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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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vielen Sternen schlafen können. Eigens für diese Reise und ihren Aufenthalt am Kaspischen Meer hat Eskandar-Agha einen neuen Notizblock gekauft. Auf die erste Seite schreibt er mit seiner breitesten Feder und in seiner schönsten Schrift: Der unvergessliche Sommer des Jahres 1324. Mit der wunderbarsten Frau der Welt.
    Jeden Tag notiert er, was er und seine Sonne erleben und worüber sie sich unterhalten; er beschreibt, wie der Gemüsegarten, den sie angelegt haben, wächst und gedeiht; er macht Fotografien und Skizzen von den Orten, die sie besuchen, und den Menschen, denen sie begegnen.
    Am liebsten mag er die Geschichte von Ahmad-Agha, der in ihrer Hütte auftaucht, sich als Büroleiter im berühmten Hotel Ramssar vorstellt und Eskandar-Agha, weil er die Sprache der Farangi beherrscht, eine Stelle als Diener oder Portier in »meinem Hotel« anbietet.
    Meine Aftab-Khanum ist sicher, er ist ein Spitzel, schreibt Eskandar-Agha. Sie sagt, wer sonst sollte wissen, dass wir aus Teheran stammen, diese Hütte gemietet haben und dass Sie Farangi sprechen?
    Statt sie zu beruhigen, schreibt Eskandar-Agha, erzähle ich ihr, dass die Engelissi iranische Spitzel bezahlen, die sie überall einsetzen, sogar in der kommunistischen Tudeh-Partei, in allen Betrieben und Ministerien und sogar in entlegenen Dörfern und Orten wie diesem. Und ich erzähle ihr, dass die Amrikai sogar eine Art geheime Polizei aufgebaut haben, um ihr Land vor ihren Feinden und allen voran den Kommunisten zu schützen. Die Amrikai haben sogar im Iran eine Station, weil sie verhindern wollen, dass die Russi dem Schah die Konzession für das Erdöl im Norden des Landes abringen.
    Als Eskandar-Agha vorschlägt, der Einladung des Herrn nachzukommen und ihn in »seinem Hotel« zu besuchen, ist Aftab-Khanum trotz ihrer Angst einverstanden, und bereits die Fahrt mit der gemieteten Droschke wird unvergesslich. Die Luft ist frisch und duftet würzig nach Blumen, Kräutern und kräftigen Kiefern, schreibt Eskandar-Agha. Unterwegs halten wir an und kaufen von den Kindern am Straßenrand wilde Beeren und machen halt in einem Teehaus, essen die wunderbarsten in frischer Butter gebratenen Eier mit heißem Fladenbrot und frischen Honig mit Butterrahm dazu.
    Meine Aftab-Khanum findet, man schmeckt die Kraft des gesunden Grases, was die Kühe und Hühner gefressen haben, und sie bestellt gleich zwei weitere gebratene Eier.
    Im Hotel ist bereits in der Einfahrt der Duft von Jasmin, Orangen, Zitronen derart kräftig, dass uns schwindlig davon wird. Es ist ein Duft, der sich auf unsere Kleider und Haare legt und noch Tage bei jeder Bewegung wie ein guter Geist daraus hervorsteigt. Der Garten selber ist voll von Bäumen in allen Größen und Schattierungen, und überall wachsen Blumen in allen Farben und Formen und schmücken die mit weißem Kies belegten Wege. Überall plätschern wohltuend beruhigende Wasserfontänen und werden begleitet von den Schreien exotischer Vögel.
    So stelle ich mir das Paradies vor, schwärmt Aftab-Khanum, lehnt ihren Kopf an die Schulter ihres Eskandar-Agha und lächelt selig.
    Eskandar-Agha macht ein Bild nach dem anderen. Vom prächtigen Eingang des Hotels, dem gläsernen Kuppelbau mit seinen Gewächsen und Blumen; dem Hotel mit seinen weißen Stufen und der großen Empfangshalle, dem riesigen handgeknüpften Perserteppich; den Lüstern, die von der hohen Decke hängen, den vielen Kerzen, prächtigen Sesseln, Tischen; sogar die elegant gekleideten Menschen, die edle Düfte verbreiten, fotografiert Eskandar-Agha.
    Ich komme mir vor wie im Palast eines Königs, flüstert Aftab-Khanum mit geröteten Wangen.
    Eskandar-Agha zwinkert ihr zu: Dann bin ich ja wohl Ihr König.
    Auch wenn Ahmad-Agha, wie sich schnell herausstellt, alles andere als ein Spitzel ist, wird der Besuch bei ihm trotzdem voller Überraschungen. Eskandar-Agha und Aftab-Khanum dürfen ein paar der prächtigen Gästezimmer besichtigen, und als er ihnen die Zimmer für die Angestellten zeigt, sagt er mit ernster Mine, sollten Sie die Stelle tatsächlich antreten, werde ich Ihnen und Ihrer Frau die schönsten und größten zwei Zimmer zur Verfügung stellen; dann winkt er nach einem Diener, flüstert ihm etwas zu und geleitet Eskandar-Agha und Aftab-Khanum auf die große Terrasse des Hotels, wo er ihnen an einem Tisch Tee und Gebäck servieren lässt.
    Sowohl Eskandar-Agha als auch Aftab-Khanum kommen sich zwischen dem vielen Luxus, den livrierten Kellnern, dem Porzellan,

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