Es wird Dich rufen (German Edition)
alte Münzen mit den Porträts mehrerer Kaiser Roms«, berichtete Jean. »Sie sehen also, Rennes-le-Château ist schon sehr früh ein begehrter Siedlungsplatz für die Menschen gewesen. Übrigens war Rhedae zwischendurch sogar eine königliche Stadt!«
»Tatsächlich?«
Das einzige Indiz, das nach Mikes Einschätzung für die Richtigkeit dieser Behauptung herhalten konnte, war sicherlich die einzigartige Lage. Wege, die durch mehrere Täler führten, kreuzten sich zu Füßen des Hügels und waren von hier oben gut einzusehen. Der Platz schien strategisch ideal, folglich musste er auch gut zu verteidigen gewesen sein.
»Vielleicht finden Sie in einer ruhigen Minute die Gelegenheit, sich ein wenig näher mit den Kelten und Goten auseinanderzusetzen. Sie werden dann manch spannendem Detail begegnen, das ich Ihnen jetzt vorenthalten muss. Es würde zu weit führen und wir wollen ja nicht in zwei Tagen noch hier sitzen«, entschuldigte sich der alte Mann. »Ich möchte mich viel lieber auf die Kerngeschichte konzentrieren.«
»In Ordnung«, stimmte Mike ihm wie ein Schüler zu.
»Kommen wir also zurück zum Château. In ihm lebten Römer, Goten, Tempelritter und viele andere mehr. Interessant für uns ist aber vor allem die Familie d´Hautpoul, genauer gesagt: Marie de Negre d´Ables d´Hautpoul. Ich zeige Ihnen noch ihren Grabstein, der, wie Sie sehen werden, einige Merkwürdigkeiten aufweist.«
»Einverstanden«, nickte Mike, während er fleißig notierte, was Jean ihm erzählte.
»Von der Familie ist überliefert, dass sie ein Geheimnis ungeheuren Ausmaßes kannte, von dem viele behaupten, dass es mehr wert sei als alles Gold dieser Welt.«
Mike unterbrach seine Notizen. Das klang interessant!
»Um was für ein Geheimnis handelt es sich?«
»Das, junger Freund, versuchen unzählige Forscher und Schatzsucher seit Jahrzehnten herauszufinden. Bislang ist es aber keinem geglückt. Das heißt, einer wusste es ziemlich sicher: Abbé Saunière.«
»Verstehe!«, meinte der Journalist. »Sie denken, der Abbé sei deshalb so reich geworden, weil er hinter dieses Geheimnis gekommen ist?«
»Langsam!«, mahnte Jean. »Zunächst sind wir im Jahr 1781. Es war der 17. Januar, als Marie de Negre d´Ables entschlief. Sie hatte ihr Geheimnis samt einigen wichtigen Dokumenten zuvor ihrem Beichtvater, dem Abbé Antoine Bigou, anvertraut. Er war zu diesem Zeitpunkt Priester in Rennes-le-Château. Es war eine sehr harte Zeit – nicht nur für ihn!«
»Weswegen?«
»Die Revolution von 1789 stand vor der Tür, junger Freund. Adlige und Kirchenmänner mussten damals um ihr Leben fürchten!«, erklärte Jean im Stil eines Historikers, dessen unbändige, fast kindliche Begeisterung für sein Fachgebiet selbst diejenigen in den Bann zu ziehen vermochte, die sich bis dahin für geschichtliche Ereignisse kaum interessiert hatten.
»Es ist überliefert, dass Bigou das ihm anvertraute Geheimnis in der Kirche von Rennes-le-Château hinterlassen hat – oder sagen wir besser – die Hinweise darauf. Außerdem ließ er zwei Grabplatten für Marie de Negre d´Ables anfertigen, die er erst Jahre nach ihrem Tod auf das Grab legte. Eine der Platten ist von Abbé Saunière leider zerstört worden.«
Mike konnte dies kaum glauben.
»Sie meinen, ein Priester stört die Totenruhe und zerstört eine Grabplatte? Welcher Gottesmann würde denn so etwas tun?«
»Gemach, junger Freund! Sie werden sich noch wundern«, lächelte Jean. »Die zweite Grabplatte existiert ja immerhin noch. Sie befindet sich, für die Öffentlichkeit unzugänglich, in Privatbesitz. Eine Kopie davon hängt heute aber im Museum von Rennes-le-Château.«
Ein Grabstein in Privatbesitz und einer im Museum? Was hatte dieser dort verloren? Gehörte er nicht vielmehr zu der Grabstelle auf dem Friedhof?
Mike kam gar nicht dazu, nachzufragen, weil Jean ohne Atempause weitersprach.
»Das Besondere an den Grabsteinen ist, dass sie voller Fehler sind – auf den ersten Blick! Man vermutet deshalb, dass dort ganz gezielt Hinweise von Abbé Bigou hinterlassen wurden. Bedenken Sie: Er hat sich viele Jahre Zeit gelassen, den Grabstein anzufertigen. Das alleine ist schon reichlich merkwürdig, finden Sie nicht auch?«
Dem konnte Mike nicht widersprechen.
»Abbé Bigou hatte damit jedenfalls sein Werk getan. Er hat das große Geheimnis der Familie Hautpoul in Rennes-le-Château hinterlassen, in Stein gemeißelt und in Form weiterer Dokumente, die er in der Kirche versteckte. Ich
Weitere Kostenlose Bücher