Eskandar: Roman (German Edition)
haben, macht keinen weiteren Versuch und vergisst es schließlich ganz; und wieder sind die einzigen Briefe, die er schreibt, die seiner Kundschaft.
Das Schicksal spielt mit Eskandar-Agha
Ein Fremder taucht im Teehaus auf, setzt sich zu Eskandar und stellt sich als Beamter der Regierung vor, der auf der Durchreise in die Hauptstadt ist.
Du bist längst in einem Alter, in dem du Söhne haben solltest, sagt er. Findest du nicht, dass es an der Zeit ist, eine Frau zu nehmen? Wo kommst du überhaupt her? Wo ist dein Vater? Hast du keine Brüder oder sonst jemanden? Keine Onkel? Keine Verwandten? Keinen Vormund? Der Fremde spricht so laut, dass der Teehausbesitzer und die anderen Gäste ihre Unterhaltungen unterbrechen und aufmerksam zuhören.
Der Besitzer des Teehauses kann es nicht ertragen, dass Eskandar-Agha sich nicht zur Wehr setzt, schwingt sein nicht mehr ganz sauberes Putztuch über die Schulter, stemmt die Arme in die Seiten und warnt den Fremden, er soll seine Zunge hüten. Dieser Mann ist mein Freund, sagt der Teehausbesitzer. Du verletzt das Gastrecht, meine Ehre und die der anderen Männer hier. Glaubst du, ich würde jemanden in meinem Teehaus übernachten und bei mir arbeiten lassen, der einen zweifelhaften Ruf hat?
Am nächsten Tag ist der Fremde verschwunden, seine Fragen und die Zweifel, die er gesät hat, bleiben jedoch zurück. Er ist ein Geheimagent, sagen der Teehausbesitzer und die anderen Männer. Sollte er jemals wieder auftauchen, müssen wir ihn zur Rede stellen oder gleich verprügeln und zum Teufel jagen.
Aber im Grunde hat der Fremde doch auch recht, wenden wieder andere Stammgäste ein. Wir kennen Eskandar-Agha doch gar nicht, weder wissen wir, woher er kommt, noch, was er im Schilde führt. Weder hat er ein richtiges Zuhause noch eine Vergangenheit, und auch um eine richtige Zukunft scheint er sich nicht zu scheren. Wer weiß, sagen die Männer, vielleicht hat er die Geschichten über sich und sein Leben, die Ölquelle, die Farangi, Mirza Kutshek-Khan und all die anderen wie die Märchen, die er uns erzählt, nur erfunden.
Du musst die Männer verstehen, versucht der freundliche Herr-Nossrat ihn zu beruhigen. Wenn es wirklich darauf ankommt, hast du niemanden, der mit seinem Namen und seiner Ehre für dein Tun und Handeln einsteht.
Ich selbst stehe für mein Tun und Handeln ein, sagt Eskandar-Agha. Ich bin ein ehrlicher Mann, der ein einfaches Leben führt, und habe keinerlei Absicht, etwas daran zu ändern. Dann schweigt er, denn er erkennt in den Gesichtern der Männer und seines Freundes, sie haben ihr Vertrauen in ihn verloren.
Versteh doch, sagen sie. Du bist jung und viele von uns haben Töchter im heiratsfähigen Alter, das heißt, wir haben einen Ruf und unsere Ehre zu verlieren.
Du bist doch ein gläubiger Mann und müsstest es am besten wissen. Gott sieht es nicht gern, wenn ein junger Mann ohne Frau bleibt, sagt der Mullah. Es ist nicht gut für den Frieden in der Gemeinschaft und auch nicht für deine Gesundheit. Du könntest in Versuchung geraten, predigt er weiter, und die Macht über deinen Geist und Körper verlieren, die Saifeh anderer Männer begehren und dich am Ende, Allah bewahre, an ihnen vergehen.
Das Blut steigt Eskandar in den Kopf. Angst und Wut vermischen sich. Er beißt die Zähne zusammen, fragt nicht, wie er sich an den Töchtern und Frauen vergreifen könnte, wenn sie eingesperrt und hinter dem Hedjab, den Mauern und Vorhängen ihrer Häuser, im Verborgenen leben.
Nur keinen Streit anfangen, denkt Eskandar-Agha, er weiß, er ist auf die Gunst dieser Männer angewiesen, er arbeitet in ihrer Stadt und ihrem Basar, sie sind seine Kunden, er schläft in ihrem Teehaus, lebt in ihrer Mitte und genießt ihren Schutz. Ihr habt recht, gibt Eskandar-Agha klein bei. Andere Männer in meinem Alter sind längst verheiratet, haben Söhne und Töchter.
Eskandar sieht die Männer einen nach dem anderen an, kommt sich dabei ein wenig vor wie der rothaarige Engelissi-Farangi, der beim geheimen Treffen im Kreis der Djangali sagte: Es wird einer von euch sein, der den Mirza verraten und töten wird.
Was schlagt ihr vor?, fragt Eskandar-Agha. Was immer nötig ist, damit ich euer Vertrauen und eure Gunst nicht verliere, ich werde es tun.
Erleichtert atmet der freundliche Agha-Nossrat auf. Nichts anderes habe ich von dir erwartet, sagt er. Ich wusste, dass du einwilligen wirst, eine Frau zu nehmen.
Eskandar-Agha sagt weder Ja, noch Nein, weder nickt er noch
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