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Esswood House

Esswood House

Titel: Esswood House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Straub
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hervorgekommen sein. Ihr Gesicht war nichts weiter als ein weißer Fleck. Zuerst dachte Standish, auch sie würde diese Sehnsucht empfinden, aber dann sah er die Anspannung in ihrer Haltung und der Position ihrer langen Beinen und begriff, daß sie wütend oder erbost war. Sie wandte sich vom Haus ab und ging am Teich entlang. Einen Augenblick später war sie unterhalb der letzten Terrasse verschwunden.
    Standish lehnte sich nach vorn, bis seine Stirn das Glas berührte. Sie war verschwunden und nahm wahrscheinlich den Weg über die Terrassen herauf zum Haus. Standish sah weiter durch das Fenster, aber die Frau kam nicht wieder zum Vorschein. Er vermutete, daß die aufgebrachte Dame Miss Seneschal sein und der Eindruck von Zorn oder Wut auf ihr hohes Alter zurückzuführen sein mußte.
    Er wandte sich vom Fenster ab und ging zwischen zwei Säulen hindurch, die wie etwas Lebendiges glänzten, unter der verschnörkelten Gewölbedecke hindurch zum ersten Erker.
    Es war ein breiter Alkoven, mehr wie ein abgeschnittener Korridor, und auf beiden Seiten von hohen Bücherregalen gesäumt. Er war ebenfalls von einer Gewölbedecke gekrönt und mit Ananasfrüchten, Kerzen und Schriftrollen aus Stuck verziert, die so regelmäßig wie die Zähne einer Briefmarke aussahen. Weiches, gleichmäßiges Licht erfüllte die Nische und beleuchtete die geschwungenen Rückseiten von braunen, grünen und gelben Kisten aus Leder oder dickem Pappkarton. Jeden dieser Kartons zierte ein einziger goldgeprägter Name; diese Namen auf den breiten Kisten hatten Standish den Eindruck vermittelt, daß die Regale mit ungewöhnlich dicken Büchern bestückt worden waren.
    Standish wußte, das Meiste dessen, was er im Bereich der Bibliothek gesehen hatte, war fast unvorstellbar wertvoll, aber was sich in diesen Kartons befand, das war - wenn man Robert Wall Glauben schenken konnte -ebenso unschätzbar kostbar wie Esswood selbst. Einen Moment verspürte Standish so etwas wie Ehrfurcht.
    Da waren sie, diese Namen in Gold, starr und reglos wie goldene Statuetten vor dem Material, das in den Kartons verborgen harrte. Alles in diesen Kartons lebte, dachte Standish, weil es nicht herausgeholt worden war, damit es an der Luft trocknete und hart wurde: was sich in diesen Kartons verbarg, das blieb frisch und lebendig, weil es geheimgehalten wurde.
    Einen Augenblick sah er Walls schattenhafte Gestalt mit bluttriefendem Gesicht über einen offenen Karton gebeugt.
    Am Ende des dritten Regals auf der rechten Seite des Erkers sah er seinen eigenen Nachnamen auf drei der dicken Aktenkartons aufgeprägt. Er ging zu den mit Standish beschrifteten drei Kartons und berührte den ersten. Dieser bestand, genau wie die anderen, aus starker, altmodischer Pappe von dunkelgrüner Farbe und war so starr wie der Rücken eines in Leder gebundenen Buchs.
    Standish zog den ersten von Isobels Kartons, der so schwer wie eine Kiste voller Blei war, aus dem Regal zu sich her.
    Standish stellte den Karton auf den antiken Tisch in der Mitte der Bibliothek. Er ließ sich feierlich auf den roten und goldenen Stuhl davor sinken, legte die Arme auf die gepolsterten Armlehnen und lehnte sich gegen den hohen gepolsterten Rücken des Stuhls. Er neigte den Kopf und schaute auf. Im zentralen Fresko der Gewölbedecke beugte sich ein strenger, bärtiger, von einem Oval verschnörkelten weißen Stucks umgebener Gott aus einem Wirbelsturm und zeigte mit dem Zeigefinger auf Standish. Standish schluckte. Er beugte sich vor und untersuchte den Karton.
    Standish ließ den Verschluß aufschnappen und öffnete die Kiste mit ihren Scharnieren. Sofort rutschten ein halbes Dutzend Blätter Papier auf den Tisch. Winzige, zierliche, handschriftliche schwarze Buchstaben, die wie Hieroglyphen und auf den ersten Blick unentzifferbar aussahen, bedeckten die Seiten. Sein Herz pochte. Er raffte die herausgefallenen Seiten zusammen, aber seine zitternden Hände ließen eine weitere Kaskade Papier aus der Kiste hervorquellen.
    Die handschriftlichen Seiten enthielten zu gleichen Teilen Gedichte mit zahlreichen Korrekturen und Durchstreichungen und Prosa, entweder Belletristik oder Memoiren. Standish studierte die eng beschriebenen Prosaseiten. Viele Worte und Zeilen waren durchgestrichen worden, jeder Zentimeter des Rands mit Ergänzungen und Umformulierungen vollgekritzelt. Für Standish sah es ganz wie eine Seite aus dem Manuskript eines Romans aus. Am oberen rechten Rand sah er, von hingekritzelten Worten umringt, die

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