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ESCORTER (German Edition)

ESCORTER (German Edition)

Titel: ESCORTER (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Ophelia blickte auf. Die Augen rot unterlaufen. Ihre Pupillen waren geweitet, füllten fast die gesamte Iris aus, was ihr ein gruseliges und übernatürliches Aussehen verlieh. Ungewöhnlich schnell und geschmeidig richtete sie sich auf, spähte in den dunklen Flur hinaus. »Dorii?«
    Wie gebannt starrte Doreé auf die Brüste der alten Frau, die auf einem faltigen, mit braunen Flecken übersäten Bauch hingen. Um die nach unten gerichteten Brustwarzen schlängelten sich dunkle Linien. Tätowierungen. Zwischen den dürren Beinen hätte man einen Fußball hindurch schießen können, so gekrümmt waren sie. Angewidert wandte Doreé sich ab, hechtete in ihr Zimmer und warf die Tür zu. Mit zitternden Händen drehte sie den Schlüssel im Schloss und schob noch schnell den Sessel davor. Sicher war sicher. Dann kauerte sie sich an das Kopfende des Bettes und starrte auf die Tür. Ihr keuchender Atem hallte durch die Stille. Hatte Ophelia den Verstand verloren? Und wenn ja, würde sie kommen, um sie zu holen?
    Schlurfende Schritte näherten sich, stoppten direkt vor ihrer Tür. »Doriie«, rief Ophelia. »Mach auf.«
    »Nein«, rief Doreé. »Lass mich in Ruhe. Verschwinde!«
    Ein gequälter Laut drang zu ihr hinein, halb Wimmern, halb Schrei. »Doriie, tu das nich. Lass mich erkläre.«
    »Ich meine es ernst, Ophelia, verschwinde aus diesem Haus, sonst rufe ich die Polizei.«
    Dass sie ihr Handy in ihrer Tasche vergessen hatte und diese unten im Flur lag, brauchte Ophelia ja nicht zu wissen.
    »Nich Doriie, bittee«, flehte Ophelia.
    Doreé blinzelte die Tränen fort und versuchte, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen. »Hau ab! Geh! Verschwinde!«
    Hektisch sah sie sich im Zimmer um. Zwischen dem Unrat musste doch irgendwo ein Messer oder eine Schere zu finden sein, die sie notfalls als Waffe einsetzen konnte, denn sie bezweifelte, dass sich die Haushälterin von ihren Befehlen beeindrucken ließ.
    »Doriie, bittee«, flehte Ophelia. Es klang leise, ein Wispern nur. Und es entfernte sich.
    Doreé stand auf und begann, hektisch in ihren Sachen zu wühlen. Auf einem Teller neben einem Apfelgrips fand sie ein Küchenmesser. Es war klein, aber scharf und besser als nichts. Zaghaft schlich sie zur Tür, kniete sich auf den Sessel und lauschte. Stille. Ihre Kopfhaut kribbelte vor Anspannung und in ihren Ohren rauschte das Blut. Horrorfilme mit verrückten Axtmördern fielen ihr ein und sie rückte vorsichtshalber von der Tür ab, um nicht versehentlich den Schädel gespalten zu bekommen.
    Die Stille hielt an. Nervös krampfte sich ihre Hand um das Messer. Sie überlegte, ob sie hinausgehen sollte, konnte sich aber nicht dazu überwinden. Sicher würde Ophelia neben der Tür lauern, geduldig wartend, wie es nur Verrückte konnten. Warten, bis sie ihr Zimmer verließ, um ihr dann ein Messer ins Herz zu rammen. Vielleicht hatte Ophelia ihre Mutter getötet. Aber nein, das konnte nicht sein. Niemand liebte diese Frau so sehr wie Ophelia, oder? Die Vorstellung von der blutüberströmten Leiche ihrer Mutter versetzte ihr einen Schock, der sich alsbald zu einer Panik ausweitete. Plötzlich war sie ganz sicher, dass ihre Mutter tot war. Sie brauchte Hilfe, musste versuchen, jemanden auf sich aufmerksam zu machen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie sich dazu überwinden konnte, zum Fenster zu schleichen und es zu öffnen. Vorsichtig spähte sie hinaus. Vor der Haustür stand die nackte Ophelia und starrte zu ihr hinauf. Als sie Doreé erblickte, rief sie etwas und fuchtelte mit den Armen.
    »Scheiße, verflucht.« Erschrocken zuckte Doreé zurück. Was sollte sie tun? Nach unten rennen und versuchen, ihr Handy zu holen? Nein, Ophelia würde es hören und ihr ganz sicher den Weg abschneiden. Stundenlang kniete sie auf ihrem Bett und behielt abwechselnd die Haustür und die Zimmertür im Auge. Die Vernunft sagte ihr, dass sie sich aus dem Fenster beugen und um Hilfe schreien sollte, doch aus irgendeinem Grund brachte sie das nicht über sich. Ophelia rührte sich nicht von der Stelle. Irgendwann kroch ein fahler Morgen am Horizont herauf. Wie lange sollte sie noch in ihrem Zimmer ausharren? Stunden? Tage?
    Sie tapste ins Bad und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Ein Blick in den Spiegel zeigte ihr, wie blass und zerzaust sie aussah, die Augen rot vor Erschöpfung. Aus irgendeinem Grund dachte sie an David. Sollte sie ihn anrufen und um Hilfe bitten? Sie war verängstigt und fühlte sich schrecklich allein und wünschte sich nichts

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