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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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wieder den Rückzug antritt. Sie holt die Öllampe aus dem Zimmer und bittet die Nachbarin, ihren Sohn mit ihr vor an die Straße gehen zu lassen.
    Dem Jungen ist kalt, und er ist müde, trotzdem versucht er, Frau-Aftab Mut zuzusprechen. Mein Vater kommt auch manchmal spät nach Hause, und ich selbst ebenfalls. So ist das Leben, sagt der Junge, zieht den Kopf ein, um sich gegen die Kälte zu schützen.
    Du hast recht, sagt Aftab-Khanum kleinlaut. Du beschämst mich. Und es tut mir leid, dass ich dir deine verdiente Ruhezeit raube.
    Das macht nichts, sagt der Junge. Es macht mich glücklich, wenn ich anderen Menschen helfen kann.
    Du bist ein anständiger Junge, sagt Aftab-Khanum. Wie alt bist du?
    Das weiß ich nicht, Khanum. Vielleicht zwölf oder vierzehn.
    Und welche Arbeit machst du?
    Ich bin der Lehrling des Tischlers am anderen Ende der Gasse.
    Gefällt dir deine Arbeit?
    Das weiß ich nicht, Khanum.
    Bist du in die Schule gegangen?
    Nein, Khanum.
    Warum nicht?
    Das weiß ich nicht, Khanum.
    Weißt du, was eine Schule ist?
    Nein, bitte vergeben Sie mir, Khanum, das weiß ich nicht, sagt der Junge und sieht verlegen zu Boden.
    Das macht nichts, sagt Aftab-Khanum. Das ist keine Schande. Viele Menschen wissen nicht, was eine Schule ist. Sie streicht dem Jungen über den Kopf. Schule ist ein Ort, an dem man lesen und schreiben, rechnen und andere nützliche Dinge lernen kann.
    Bitte vergeben Sie mir, sagt der Junge, von diesen Dingen verstehe ich nichts.
    Kannst du deinen Namen schreiben?
    Nein, Khanum. Bitte vergeben Sie mir, das kann ich nicht, antwortet der Junge schüchtern und mustert Aftab-Khanum aus dem Augenwinkel. Mein Vater sagt, Sie können lesen und schreiben. Stimmt das?
    Ja, antwortet Aftab-Khanum, hebt das Kinn des Jungen an und zwingt ihn, sie direkt anzusehen. Und wenn der gütige Herrgott will und mein Eskandar-Agha wieder zu Hause ist, werde ich auch dir beibringen, deinen Namen zu schreiben.
    Mir, Khanum? Ich bin doch nur ein einfacher Tischlerlehrling. Wie soll einer wie ich jemals schreiben lernen können?
    Zeig mir deine Hände, fordert Aftab-Khanum ihn auf und nimmt die kalten Hände des Jungen in ihre. Du hast wunderschöne, zarte Finger. Welche Arbeit verrichtest du?
    Khanum, ich weiß nicht.
    Sag nicht immer, ich weiß nicht. Natürlich weißt du, welche Arbeit du machst.
    So viel Interesse, so viele Fragen zu beantworten, überhaupt so viel zu sprechen ist der Junge nicht gewohnt, er sieht Aftab-Khanum an, als würde sie eine andere Sprache sprechen. Bitte vergeben Sie mir, Khanum, sagt er und sieht schuldbewusst zu Boden.
    Du bist Lehrling beim Tischler. Das heißt, du sägst Holz und klopfst Nägel ins Holz und du -
    Ich schnitze, fällt der Junge Aftab-Khanum ins Wort, und seine Augen leuchten, weil er nun die Absicht ihrer Frage versteht. Ich mache Khatamkari, Intarsien, mit Gold, Elfenbein und feinstem Holz in Bilderrahmen, Dosen, Kisten, Schatullen, sagt der Nachbarjunge und senkt rasch wieder den Kopf, als würden ihn seine eigene Stimme und die vielen Worte erschrecken.
    Siehst du, sagt Aftab-Khanum, also weißt du, was du machst. Wieder greift sie liebevoll unter das Kinn des Jungen, hebt vorsichtig seinen Kopf, sodass er, zumindest für einen Moment, ihrem Blick nicht ausweichen kann. Für einen wie dich, der all diese schönen und feinen und auch schwierigen Arbeiten verrichtet, sagt sie, ist etwas, wie den eigenen Namen zu schreiben, ein Kinderspiel. Aftab-Khanum lässt das Kinn des Jungen los. Wie heißt du überhaupt?
    Ich, Khanum? Ich heiße Hossein, Sohn des Ali-Agha.
    Hossein, das ist ein schöner Name, sagt Aftab-Khanum. Hossein und Ali, zwei der zwölf heiligen Emame.
    Wieder leuchten die Augen des Jungen. Khanum, das weiß ich, sagt er, ohne diesmal den Kopf zu senken.
    Khanum, was tun Sie hier?, erschreckt Eskandar-Agha seine Frau und den Nachbarjungen. Was tut der Junge hier? Um Gottes willen, ist etwas geschehen?
    Das frage ich Sie, ruft Aftab-Khanum. Wo sind Sie gewesen? Ich bin tausend Tode gestorben.
    Es tut mir leid, meine Liebe, antwortet Eskandar-Agha, nimmt seiner Frau die Öllampe ab und legt ihr, weil es dunkel ist und keiner außer dem Nachbarjungen sie sehen kann, den Arm um die Schultern. Ich habe mir schon gedacht, dass Sie sich sorgen, aber ich wusste keinen Weg, wie ich Ihnen hätte Bescheid geben können, dass es heute länger dauern würde.
    Aftab-Khanum nimmt die kalte Hand von Hossein, schiebt sie in ihre Jackentasche und legt ihren Arm um die

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