Eskandar: Roman (German Edition)
und unser Land. Sie respektieren Mossadegh, sagt Eskandar-Agha, lehnt sich vor und tut konspirativ. Wahrscheinlich ziehen sie hinter den Kulissen längst die Fäden und werden ihn schon bald öffentlich unterstützen, sagt er leise.
Die Amrikai? Unterstützen unseren Premier? Gegen ihre eigenen Verbündeten, die Engelissi?
Khanum, nicht so laut, sagt Eskandar-Agha und guckt, ob die Nachbarn aufmerksam geworden sind. Glauben Sie, was Sie wollen, flüstert er. Sie wissen doch, die große Politik ist schmutzig. Wieder sucht Eskandar-Agha die Fenster nach heimlichen Zuhörern an und macht dabei eine wichtige Miene.
Dieses Mal ist er es, der sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere wirft. Am Morgen verkündet er: Ich werde nicht zur Arbeit gehen.
Doch Aftab-Khanum lässt nicht locker und verlässt selbst erst das Haus, als er sie begleitet. Vor der Schule will Eskandar-Agha gleich weitergehen, als er im Augenwinkel zwei Männer entdeckt, die auf der anderen Straßenseite stehen und zu ihnen herübersehen. Da sind wieder zwei von der Sorte, die mich verprügelt haben, raunt er.
Beruhigen Sie sich, flüstert Aftab-Khanum und lächelt. Die beobachten jeden.
Wollen Sie damit sagen, Sie sehen diese Kerle nicht zum ersten Mal? Statt zu antworten, tut Aftab-Khanum beschäftigt und kramt in ihrem viel zu großen Korb.
Seit wann stehen diese Kerle hier?
Seit, lassen Sie mich überlegen, ich kann mich nicht erinnern, lügt Aftab-Khanum und lacht. Wahrscheinlich schlafen die sogar auf dem Bürgersteig.
Sie verstehen nicht, mit diesen Dingen ist nicht zu spaßen. Diese Männer sind gefährlich. Es sind Spione, bezahlte Schläger und Provokateure wie solche, die mich verprügelt haben.
Sollen sie doch sein, wer sie sein wollen, sagt Aftab-Khanum. Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, mich werden sie in Ruhe lassen.
Aber ich habe mir etwas zuschulden kommen lassen? Eskandar-Agha hat Mühe, sich zu beherrschen.
Diese beiden lungern doch nur herum und langweilen sich, sagt Aftab-Khanum. Mit denen, die Sie geschlagen haben, stehen diese beiden harmlosen Männer sicher nicht in Verbindung.
Khanum, bitte hören Sie auf, die Naive zu spielen.
Was mit Ihnen geschehen ist, tut mir von ganzem Herzen leid, sagt Aftab-Khanum, aber wir müssen doch weiter unser Leben leben. Und hören Sie endlich auf, diese Kerle so anzustarren, damit ziehen Sie nur deren Argwohn auf sich. Gehen Sie bitte, und machen Sie sich keine unnötigen Sorgen. Tun Sie Ihre Arbeit, und bringen Sie auf dem Heimweg zwei frische Ssangack-Brote mit.
Schon gut, flüstert Eskandar-Agha. Sie können mir alles Mögliche vorwerfen, aber nicht, dass ich das Brot jemals vergessen hätte.
Bis auf gestern, Aftab-Khanum lächelt versöhnlich und berührt rasch die Hand ihres Eskandar-Agha. Könnte ich Sie in der Öffentlichkeit küssen, würde ich es jetzt tun, sagt sie und sieht Eskandar-Agha so lange nach, bis er in der nächsten Seitengasse verschwindet. Als sie durchs Tor in die Schule will, fällt ihr auf, dass nur noch einer der Männer auf der anderen Straßenseite steht, und dann sieht sie gerade noch, wie der zweite in dieselbe Gasse einbiegt wie ihr Mann.
Machen Sie sich keine Sorgen, sagt die Schulleiterin, vielleicht haben Sie sich ja auch geirrt. Und selbst wenn er Ihrem Mann gefolgt ist, Sie sagen doch selbst, seine Position beim Premier ist keine besonders hohe. Die Direktorin sieht Aftab-Khanum zweifelnd an. Sind Sie sicher, dass er sich nichts hat zuschulden kommen lassen?
Heutzutage muss man sich nichts zuschulden kommen lassen, murmelt Aftab-Khanum und verschweigt der Direktorin, dass ihr Eskandar-Agha bereits am Vortag von zwei Agenten, Spitzeln oder was immer sonst sie gewesen sind, auf offener Straße angegriffen wurde.
Im Unterricht verliert sie dauernd den Faden, und sie fährt eine Schülerin an, weil die verträumt aus dem Fenster starrt. Aftab-Khanum entschuldigt sich, aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.
Am Abend tut sie etwas, das sie schon seit Langem nicht mehr getan hat. Trotz der kühlen Luft, von der sie sofort Schmerzen in den Gliedern bekommt, und obwohl es früh dunkel wird, stellt sie sich in die Gasse vor die Tür ihres Hofs und wartet ungeduldig auf ihren Eskandar-Agha. Als er eine halben Stunde überfällig ist, sorgt sie sich so sehr, dass sie vor zur Straße geht. Aber so viele Männer bleiben stehen und sehen sie schief an oder machen im Vorübergehen anzügliche Bemerkungen, dass Aftab-Khanum gleich
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