Eselsmilch
ziemlich sicher sein.«
Er sah Fanni besorgt an. »Der Angreifer, den ich nur als Schemen erkennen konnte,
hatte dieses Metallteil in der erhobenen Hand, bereit, auf der Stelle
zuzuschlagen, sobald dein Kopf ungeschützt gewesen wäre. Ich konnte ihn nur
außer Gefecht setzen, weil seine andere Hand plötzlich irgendwo eingeklemmt
war. Ich frage mich immer noch …«
Er
unterbrach sich, weil von Fanni ein leises Lachen kam. »Ich hatte mich daran
festgebissen.«
Als
Fanni und Sprudel im Frühstücksraum erschienen, hatte Hubert Seeger bereits
dafür gesorgt, dass sämtliche Reisegefährten von dem Überfall wussten.
Elke
Knorr fing die beiden ab und lotste sie an einen Tisch an der Wand. »Wie geht
es euch?«
»Wir
haben das Abenteuer ganz gut überstanden«, antwortete Sprudel und wandte sich
mit seiner leeren Tasse in der Hand der Theke zu, auf der die Kaffeekannen
standen.
Doch
Elke hielt ihn zurück. »Wollt ihr Anzeige erstatten?«
Fanni
und Sprudel verneinten unisono.
»Es
würde sowieso nichts nützen«, sagte Elke. »Eure Anzeige würde vermutlich in den
Papierkorb wandern, sobald ihr die Polizeistation verlassen hättet.«
»Eben«,
stimmte ihr Sprudel zu und schaute begehrlich auf die Kaffeekannen. »Es würde
den Aufwand nicht lohnen.«
»Wo
genau hat sich der Überfall denn zugetragen?«, fragte Elke.
Sprudel
stellte – verhalten seufzend – seine noch immer leere Tasse auf den
Tisch zurück und beschrieb ihr die Stelle minutiös. Aber als Elke dann wissen
wollte, wie der Kampf exakt vonstatten gegangen war, fiel seine Replik vage
aus.
Während
die Reiseleiterin noch ein paarmal recht erfolglos nachhakte, schenkte Fanni
für sich und Sprudel am Tresen Kaffee ein. Sie goss beide Tassen zur Hälfte
voll und füllte mit heißer Milch auf.
Hubert,
der hinzukam und sich ebenfalls bei den Kannen bedienen wollte, lachte. »Du
glaubst wohl auch, da ist Eselsmilch drin. Gisela jedenfalls scheint es zu
glauben. Sie hat gleich drei Gläser davon getrunken, nachdem Bernd verkündet
hatte, Kleopatra, die Schönste der Schönen, hätte schon vor zweitausend Jahren
ihren Teint mit Eselsmilch aufpoliert.«
Fanni
schloss für eine Sekunde die Augen und atmete durch. Hubert ging ihr auf die
Nerven. Wieso musste er einem nur ständig mit irgendwelchen Albernheiten
kommen?
»Sprudel
und ich trinken unseren Kaffee immer halb halb«, sagte sie kurz angebunden.
»NusNus
heißt das hier im Beraber-Land«, berichtigte sie Hubert zwinkernd.
Fanni
hatte die Tassen auf Untertellern abgestellt und wollte damit soeben an ihren
Tisch gehen, da legte ihr Hubert die Hand auf den Arm. »Ich habe mich heute
schon vor dem Frühstück am Tatort umgesehen.«
Tatort!
Argwöhnte Hubert etwa auch, dass mehr hinter dem Überfall stecken könnte, als
ein kleiner Ganove, der es auf ihr Portemonnaie …
Bevor
Fanni den Gedanken zu Ende bringen konnte, fuhr er fort: »Ich bin in dieser
Verbindungsgasse zwischen Mohammed V und der Parallelstraße gewesen. Der
Durchlass, den ihr mir gestern Abend beschrieben habt, führt durch einen
Torbogen in einen Hinterhof, wo heute Morgen Handwerker zugange waren. Gerümpel,
das man zum Zuschlagen benutzen kann, liegt dort genug herum, Eisenrohre,
zerbrochene Ziegel, kaputtes Werkzeug.« Hubert grinste. »Die Beraber-Maurer …«
Fanni
unterdrückte ein Aufstöhnen. Konnte dieser Clown seine Mätzchen nicht
wenigstens dann sein lassen, wenn er etwas Ernstes zu erzählen hatte?
»… waren
ganz erfreut über meinen Besuch. Sie haben mir den Anbau gezeigt, den sie da
hochziehen. Ende des Monats soll er fertig sein – inschallah. Die
Unterhaltung mit ihnen hat übrigens bestens funktioniert.« Hubert macht eine
Geste, die wohl ausdrücken sollte, dass er und sein Gegenüber Freunde seien.
»Die Arbeiter haben mich überall herumgeführt, und am Schluss haben sie sich
erkundigt, ob ich gekommen bin, um danach zu suchen.« Er hielt Fanni ein
goldenes Armkettchen unter die Nase. »Sie haben es unter dem Torbogen gefunden,
wo euer Gerangel mit dem Räuber stattgefunden haben muss. Offenbar dachten sie,
ich hätte es verloren und wäre auf der Suche danach. Ehrliche Leute, diese
Handwerker-Beraber.« Er reichte Fanni das Kettchen. »Ich nehme an, es gehört
dir.«
Fanni
schüttelte den Kopf. »Nein, weder Sprudel noch ich haben so was getragen.«
Hubert
machte große Augen. »Dann muss es dem Räuber abgerissen worden sein.«
Fanni
schaute das Kettchen, das jetzt auf ihrer flachen Hand
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