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Es war einmal oder nicht: Afghanische Kinder und ihre Welt (German Edition)

Es war einmal oder nicht: Afghanische Kinder und ihre Welt (German Edition)

Titel: Es war einmal oder nicht: Afghanische Kinder und ihre Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Willemsen
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Wissen und Bildung sind. Manche Nächte sage ich mir im Schlaf, hoffentlich werden sie nicht unsere Schule in Brand setzen.«

    Ganz selbstverständlich wird in den meisten Schreiben der Kinder die Schule als Stätte der Erziehung zum Frieden angesehen. Krieg und Bildung schließen einander aus, so wie die Entwicklung der Humanität ohne Aufklärung undenkbar bleibt. »Wenn es keine Schule gäbe«, betitelt der Junge Kasim seinen Text: »Wenn es keine Schule gäbe, wäre unser Leben und unsere Zukunft zerstört. Unsere Straßen wären zerstört, und die Ärzte wären nicht da. Wenn es keine Schule gäbe, würden Unwissenheit und Dummheit herrschen. Es gäbe immer Krieg, und unsere Häuser wären Ruinen. Wir hätten keinen Beruf und hätten nichts gelernt. Wenn es keine Schule gäbe, wären wir wie die Schafe ziellos in der Steppe unterwegs und würden uns wünschen, es gäbe eine Schule. In so einem Zustand habe ich geweint und mir gewünscht, mein Land wäre aufgebaut. Dass unsere Schulen aufgebaut wären und wir nicht in diesem Zustand wären. Jeden Tag habe ich gegrübelt, wie ich Ordnung in mein Leben bringen kann.«
    »Mein Name ist Naima, ich wünsche mir in der Zukunft ein harmonisches und schönes Leben voller Liebe. Ich hoffe, obwohl Afghanistan ein armes Land ist, dass die Kinder in die Schule gehen, sich Mühe geben und lernen, um Afghanistan helfen zu können. Damit unser Land wie ein Stern in der ganzen Welt leuchtet.«
    Manchmal bringen die Kinder eine politische Aussage auch in ihren Bildern unter. Eine 17-Jährige malt die Weltkugel, aber wo Afghanistan sein sollte, klafft ein Krater. Dieses Afghanistan ist separat gemalt. Dort sitzt ein Mädchen auf dem Boden und spricht sein Land an: »Meine Hände und Füße sind gebunden. Ich bin nicht gebildet. Wie soll ich dir helfen?«

    Als wir in den vergangenen Jahren die Kinder vor allem in den Schulen, die der Afghanische Frauenverein unterhält, zum Beschreiben und Malen von Situationen ihres Lebens sowie ihrer Vorstellung von unserem Leben anregten und auch Briefwechsel mit deutschen Gleichaltrigen förderten, ahnten wir nicht, wie vielgestaltig, wie individuell in der Handschrift, wie unabhängig von medialen Vorbildern diese Bilder und Schilderungen ausfallen würden. Zugleich aber ließ sich erkennen, dass sich vieles in diesen Texten schon deshalb wiederholen musste, weil sich die Lebensläufe der Kinder oft auf engem Raum entwickeln.
    Man kann außerdem feststellen, dass selbst Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen ohne psychologische Vertiefung von ihren Erlebnissen berichten – vielleicht, weil sie die eigene Psyche noch nicht entdeckt oder sie nicht für darstellenswert gehalten haben, vielleicht auch, weil das eigene Innenleben nicht den Stellenwert besitzt, den unsere Kultur ihm beimisst. Eher sind die Nachrichten aus ihrem Leben, die die Kinder hier niederschreiben, im Privaten politisch, und das Glück existiert nur gefährdet. So jedenfalls klingen ihre Stimmen:
    »Mein Name ist Palwascha. Ich gehe in die elfte Klasse. In Zukunft möchte ich Hausfrau werden, um meine Kinder besser erziehen und sie im Geist meines Landes unterrichten zu können. Ich liebe meine Heimat Afghanistan, und wann immer ich über meine Zukunft nachdenke, kann ich das nicht tun, ohne über mein Land nachzudenken. Gerne spiele ich mit Freunden, gehe mit ihnen aus oder am liebsten shoppen. Ich studiere meine Fächer so gut wie möglich, um mein Wissen zu erweitern, und ich studiere nicht für Noten, sondern für das Leben. Das mag ich an mir selbst.«

    »Ich bin in dieser Schule aufgewachsen. Mein Vater ist während der Arbeit in der Schule gestorben. Ich möchte auch in dieser Schule Lehrerin werden. Ich heiße Manizha und bin neun Jahre alt.«
    Das Mädchen Sumaya schließlich fasst zusammen: »Ich habe einige Zukunftspläne für das, was ich in Wirklichkeit einmal werden möchte. In Zukunft möchte ich nämlich ein so guter Lehrer werden, wie es meine Lehrer gewesen sind. Ich erhoffe mir von meiner Zukunft, dass sie schön ist und dass ich Erfolg auf allen Gebieten habe.«
    »Ich lebe in einem Dorf und möchte später eine gute Lehrerin werden, so dass ich dann in meinem Dorf unterrichten und dafür sorgen kann, dass alle unsere Dorfbewohner so gebildet wie die städtischen Menschen werden.«
    »Ich heiße Hafisa, Tochter des Said Rahman, und bin Schülerin in der sechsten Klasse. Seit der ersten Klasse bin ich in dieser Schule und möchte hier auch

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