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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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einen, der die letzten sieben Jahre geschwiegen hat, sind das eine Menge Worte, sagt Sahra, strahlt glücklich und liest den Brief von Alexander weiter. P. S. Liebste Schwester, Deine Fotografien sind wirklich gut. Kauf Dir eine richtige Kamera, Du könntest gute Filme machen. Und Du, liebste Sahra, bist eine wunderbare Geschichtenerzählerin. Eskandar-Agha ist sicher stolz, Dein Vater zu sein.
    Das bin ich, schreibt Eskandar-Agha ihm zurück. Und die verehrte Roxana-Khanum ist stolz, Deine Mutter zu sein, und sie liebt dich von ganzem Herzen.

Siebzig Jahre, die erste Reise mit dem Flugzeug und endlich ein Held, zumindest in einem Film
     
    Unzählige Ärzte haben Alexander Unmengen von Pillen, Pulvern und Medikamenten verschrieben, von denen er manche genommen hat, andere nicht. Er ist achtundzwanzig Jahre alt, da bekommt seine Krankheit einen Namen: manische Depression.
    Seine Krankheit ist so sehr Teil von ihm, dass alle gelernt haben, damit umzugehen, und ihn in Ruhe lassen. Und manchmal fühlt Alexander sich gut genug und setzt sich sogar zu seiner Familie, auch wenn er die meiste Zeit schweigt und am liebsten nicht angesehen und nicht angesprochen werden will.
    Außer von Sahra. Wenn seine Krankheit von ihm Besitz ergreift und er in seine Schwermut verfällt, ist sie die Einzige, deren Nähe er erträgt.
    Sie versteht mich, ohne dass ich große Worte machen muss, schreibt er. Du bist meine Ohren, meine Augen, und durch dich kann ich mit den Menschen sprechen, sagt er zu ihr.
    Im Sommer sitzen Sahra und Alexander stundenlang auf der Veranda oder irgendwo im Garten nebeneinander, und im Winter hocken sie unter dem Korssi, ohne wirklich miteinander zu sprechen. Trotzdem weiß Sahra anschließend, wie es Alexander geht, was er denkt, wie er sich fühlt und was er sagen würde, falls er spräche. Roxana-Khanum kann es dann kaum erwarten, bis Sahra zu ihr kommt und ihr alles erzählt. Roxana-Khanum stellt tausendundeine Frage und möchte am liebsten alles zweioder dreimal hören.
    Eines Tages sagt Sahra: Alexander hat sich gewünscht, dass Nimtadj und ich zusammen mit meinem Vater zum Fundort der ersten Ölquelle fahren und mit der Super-8-Filmkamera meinen Vater, die Ölraffinerie und alles andere filmen.
    Khanum, ich bin siebzig Jahre alt, protestiert Eskandar-Agha, als Roxana-Khanum sofort mit den Vorbereitungen für die Reise beginnt.
    Es ist ein gutes Zeichen, bittet und bettelt Roxana-Khanum. Wir müssen tun, was er sagt. Das könnte ein erster Schritt sein, mit dem er wieder ins Leben zurückkehrt.
    Khanum, die Reise wird mich umbringen, sagt Eskandar-Agha.
    Dann fliegen Sie eben mit dem Flugzeug nach Abadan, sagt Roxana-Khanum,
    Eskandar-Agha stutzt. Mit dem Flugzeug? Wirklich?
    Ja.
    Das ist natürlich etwas anderes, sagt er. Und noch am selben Nachmittag geht er in den Basar und kauft sich einen kleinen zeitgemäßen Farangi-Reisekoffer für seine Sachen, eine neumodische Sonnenbrille und einen hübschen Farangi-Hut aus Stroh, um seine Glatze gegen die Sonne des Südens zu schützen.
    Inzwischen kennt Eskandar-Agha sich in Abadan und der Gegend um die Raffinerie gar nicht mehr aus, und auch Masdjed Soleiman hat sich so sehr verändert, dass er es nicht wiedererkennt. Vom Dorf ohne Namen ist so wenig übrig, dass die Mädchen Mühe haben, sich vorzustellen, dass es überhaupt existiert haben soll.
    Nachdem sie zu der Stelle gegangen sind, von der Eskandar-Agha glaubt, dort befinden sich die Gräber seiner Mutter und seines Vaters, machen sie ein Picknick mit frischer Wassermelone und saftigem Schafskäse. Danach lässt Eskandar-Agha sich sogar dazu überreden, ein kleines Stück auf den verbotenen Berg zu klettern und sich dabei von Nimtadj filmen zu lassen.
    Kaum wieder zurück in Teheran, lässt Roxana-Khanum den dreien nicht einmal Zeit, ihre Sachen auszupacken. Ihr müsst euch an die Arbeit machen, solange die Eindrücke und Erinnerungen der Reise noch frisch sind, drängt sie, setzt sich zu ihnen und beobachtet sie genau. Damit nichts schiefläuft, wie sie erklärt. Nur kleine Unterbrechungen nur zum Essen und für den Gang zur Toilette gestattet sie.
    Eskandar-Agha notiert minutiös den Verlauf der Reise, er schreibt, was er gesehen, gehört und gesagt hat, und Nimtadj und Sahra sitzen Tag und Nacht vor ihren Filmschnipseln und schneiden und kleben Zelluloidstreifen zusammen.
    Sie nennen ihren Film: Eskandar-Agha und sein Naft, Amrika, größter Importeur – Iran, größter Exporteur der

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