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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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Barhockern am äußersten Rand der Theke. Die schienen
jedoch eben erst gekommen zu sein, denn Otto signalisierte dem Barkeeper, dass
er etwas bestellen wolle.
    Aus
dem Konzept gebracht kehrte Fannis Blick an den eigenen Tisch zurück, als sie
Hubert sagen hörte: »Das kannst du dir sparen. Polizei! Wegen einem läppischen
Überfall lässt doch kein Beraber-Gendarm sein gemütliches Plätzchen hinterm
Schreibtisch im Stich. Euch ist ja nicht mal was gestohlen worden. Und überhaupt,
wie willst du denn beweisen, dass ihr wirklich angegriffen worden seid?«
    Da
hat er wohl recht, der Seeger-Beraber! Und wie stocknüchtern er auf einmal
wirkt!
    Fanni
sah Dora fragend an. »Hatte Hubert einen doppelten Espresso statt eines
Gute-Nacht-Drinks?«
    Dora
lächelte spitzbübisch und klopfte auf die Polsterung des Sofas. »Er hat ein
Nickerchen gehalten, und ich habe mir währenddessen das Angebot des
Souvenirladens angeschaut.«
    Fanni
bemerkte, dass Sprudel gedankenversunken seinen Cognac austrank.
    Der
wird ihm guttun! Bestimmt ist er genauso müde wie du!
    Fanni
schloss wieder die Augen und genoss die wohlige Wärme, die sich in ihr
ausbreitete.
    Vielleicht
haben wir uns alles nur eingebildet, streifte sie ein verheißungsvoller
Gedanke, der sich jedoch nur so lange hielt, bis der Schmerz in Arm und
Schulter sie eines Besseren belehrte. Unwillkürlich begann sie, ihr Handgelenk
zu massieren.
    Fannis
Geste schien Sprudel aufzuschrecken. »Wir sollten nach oben gehen, uns
ausruhen, schlafen legen.«
    Er
wollte das Portemonnaie aus der Gesäßtasche ziehen, doch Hubert hinderte ihn
daran.
    »Die
Medizin geht aufs Haus«, grinste er und klopfte sich an die Brust. »Der
Anführer zahlt die Zeche.«
    Fanni
lehnte sich schwer an Sprudel, als sie sich auf den Weg aus der Bar machten.
Ihr Blick strich kurz über den Platz hinter der Palme, wo sich Gisela
aufgerichtet hatte und gerade einen tiefen Schluck aus einem dickwandigen Glas
nahm, in dem eine bernsteinfarbene Flüssigkeit schwappte.
    Whisky,
dachte Fanni zerstreut.
    Da
wird die liebe Gisela morgen wohl einen zentnerschweren Kopf haben und eine
ganze Tonne Make-up brauchen, um die Spuren ihres ausgewachsenen Katers zu
übertünchen!
    Fanni
und Sprudel hatten soeben das Ende der Bartheke erreicht, die in der Nähe des
Ausgangs einen Knick machte und dann im Neunziggradwinkel bis an eine Querwand
verlief, als Fanni von dort aufgebrachte Stimmen hörte.
    Zwangsläufig
schaute sie hin, benötigte jedoch etliche Augenblicke, bis sie das Paar auf den
hintersten beiden Barhockern erkannte.
    Mein
Gott, Fanni! Wer ist denn nun besoffen? Du hast die Brügges doch schon vor
einer ganzen Weile dort drüben sitzen sehen!
    Wiebke
hatte ihre langen kastanienroten Haare im Nacken straff zusammengebunden,
sodass ihre erzürnte Miene nicht durch die kleinste Strähne bemäntelt war. Auf
Ottos Wangen glühten hektische Flecken, und sein spärlicher Haarkranz war
zerrauft, als wäre er sich mehrmals kreuz und quer mit beiden Händen
durchgefahren.
    Reflexartig
zuckte Fannis Blick auf Ottos Hände. Die Linke hielt ein dickwandiges Glas, wie
es Fanni gerade eben bei Gisela gesehen hatte. Die Rechte lag auf dem Tresen
und war mit einem Taschentuch umwickelt.
    Bevor
Fanni Ottos verbundene Hand eingehender betrachten konnte, hatte Sprudel
bereits die Schwingtür geöffnet und schob sie mit sanftem Druck hinaus.
    In
ihrem Rücken hörte sie Otto Brügges ebenso mühsam wie wenig effektiv gedämpfte
Stimme. »Das wirst du nicht tun! Du wirst doch nicht …« Die Tür schwang
zu.
    Fanni
stöhnte laut auf, als Sprudel Doras Salbe in ihr Handgelenk einmassierte. Ihre
verletzte Schulter und ihren geschundenen Unterarm hatte er bereits damit
behandelt.
    Sprudels
eigene Schulterpartie war mit einem in Franzbranntwein getränkten Handtuch abgedeckt.
Er hatte ein T-Shirt darüber angezogen, damit nichts verrutschen konnte. Auf
seinem Schulterblatt hatte sich dort, wo ihn der Angreifer erwischt hatte, ein
stattliches Hämatom gebildet.
    »Es
war ein Eisentrumm«, sagte Sprudel soeben.
    »Wie
kommst du auf so was?«, fragte Fanni nicht recht bei der Sache. »Es ist doch
stockdunkel gewesen in der Gasse.«
    »Ich
habe es aufblitzen sehen«, antwortete Sprudel. Er hörte auf, Fannis Handgelenk
zu traktieren, und setzte sich neben sie auf die Bettkante. »Außerdem war das
Ding hart wie Stahl. Obwohl mich der Kerl damit nur an der Schulter getroffen
hat, habe ich zuerst Sterne gesehen, und dann ist mir schwarz vor

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