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Esel

Esel

Titel: Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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Sex.«
    »Einfach so.«
    »Nö, nur wenn wir Lust haben.«
    »Ich meine, einfach so, ohne Liebe.«
    »Sex und Liebe ist wie Kaffee mit Sahne, passt beides zusammen, muss aber nicht.«
    »Verstehe.«
    »Warum wolltest du das mit dem Sex wissen?«
    »Nur so.«
    »Keiner fragt nur so.«
    »Ich schon.«
    »Von mir aus. Willst du auch wissen, ob wir getrennte Schlafzimmer haben?«
    Exakt das wollte ich ihn gerade fragen. »Nein, Blödsinn, das ist eure Sache. Warum soll ich das wissen«, heuchle ich.
    »Kannst du ruhig wissen, wir haben keine getrennten Schlafzimmer. Gundula kann besser schlafen, wenn ich neben ihr liege.«
    »Verstehe.« Das hätte auch Karin sagen können. »Steffen, kann ich dich noch was fragen?«
    »Klar, hau rein.«
    »Wie kann man einen Menschen heiraten, den man nicht liebt?«, frage ich, weil ich es wirklich nicht weiß.
    »Wenn man mit ihm zusammen sein möchte«, antwortet er so selbstverständlich, als gäbe es keine natürlichere Antwort als diese.
    »Aber dazu muss man doch nicht heiraten?«
    »Man muss auch nicht heiraten, nur weil man sich liebt«, entgegnet Steffen. Entwaffnend, verblüffend und überzeugend. Die klassischen Argumente von wegen Versorgung, Steuerklasse und Ähnliches lasse ich mal lieber weg. Mit einem Bier in der Hand und einem Naturphilosophen neben sich spielen solche Dinge keine Rolle.
    Ich habe genug gehört. Jetzt will ich nur noch mein Bier austrinken und dann in den Stall gehen. Friedhelm wartet bestimmt schon auf mich. Und wenn nicht, wäre es toll, wenn er wenigstens so tun würde.
    MAILVERKEHR
    Liebe Karin,
    Ich bin nun auf dem Weg nach Pinzow, das liegt nicht mehr weit von der polnischen Grenze entfernt, soll aber sehr schön sein. Was heißt ABER  – IST bestimmt sehr schön. Du wunderst dich wahrscheinlich, dass ich schon so früh auf den Beinen bin, aber ich bin voller Energie. Friedhelm und ich rasten gerade an einer Wiese, die so grün ist wie in einer Reklame
für irische Butter. Wir sind fast schon so was wie Freunde geworden, verrückt, oder? Das Beste an ihm ist, er gibt keine Widerworte, und er ist gar nicht so störrisch, wie das Klischee es vorsieht. Im Gegenteil, dazu später mehr.
    Und was machst du so?
     
    Dein
     
    Björn
     
    Gesendet vom Handy – 7:02 Uhr
    • • •
    Lieber Björn,
    tja, da wunderst du dich, ich bin auch schon wach, war gestern früh im Bett. Stell dir vor, habe gestern alte Fotos von uns gesehen. Schön war das.
    Wenn du Lust hast, ruf mal an. Ich will »euch« nicht stören.
    Schönen Gruß an deinen neuen Freund Friedhelm, unbekannterweise.
     
    Karin
     
    Gesendet vom Handy – 7:09 Uhr

38. Pinzow, Kepplers Flug und Marvin der Indianer
    Friedhelm grast, und ich beobachte ihn dabei, während ich überlege, Karin anzurufen. Sie hat mich schließlich ausdrücklich darum gebeten. Es steht hier immer noch auf dem Display. Die erste Mail von ihr, die so persönlich ist, dass ich wieder das Gefühl habe, verheiratet zu sein. Kein Daniel, kein Ich-hab-keine-Zeit-Gehetze, sogar »Lieber Björn« steht da. LIEBER !
    »Ich soll dich von meiner Frau grüßen«, rufe ich Friedhelm zu, der tatsächlich kurz den Kopf hebt, als wolle er mir sagen: Grüße zurück.
    »Was meinst du, soll ich sie anrufen?«
    Friedhelm schaut mich an.
    »Lust hätte ich.«
    Sein Kopf bewegt sich nicht.
    »Und sie ist wach.«
    Als wäre das ein Kriterium.
    »Du bist mir vielleicht eine Hilfe.«
    Jetzt kommt Friedhelm auf mich zu. Es wirkt, als würde er die Nähe zu mir suchen, weil das, was er mir zu sagen hat, nicht jeden hier etwas angeht. Dabei sind wir hier weit und breit allein. Bilde ich mir das ein, oder guckt Friedhelm jetzt komisch? Geht er normal auf mich zu oder energisch? Friedlich oder aggressiv? Bis ich das nicht mit Sicherheit sagen kann, sollte ich kein Risiko eingehen.
    »Friedhelm, mach keinen Scheiß!«
    Friedhelm kommt noch näher. Und nun bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher, was das zu bedeuten hat. Gleich ist er bei mir, und dann sollte ich es wissen.
    »Friedhelm.«
    Jetzt legt er die Ohren an. Kein gutes Zeichen, gar kein gutes Zeichen. Das weiß ich.
    »Friedhelm!«
    Ich halte ihm die ausgestreckte Hand entgegen, als könne man einen ausgewachsenen Esel damit aufhalten. Für einen kurzen Moment flammt die Erinnerung an etwas auf, an das ich mich eigentlich nicht mehr erinnern wollte – Tunica Albuginea, das wenig angenehme Treffen mit Dr. Nachtigall und ganz viel Kühlung.
    »Friedhelm!!!«
    Er bleibt stehen, dicht

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