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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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auf Naheliegendes wie Vanilleeis mit Sahne beschränken wollte. Während Thorben sich ungerührt auf die Salate Nummer vier bis sechs stürzte und Sybille den Jugendlichen, die für das Geschirr zuständig waren, ein paar Anweisungen entgegenzischte, kaute Luise nachdenklich an ihrer Unterlippe und überlegte, wie sie ein Büfett zu diesem Thema gestaltet hätte.
    Â»Weiß als Basis. Das ist ja klar. Hatte die Handarbeitsgruppe wohl auch im Kopf«, sagte sie nach einer Weile, wäh
rend sie immer noch gedankenverloren auf die traurigen Salatschüsseln blickte. »Aber weil das allein zu trist wäre, hätte ich Farbtupfer gesetzt. Weihnachtlich. Rot und Grün und ein bisschen Gold. Schließlich habt ihr ja auch den weihnachtlichen Untertitel in der Ankündigung. Ich hätte Kartoffelcremesuppe mit Kräutern gemacht und in weißen Kaffeetassen serviert. Das ist gut für große Gruppen vorzubereiten, und es sieht ein bisschen aus wie Tannenspitzen unterm ersten Schnee. Mit etwas Fantasie würden mit Ziegenkäse gefüllte und überbackene Champignons als Schneebälle durchgehen. Und vielleicht Sushi. Reis ist ja auch weiß. Da wäre symbolisch das Meer mit drin, über das der Weihnachtsmann mit seinem Rentier fliegen muss. Zu Fisch fallen mir außerdem noch hell gebackene Crêpe-Röllchen mit einer Lachs-Meerrettich-Füllung ein. Als Nachtisch Baiser mit, ja, natürlich, Eis. Vielleicht Granatapfel dazu, wegen der Farbe. Das erinnert an rote Christbaumkugeln. Oder Zitronensorbet mit Litschis. Oder Nuss-Sahnetorte mit Adventsgewürzen und darüber noch ein Marzipanüberzug mit einem Hauch von Blattgold.« Sie hob den Blick und sah Thorben und Sybille an, die sie mit offenen Mündern anstarrten. »Okay«, fuhr sie dann kleinlaut fort, »das mit dem Blattgold wäre wohl etwas zu aufwändig. Außerdem nähme dir dann keiner mehr ab, dass du Sponsoren brauchst.«
    Â»Ich bin so eine Idiotin«, sagte Sybille kopfschüttelnd. »Ich hätte dich gleich fragen sollen. Nächstes Mal. Ganz bestimmt. Aber nun muss ich euch allein lassen. Der Geldgeber ruft.« Sie straffte die Schultern, setzte ihr offizielles Lächeln auf und folgte dem Wink ihres Geschäftsführers, der mit einem Herrn in der Ecke stand.
    Â 
    Â»Ich habe für sämtliche Nichten und Neffen selbstgebastelte Ohrringe in Schneeflockenform und Häkel-Eisbären gekauft. Und Natascha hat sich in ein Bild verliebt«, flüsterte Anne kurze Zeit später die Zusammenfassung ihres bisherigen Abends in Luises Ohr. »Bevor sie aber gleich eine halbe Monatsmiete für etwas ausgibt, das ich auf keinen Fall in unserer Wohnung sehen möchte, verschwinden wir besser. Außerdem habe ich böse Vorahnungen.« Sie deutete auf den Chor, der sich im Eingangsbereich der Galerie formierte. »Wir warten in der Bar an der Ecke auf euch«, sagte sie und zog Natascha mit sich auf die Straße.
    Â»Was ist denn mit Anne los?«, fragte Thorben und sah ihnen hinterher.
    Bevor Luise antworten konnte, spürte sie eine Bewegung in ihrer Tasche. Fieberhaft begann sie, nach ihrem Telefon zu suchen. Das Display zeigte einen verpassten Anruf, die Handynummer ihrer Mutter. Luise wurde blass. Ihre Mutter rief sie nur in Ausnahmefällen mobil an und schon gar nicht von ihrem eigenen Handy aus. »O Gott!«, sagte Luise und sah entsetzt zu Thorben. »Es ist bestimmt was Schlimmes passiert. Ich muss unbedingt raus und sie anrufen.«
    Â 
    Â»â€¦ Waaaas? Argentinien? … Aber er kann doch nicht einfach einen Flug für dich buchen, ohne dich vorher zu fragen … Überleg mal, wie alt du bist! … Buenos Aires ist nicht Bad Oeynhausen, Mama. Du wirst in drei Wochen siebzig! … Geburtstagsgeschenk? Überraschung? Ich soll mich mitfreuen? Worüber? Das ist doch eine völlig blöde Idee … Wir wollten alle zusammen feiern. Zu Hause. Familie und Freunde. Das hatten wir so ausgemacht. Warum mischt sich dieser Typ jetzt ein? … Wie? Ich wollte, dass du deinen Ge
burtstag groß zu Hause feierst und nicht du? Was soll das denn jetzt? … Du hast doch zu allem Ja und Amen gesagt … Natürlich kannst du selber entscheiden, was du tust. Ich hoffe nur, du machst dir Gedanken über die Konsequenzen … Dann feiere doch in Argentinien mit deinem Paul! … Ja, ist mir egal.

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