ESCORTER (German Edition)
geleert hatte.
Lässig lehnte er sich zurück und legte einen Arm über die Stuhllehne. Erneut bemerkte Doreé, wie schmächtig und unscheinbar er auf den ersten Blick wirkte, was ihn in ihren Augen mittlerweile umso gefährlicher machte.
»Bevor ich euch erkläre, was ich von euch erwarte, muss ich euch ein Geständnis machen«, fuhr Satan betont zerknirscht fort.
Doreé unterdrückte ein abfälliges Schnauben. Als würde Satan sich aus schlechtem Gewissen heraus zu einem Geständnis genötigt fühlen.
»Von Beginn an war ich nicht wirklich überzeugt von der Verbindung zwischen einem Dämonenfürsten und der Tochter eines Boten.« Er sah von einem zum anderen. »Aus diesem Grund habe ich Mammon und meine Geliebte«, er zwinkerte der Hure verschwörerisch zu, »dazu veranlasst, Gäap auf die Probe zu stellen und ihm die Augen zu öffnen.«
»Warum?«, fragte Doreé.
Selbstzufrieden rieb er die Fingernägel an seinem Hemd und inspizierte sie dann. »Ganz einfach: weil ich es wollte. Du genießt den Schutz meines Erschaffers. Das wollte ich mir zunutze machen.«
Wieder dieses hinterlistige Schmunzeln, das ihr verdeutlichte, dass ihre Rettung einen Preis haben würde und dass er im Begriff war, ihn zu nennen.
»Natürlich fragt ihr euch nun, auf welche Weise ich mir das zunutze machen will«, fuhr Satan fort.
»Richtig«, erwiderte Doreé.
Satan beugte sich vor, legte seine Arme auf den Tisch. Plötzlich wirkte er angespannt, regelrecht fiebrig. Etwas ganz und gar Unmenschliches ging von ihm aus, was nicht zuletzt an dem seltsamen Geruch lag, der seinem Körper entströmte.
»Ich will, dass ihr auf den Berg Zion steigt und zu meinem Bruder geht. Nur die Tochter des Boten kann sein Reich betreten.«
David verschränkte die Arme vor der Brust. »Das war unser Plan, sofern uns die Nephilim nicht einholen.«
»Ich weiß«, entgegnete Satan erfreut. »Und das werden sie. Nur mit meiner Hilfe könnt ihr ihnen entkommen.«
Doreé und David sahen einander an. Etwas war faul an der Geschichte. Nur was? Und konnten sie es überhaupt wagen, die Hilfe abzulehnen? David wendete sich wieder Satan zu. »Was ist der Preis?«
Ohne David aus den Augen zu lassen, gab Satan der Hure ein Zeichen, woraufhin sie einen Gegenstand aus ihrem Ausschnitt zog, den sie an einem Band um ihren Hals getragen hatte. Eine zehn Zentimeter lange Schlange aus Gold mit Augen aus funkelnden Smaragden. Auf den ersten Blick nichts als ein Schmuckstück, unbestreitbar wertvoll und wunderschön, doch leblos.
Die Hure löste den Anhänger und legte ihn vor Doreé und David auf den Tisch. Sie wirkte erleichtert.
»Setzt die goldene Schlange in Luzifers Refugium aus. Das ist alles, was ich von euch verlange«, sagte Satan.
Doreé betrachtete das Schmuckstück. Jede einzelne Schuppe war perfekt herausgearbeitet worden. Die Augen funkelten geheimnisvoll und je länger sie die Schlange betrachtete, umso lebendiger erschien sie ihr. Sie verspürte den plötzlichen Impuls, sie zu berühren, und die aberwitzige Hoffnung, dass sie unter ihren Fingern zum Leben erwachen und sich zärtlich um ihre Hand winden würde.
Satan gab einen zufriedenen Laut von sich. »Auf das weibliche Geschlecht hat sie schon immer eine besondere Anziehungskraft ausgeübt.«
Erst da merkte Doreé, dass ihre Finger über dem Anhänger schwebten. Erschrocken zuckte sie zurück. Satan kicherte. Mit dem Zeigefinger fuhr er die Linien des Schlangenleibes nach, woraufhin ein Beben über die Schuppen glitt, als würde sich die Schlange wohlig räkeln.
»Was passiert, wenn wir tun, was Ihr verlangt?«, fragte David.
Satan winkte ab. »Das soll nicht eure Sorge sein. Tut es oder ergebt euch Gäaps Zorn. Es ist eure Entscheidung.«
Wie auf Kommando begannen die Höllenhunde zu knurren und gierig die Schnauzen durch die Gitterstäbe zu pressen. Zugleich wurde die Mauer zu ihrer Rechten durchscheinend, wie ein Fenster aus Glasbausteinen, und gab einen verschwommenen Blick auf den Blutfluss und die Brücke frei. Drei riesenhafte Gestalten standen am Ufer, zusammen mit dem geflügelten Hengst. Gäap und die Nephilim.
»Sie warten auf euch«, sagte Satan kalt.
Doreé kannte Luzifer nicht, wusste nicht, ob er ihnen wirklich helfen konnte, und sie hatte keine Ahnung, was diese Schlange anrichten würde. Was sie erwartete, wenn sie Gäap in die Hände fiel, war dagegen nur allzu klar und das wollte sie definitiv nicht.
»Einverstanden. Wir tun es«, stimmte sie zu.
Aus den Augenwinkeln
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