Es wird Dich rufen (German Edition)
einige Schritte von Jean entfernte. »Was ist passiert?«
»Ich habe soeben einen Anruf aus Frankreich erhalten«, erklärte Stein atemlos. »Keine guten Neuigkeiten. In meine Ferienwohnung in Rennes ist eingebrochen worden!«
»Das ist nicht dein Ernst?« Mike war baff.
»Leider doch.«
»Wurde etwas gestohlen?«
»Das kann ich von hier aus nicht beurteilen. Es scheinen aber Profis am Werk gewesen zu sein. Zumindest hat das die Gendarmerie gesagt.« »Und was jetzt?«, fragte Mike ratlos.
»Ich werde wohl nach Rennes fliegen müssen, um dort nach dem Rechten zu schauen.«
»Was ist mit den Texten, die ich dir gefaxt habe?«
Wahrscheinlich war es der denkbar ungünstigste Moment, Stein diese Frage zu stellen. Reflexartig war sie Mike aber trotzdem herausgerutscht. Dabei hatte sein Vorgesetzter momentan doch ganz andere Sorgen. Stein schien es ihm allerdings nicht übel zu nehmen, er reagierte gelassen.
»Ich bin an den Texten dran. Du kriegst sie, bevor ich fliege«, versicherte er. »Was ich aber unbedingt noch von dir wissen muss: Hattest du noch irgendwelche Wertgegenstände bei dir, als du in Rennes warst? Laptop, Geld oder so?«
»Nein«, schüttelte Mike den Kopf. »Ich habe alles mitgenommen. Es sind nur noch ein paar Klamotten dort.«
»Wenigstens eine gute Nachricht«, sagte Stein erleichtert.
»Weiß man denn schon, wer es war?«, erkundigte sich Mike.
»Die Nachbarn haben zwei vermummte Gestalten gesehen, allerdings sind sie nachts eingebrochen. Von ihnen liegen also nur vage Beschreibungen vor. Als die Gendarmerie eintraf, waren die Einbrecher bereits weg.«
»Hoffentlich hat das Ganze nichts mit mir zu tun«, murmelte Mike vor sich hin. Er befürchtete zu wissen, wer diese zwei Gestalten gewesen waren. Wer einen Menschen skrupellos ermordete, der schreckte sicher nicht vor einem Einbruch zurück, um in den Besitz gewisser Papiere zu gelangen.
»Was meintest du?« Stein hatte ihn nicht genau verstanden.
»Na ja, vielleicht weiß ich, was die Einbrecher in der Wohnung gesucht haben …«
»Wie bitte?« Walter Stein traute seinen Ohren nicht. »Mike, sag nicht, du hast schon wieder Blödsinn gemacht?«
»Nein, nein! Dieses Mal hat es nichts mit mir zu tun, vielleicht mit den lateinischen Texten. Ich habe hier einen Deutschen getroffen, der eine ganze Menge weiß. Aber das muss ich dir später alles noch genauer erzählen.«
»Mach mir aber keine Dummheiten und pass auf dich auf!«, sagte Stein besorgt.
»Das werde ich tun«, lächelte Mike, verabschiedete sich und ging zu Jean zurück.
»Tut mir leid! Es hat ein wenig gedauert …«, rief er ihm von Weitem zu. Der alte Mann saß seltsam zusammengesackt auf der Mauer. Seine Haltung erinnerte Mike an den Asmodeus am Eingang der Kirche.
»Jean!« rief Mike, als er fast bei ihm war. Der Alte reagierte nicht. Mike hatte plötzlich ein ungutes Gefühl.
»Jean ...! Geht es Ihnen nicht gut ...?«, sprach er ihn nochmals an, nachdem er ihn schließlich erreicht hatte.
Doch Jean antwortete ihm nicht.
Vorsichtig berührte Mike die Schulter des Alten. »Jean, um Gottes willen!«
11
»Kommen Sie herein!«, antwortete der Großmeister auf das dumpfe Klopfen an seiner Bürotür. Dort saß er umgeben von Bergen aus Büchern und Dokumenten, die sich auf seinem Schreibtisch türmten. Vor ihm lag ein Stück Papier, auf dem einzelne Sternenkonstellationen verzeichnet waren.
Der Großmeister hatte seinen Stellvertreter, Kardinal Di Trampa, gebeten, sich mit ihm nach der großen Versammlung unter vier Augen zu unterhalten. Er musste den obersten Vertreter des Vatikans ins Vertrauen ziehen, weil die Söhne Luzifers sich ins Geschehen eingemischt hatten. Das machte die Mission für alle Beteiligten komplizierter.
Als Leiter des Ordens stand es ihm zwar zu, Entscheidungen in dieser Angelegenheit eigenmächtig und ohne Wissen der anderen Mitglieder zu treffen, nichtsdestotrotz hielt er es aber für angebracht, den Kardinal über alles zu informieren. Schließlich brauchte er einen starken Stellvertreter, der auf alles vorbereitet war und der sofort reagieren konnte, sollten unvorhergesehene Dinge passieren.
»Der Kardinal ist da, Euer Eminenz«, kündigte Bruder Thomas den Gast des Großmeisters an, nachdem er den Raum betreten hatte.
»Sehr gut. Danke!«
Auf Geheiß des Großmeisters bat Bruder Thomas Di Trampa, der im Vorzimmer auf die Audienz wartete, einzutreten.
»Kardinal!«, grüßte der Großmeister freundlich, während er ihm entgegenging.
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