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Es wird Dich rufen (German Edition)

Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross
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selten etwas wirklich gefährlich. Erst durch den Missbrauch macht man sich schuldig und verletzbar!«
    Der alte Mann mochte mit seiner Einschätzung richtig liegen.
    Mike dachte an die vielen Forscher, von denen Jean erzählt hatte, die seit Jahrzehnten auf der Suche nach dem Geheimnis waren und denen offenkundig nichts passiert war.
    »Nun gut.«
    Mike hatte sich wieder beruhigt. Er könnte später immer noch aussteigen, wenn sich tatsächlich eine brenzlige Situation ergeben sollte.
    »Wo waren wir stehen geblieben …«, überlegte Jean, nachdem Mike den Stift wieder gezückt hatte.
    »Bei den toten Priestern …«, bemerkte Mike sarkastisch.
    »Richtig! Dann lassen wir sie wieder lebendig werden. Boudet und Gélis haben sich also ganz in der Nähe niedergelassen. Der eigentlich zentrale Ort, nämlich Rennes-le-Château, war aber noch immer unbesetzt – was sich ändern sollte.«
    »Saunière!« rief Mike aus, als handle es sich um ein Gewinnspiel, bei dem derjenige, der die Lösung eines Rätsels als Erster in den Raum warf, den Jackpot knackte.
    Jean zog eine alte, ziemlich zerknitterte Fotografie aus der Tasche seines Jacketts und reichte sie Mike. Es war die Momentaufnahme einer Menschenmenge, die sich um eine Marien-Statue versammelt hatte. Der Priester stand mit dem Gebetbuch in der Hand hinter einer Gruppe Jugendlicher, die Mike als eine Art Knabenchor identifizierte.

    Die Statue war festlich geschmückt. Überall waren Blumen und Gewinde aus Pflanzen angebracht.
    »Das Bild stammt aus dem Jahre 1891«, erläuterte Jean. Dies erklärte seine sichtlich schwachen Konturen und die vergilbten Ränder.
    »Und sehen Sie den Mann, hier in der Mitte?« Jean deutete mit seinem Zeigefinger auf den Priester. »Das ist Abbé Saunière. Er hat am 1.Juni 1885 sein Amt als Priester in Rennes-le-Château angetreten.
    Man hat Abbé Saunière gezielt als Strohmann hierher geholt. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Ich weiß das alles aus erster Hand!«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Mike. »Aus erster Hand?«
    »Nun …« Ein weiteres Mal zeichnete sich ein in sich ruhendes, väterliches Lächeln in Jeans Gesicht, das Mike schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen war. »Saunière hatte eine Haushälterin, ihr Name war Marie Dénarnaud. Sie hat ihn um fast 40 Jahre überlebt. Eine abergläubische und scheue, aber dennoch entzückende und liebevolle Frau. Ich hatte die Ehre, sie noch persönlich zu kennen und mich zu ihrem Freundeskreis zählen zu dürfen.«
    »Sie kannten Saunières Haushälterin?«
    »Oh ja! Sehr gut. Wir saßen oft zusammen im Garten vor der Villa Bethania und haben über Saunière gesprochen. Ich, ein junger wissbegieriger Mensch, sie, die ältere reife Frau.«
    »Dann hat sie Ihnen von diesem Geheimnis erzählt! Richtig?«
    Der Alte ignorierte Mikes Nachfrage.
    »Sie hat mir von Vielem berichtet: von Saunières Leben und die Rolle, die sie dabei gespielt hat. Es war eine weitaus größere Rolle, als viele Forscher ihr heute zugestehen wollen. Faktisch war sie es, die dem Abbé geholfen hat, sein Leben so zu leben, wie er es gelebt hat.«
    Jean klang jetzt fast wehmütig.
    »Wir hatten ein sehr enges Verhältnis, bis ich eines Tages einen dummen Fehler machte …«
    Der alte Mann hatte die sachliche Ebene des Erzählens verlassen und war augenscheinlich von einer Erinnerung eingeholt worden, die ihn auch heute noch sehr stark belastete. Mike hatte den Eindruck, dass Jean mit den Tränen kämpfte.
    »Was ist vorgefallen?«, fragte er vorsichtig.
    »Ach, wissen Sie, junger Freund ...«, sagte Jean nach einem Moment des Schweigens. »Lassen wir die alten Geschichten am besten ruhen.« Der alte Mann schien nicht näher auf diese Frage eingehen zu wollen. Er klang plötzlich wie Mike selbst, wenn er nicht über seine zerbrochene Liebe sprechen wollte. Zweifellos hatte Jean eine Art mütterlicher Liebe bei ihr empfunden.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte Mike, weil sein Handy ausgerechnet in dem Moment klingelte, als Jean sich wieder gefasst hatte und an seinen Bericht über das Wirken des Abbés anknüpfen wollte.
    »Bitte, junger Freund, bitte!«
    Es war Walter Steins Nummer, die auf dem Display angezeigt wurde. Bestimmt meldet er sich wegen der Übersetzung der Texte, dachte Mike. Doch dem war nicht so. Steins Anruf hatte einen wesentlich ernsteren Hintergrund. Das wurde Mike klar, als er die aufgeregte Stimme seines Chefredakteurs hörte.
    »Walter?«, fragte er überrascht, während er sich

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