Es wird Dich rufen (German Edition)
direkt in einen unüberwindbaren Graben. Die Falle war gelegt. Nun mussten sie nur noch auf die Mäuse warten.
Der Plan des Generals war einfach und klar:
Seine Begleiter sollten sich ruhig verhalten und nur dann eingreifen, wenn er und Boone die Situation nicht unter Kontrolle bekamen – wovon er selbstverständlich nicht ausging, doch die »Söhne Luzifers« hatten auf diese Absicherung bestanden; wollten ihm unbedingt ihre eigenen Leute zur Seite stellen. Für den Fall des Falles, hatte es geheißen.
Es war die definitiv letzte Möglichkeit, über den Wächter endlich an die so dringend benötigte Reliquie heranzukommen. Das musste ihnen nun gelingen. Entschuldigungen und Fehlschläge konnten sie sich jetzt nicht mehr leisten.
Der Tag der »Schwarzen Sonne« rückte näher. Unaufhaltsam.
Ungeduldig trat der General von einem Bein auf das andere, setzte sich dann wieder in seinen Wagen, um nur wenige Augenblicke später erneut auszusteigen und nervös mit den Fingern auf das Dach des Fahrzeugs zu trommeln.
»Sie sind schon fast eine Stunde da drin«, murmelte der General. »Was machen die da bloß so lange?«
44
Das Museum befand sich in den ersten beiden Geschossen. An den Wänden hingen einige Gemälde von Tempelrittern. Darunter waren mehr oder minder ausführliche Hinweise angebracht, die die Historie des Templerordens detailliert aufbereiteten. In den davor stehenden Vitrinen wurden zudem Fundstücke gezeigt, die im Laufe der letzten Jahrzehnte in der Region des Aude-Tals entdeckt wurden.
»Die Tempelritter waren in dieser Gegend sehr aktiv«, bemerkte Pellier, während Mike aufmerksam die Ausstellungsstücke studierte – darunter auch zahlreiche alte Siegelringe und Urkunden.
»Was ist das hier?«
Mike blickte in die hässliche Fratze einer dreiköpfigen Skulptur. Sie wies die Häupter eines Widders, eines Stiers und eines Menschen auf, die in drei verschiedene Richtungen blickten.
»Das ist eine Nachbildung des Baphomets«, erklärte der Museumsleiter. »So stellte man sich gemeinhin den Dreikopf vor.«
»Der Baphomet soll ein Dämon gewesen sein, der von den Tempelrittern angebetet wurde«, fügte Jean hinzu. »Das sagen uns zumindest die alten Schriften, die allerdings hauptsächlich auf die Quellen der Inquisition zurückgehen.«
»Ich denke, es ist eher ein Symbol für die Einheit Gottes in den drei Weltreligionen«, ergänzte Pellier.
Mike fühlte sich unweigerlich an die berühmte Ringparabel aus Lessings »Nathan der Weise« erinnert. Steckte hier ein ähnliches Prinzip dahinter? Drei Religionen, die denselben Gott anbeteten?
»Ich selbst neige ja dazu, zu sagen, dass man die Tempelritter kennen muss, um sie wirklich verstehen zu können«, bemerkte Pellier. »Es war schließlich ein ebenso mysteriöser wie bedeutungsvoller Orden, der im Mittelalter gewirkt und uns manche Rätsel hinterlassen hat.«
Pellier deutete auf das Ölgemälde hinter sich, das einen stattlichen Ritter in voller Montur zeigte. Über seiner Rüstung breitete sich ein Umhang aus weißem Stoff aus, der das Emblem der Tempelritter trug.
»Das hier ist ein Gemälde von Hugo de Payens. Er war neben Gottfried de Saint-Omer der Gründer des Ordens. Anfang des 12. Jahrhunderts waren neun Ritter im Heiligen Land, um den Schutz der Pilgerreisenden nach Jerusalem sicherzustellen.«
»Nur neun? Das erscheint mir ein bisschen wenig«, bemerkte Mike. »Dennoch scheint es gereicht zu haben«, erwiderte Pellier. »Letztlich muss ich aber einräumen, dass die Wissenschaft für diese Merkwürdigkeit keine vernünftige Erklärung hat. Fakt ist jedoch: Die Templer waren in Jerusalem. Sie wohnten an der Stelle, an der Sie heute die Al-Aqsa-Moschee finden. In alttestamentarischen Zeiten stand dort noch der Salomonische Tempel. Er wurde allerdings von Nebukadnezar sowie Jahrhunderte später ein zweites Mal von den Römern zerstört.«
»Wobei man durchaus davon ausgehen kann«, warf Jean ein, »dass die Tempelritter in den Ruinen des Salomonischen Tempels nach etwas ganz Bestimmten gesucht haben. Über mehrere Jahre hinweg haben sie im Tempelberg gegraben«.
Pellier zeigte auf ein weiteres Gemälde, das unmittelbar neben dem Porträt von Hugo de Payens an der Wand hing.
»Wie Sie hier sehen können, hatten es die Tempelritter anfangs sehr schwer. Sie wurden kaum wahrgenommen. Und wenn es doch der Fall war, dann stießen sie in der Gesellschaft häufig auf Ablehnung - auch, weil sie immer wieder gegen ihre eigenen
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