Eselsmilch
konnte.
Der
Angreifer jaulte auf.
Fannis
Kiefermuskulatur erschlaffte. Gleich würde sie den Finger oder was auch immer
sie da mit den Zähnen gepackt hielt, loslassen müssen.
Da
hörte sie ein Geräusch, als würde eine geballte Faust gegen eine Ziegelwand
geschlagen.
Der
Angreifer wurde zurückgeschleudert, sein mutmaßlicher Fingerknöchel entglitt
Fannis Zähnen.
Und
dann war Sprudel auf den Beinen. Eilig half er Fanni auf.
»Schnell
weg hier«, keuchte er.
Sie
versuchten, sich gegenseitig zu stützen, als sie, so rasch sie konnten, auf die
Sicherheit versprechenden Lichter der Mohammed V zuhumpelten.
Atemlos
bogen sie um die Ecke, brachen in die Lobby des Agalan und liefen dort Hubert
Seeger in die Arme.
»Wie
schaut ihr zwei denn aus?«, rief er. »Als ob ihr unter die Räder …«
Verlegen hielt er inne. Anscheinend hatte es der Alkohol, den er beim Essen und
vermutlich auch danach noch getrunken hatte, nicht geschafft, aus seinem
Bewusstsein zu verdrängen, was am Morgen geschehen war.
Hastig
sprach er weiter. »Ich glaube, ihr braucht jetzt dringend was für die Nerven.«
Er drängte sich zwischen sie und legte Fanni den Arm um die Schultern, was sie
aufstöhnen ließ; dann packte er Sprudel am Ellbogen und schob sie beide in
Richtung Bar. Dort nötigte er sie auf ein halbrund geschwungenes Sofa.
Fanni
hatte mit dem ersten Glas Cognac ihre Zähne gründlich durchgespült und die
Flüssigkeit dann nur widerwillig hinuntergewürgt.
Den
zweiten doppelten Cognac hatte sie langsam in kleinen Schlucken getrunken und
Sprudel das Erzählen überlassen.
Fanni
hatte mit keiner Silbe protestiert, als Dora sich mit der gebieterischen
Ankündigung zur Tür gewandt hatte, sie werde auf der Stelle das Mobilat, das
Voltaren und den Franzbranntwein aus ihrer Reiseapotheke holen. Fanni und
Sprudel müssten sich vor dem Zubettgehen nur gründlich damit einreiben, dann
würde das schon wieder werden.
Fanni
legte den Kopf auf die dick gepolsterte Lehne und dachte verwirrt: Womit
einreiben? Mit dem einen oder mit dem andern? Mit allen drei Mitteln auf
einmal?
Vorerst
wollte sie nichts anderes als heiß duschen. Und dann würde man sehen. Hatte sie
in ihrer eigenen Reiseapotheke nicht Traumeel-Salbe gegen Zerrungen? Sie
schloss die Augen.
»Einer
von diesen Beraber-Banditen wollte euch also ausrauben«, hörte sie Hubert
sagen, worauf Sprudel antwortete: »Was hätte er wohl sonst für einen Grund
gehabt, uns zu überfallen?«
Erschöpft
sagte sich Fanni, dass sie darüber nachdenken müsse – morgen.
Nur
mit Mühe gelang es ihr, die Augen zu öffnen, als Dora zurückkam und anfing, ihr
Ratschläge für die medizinische Behandlung zu erteilen. Fanni nickte jedes Mal
dann, wenn Dora Atem holte; zum einen, weil sie den Anweisungen nicht recht
folgen konnte, zum andern, weil sie damit zu bemänteln hoffte, dass es ihr
nicht gelang, Dora zu fokussieren.
Ihr
Blick haftete eine Weile an der blank polierten Tischplatte, schlich müde
weiter und saugte sich an einer bunten Teppichecke fest. Nach einiger Zeit hob
er sich ein Stückchen, fand – hinter einer eingetopften Palme am anderen
Ende der Bar – die Unterkanten einer etwas versteckten Sitzgruppe und
blieb dort an einem glänzenden brombeerfarbenen Hosenbein hängen.
Während
Dora sagte: »Und den Franzbranntwein tropfst du auf ein Taschentuch, und das
bindest du dir über Nacht ums Handgelenk«, wanderte Fannis Blick langsam an dem
Hosenbein hoch, registrierte zwei ineinander verschränkte Hände, wanderte
weiter und verhielt wie ertappt, als er ein bekanntes Gesicht identifizierte.
Gisela!
Gisela.
Fanni blinzelte nervös in dem Bestreben, sich auf das Bild zu konzentrieren,
das ihre Augen so unverhofft entdeckt hatten.
Plötzlich
gehorchte ihr der Blick wieder. Er präsentierte ihr Gisela und Bernd auf einer
Couch hinter jener Palme – derart gründlich miteinander verschlungen, dass
Giselas Kopf auf der Schulter des Schwachstellenanalytikers zu liegen gekommen
war.
Sie
muss besoffen sein! Weitaus besoffener als Hubert Seeger!
Ja,
dachte Fanni. Und es ist ihr nicht zu verdenken, wenn sie wenigstens für ein
paar Stunden vergessen will …
Fanni
registrierte, dass Gisela und Bernd ganz allein vor einem niedrigen Tisch
saßen, um den noch eine zweite Couch und vier Sessel gruppiert waren.
Sind
denn alle anderen schon zu Bett gegangen?
An
seine Obliegenheit erinnert, glitt Fannis Blick folgsam durch den Raum und
entdeckte die Brügges auf
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