Esel
Karin.
»Habt ihr Wasser?«
Ich hätte mir denken können, dass ein so eisenharter Mann wie Daniel keinen Wein trinkt.
»Klar, mit Kohlensäure oder ohne?«
»Mit, wenn ihr habt, wenn nicht, auch nicht schlimm.«
»Björn, holst du uns Wasser?«
»Das ist im Keller.«
»Ich weiß.«
Dass sie es wusste, hieß natürlich nicht, dass sie es auch holen musste. Sie wusste es, und ich musste gehen. Diese Art der Aufgabenteilung hat sich bei uns bis heute gehalten.
Während ich im Keller das Wasser für Mister Superboy holte, wurde mit Sicherheit ausgiebig über mich gelästert. Bei jeder Treppenstufe malte ich mir das Thema aus, das die beiden da oben ausgiebig diskutierten. Ohne mich, dafür über mich. Ich musste die Flasche schütteln, das war ich mir schuldig.
Daniel hatte in letzter Zeit natürlich wieder wahnsinnig viel erlebt und genauso natürlich wie selbstverständlich nichts davon vergessen.
»Mit einem Motorrad bis Barcelona, das ist schon ein Ritt, oder?« Karins Begeisterung war offensichtlich, ihre schwärmende Bewunderung fast peinlich.
»So weit ist es nun auch wieder nicht«, bemerkte ich, süffisant auf die Wasserflasche zeigend.
»Ich glaub’ nicht, dass du das schaffen würdest, Björn.«
»Nee, bestimmt nicht, ich habe ja auch kein Motorrad. Mal ganz abgesehen davon …
Du
findest ja auch Motorradfahrer prollig, Karin, stimmt’s?«
»Echt?«, wollte Daniel wissen.
»Nicht alle«, verteidigte sich Karin blitzschnell.
»Du hast gesagt,
alle
. Als ich mal kurzfristig mit dem Gedanken spielte, mir eins anzuschaffen, hast du gesagt …«
»Björn, bei dir ist das doch was anderes.«
»Du wolltest mal Motorrad fahren?«, fragte Daniel.
Er fragte es, als wäre es so unvorstellbar wie dressierte Silberfische im Badezimmer.
»Ja, warum nicht?«
»Er hat es aber nicht gemacht«, fügte Karin unnötigerweise hinzu.
»Weil du was dagegen hattest, mein Schatz.«
›Schatz‹ war einer zu viel, das wusste ich. Karin bestätigte es mit einem rasanten Augenblitz in meine Richtung.
Ich hatte einen Treffer gelandet und einen kassiert.
Ein Ende war nicht in Sicht, im Gegenteil.
»Kann ich mir bei dir gar nicht vorstellen, du bist doch cool drauf.«
»Natürlich, es ging mehr um Kohle und so, wir haben ja ein Auto und dann noch ein Motorrad …«
»Versicherung, oder wie? Ey, das kostet fast nix.«
»Echt?«, fragte ich, betont ungläubig, obwohl ich genau wusste, wie günstig eine Motorradversicherung ist, wenn man nicht gerade zu den Fahranfängern gehört.
»Ich zahl’ gerade mal ’n Hunni im Jahr.«
»Hab’ ich ihr auch gesagt, aber …«
»Ja, Björn, das hast du gesagt, aber du und ein Motorrad, ich weiß nicht.«
»Hast recht, Karin, das ist lächerlich. Und was hast du noch mal gesagt, je größer das Motorrad, desto kleiner das Hirn.«
Daniel schenkte Karin einen Blick, um sie zu einem Dementi aufzufordern. Er bekam es nicht. Sie konnte nicht leugnen, diesen Satz gesagt zu haben, genauso.
Pech! Pech! Pech!
»Lustig, oder? Als ob es da eine Korrelation gäbe, zwischen Kubik und Hirn. Was fährst du denn für eine?«
»’ne Tausender Ducati!«
»Ah, eine Tausender … hui …«
Ich schlug mir lachend auf die Schenkel. Daniel lächelte höflich mit. Karin schwieg.
»Wasser?« Ich hielt ihm die Flasche hin.
»Jetzt krieg dich mal wieder ein, Björn, so lustig ist das nun auch wieder nicht«, kommentierte der einzige Mensch, der darüber noch nicht mal lächeln konnte. Karin saß im Fettnäpfchen, das sie sich selber hingestellt hatte.
Ich
hatte sie nur hineingeschubst.
»Ach, schon okay. Ich habe ein Prädikatsexamen in der Tasche. Zwei Angebote von Unis, und anscheinend bilden die tausend Kubik bei mir eine Ausnahme. Hirnmäßig. Mal abgesehen davon, ist es manchmal auch gar nicht so verkehrt, das Köpfchen kurzfristig auszuschalten.«
»Absolut«, pflichtete Karin ihm bei.
»Spaß muss auch sein, was, Peter?«
»Ich heiße Björn.«
»O, tut mir leid, Peter hieß dein Vorgänger, oder?«
»Nein, der hieß Lutz.«
»Nee, Lutz war –«
»Das ist doch egal«, schob Karin ein.
Daniel schien sich bestens auszukennen in der Beziehungsbiographie meiner Frau.
»Wenn du willst, kannst du meine Karre fahren, Björn.«
»Gerne«, heuchelte ich.
»Vielleicht kannst du ja Karin auch davon überzeugen, wie geil das ist.«
Karin sagte nichts mehr.
»Auch?«, fragte ich.
»Ja, ich muss sie nicht mehr überzeugen.«
Karin rutschte nun etwas angespannt auf
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