in der Not beigestanden. Und umgekehrt galt das Gleiche. „Nun, ich fange langsam an, mich von einem furchtbaren Tag zu erholen.“
Connie zog sie an der Hand mit sich, und die beiden Schwestern liefen am Salon vorbei, wo Francesca einen Blick auf einen sehr bedeutenden Führer der progressiven Bewegung erhaschte, in die Bibliothek. Dort schloss Connie dieTür, und Francesca bereitete sich auf ein vollständiges Geständnis vor.
Doch nach einem forschenden Blick nahm Connie ihre Schwester in die Arme. „Du lässt dir nichts anmerken, Fran, aber ich spüre, dass du dir Sorgen machst.“
Francesca umarmte sie fest. „Ich mache mir auch Sorgen, doch ich fühle mich schon viel besser als noch vor ein oder zwei Stunden.“
Die letzte Stunde in Harts Armen hatte sie daran erinnert, wie sehr sie ihn liebte, und sie darin bestärkt, dass ihre Entscheidung, zu ihm zu stehen, richtig war. Wenn sie zu zweit waren, spürte sie die geradezu magnetische Anziehung zwischen ihnen. In diesen Momenten hegte sie keinerlei Zweifel, dass er sie innig liebte.
Hart brauchte sie jetzt wie nie zuvor. Nach langem harten Kampf hatte er die Maske für einen kurzen Augenblick abgenommen und ihr gezeigt, wie sehr ihn der Verlust des Kindes schmerzte. Nachdem sie sich geliebt hatten, legte er wieder sein kühles und distanziertes Benehmen an den Tag. Zum Teil konnte Francesca sein Verhalten seinem Kummer zuschreiben, aber sie wusste auch, dass er sich Vorwürfe machte. Wie sehr er sich wegen seiner spontanen Reaktion auf Daisys Schwangerschaft schuldig fühlte und seine Trauer standen deutlich lesbar und unverkennbar in seinen
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