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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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musterte die rosa und purpurnen Einhornwebteppiche, die an den Korridorwänden hingen, während ich versuchte, mir vorzustellen, was es wohl auf Gut Uxwutsch geben konnte, das Paps so gut bewachen ließ.
    Rosa … und purpurne … Einhörner?
    Plötzlich wußte ich es.
    Mein Ratespiel endete gerade zur rechten Zeit. Am gegenüberliegenden Ende des Gangs ertönte das Scheppern und Klirren bewaffneter Männer, die die Treppe hochkamen.
    Die beiden Posten nahmen Habachtstellung an, als zwei Gestalten in Umhängen mit Kapuzen die oberste Stufe der Haupttreppe erklommen.
    »Halt!« sagte der ältere Diensthabende. »Gebt die Parole.«
    »Verheirate deinen Sohn, wann du willst; deine Tocher wann du kannst«, antwortete der größere der beiden Männer. Der sehr viel größere, sollte ich wohl sagen. Er war etwa doppelt so groß wie sein Gefährte, aber nur, weil der zweite Bursche winzig genug aussah, um unter einem Tisch hindurchzuspazieren, ohne sich die Frisur zu versauen. So, wie ich Paps kannte, hatte er den wahrscheinlich zum halben Preis angeheuert.
    »Passiere, Freund. Wird auch langsam Zeit, daß ihr kommt.« Der ältere Posten schüttelte ein paar Knoten aus seinem Bein, dann rief er seinem Kameraden zu: »Komm schon, Horst, mal sehen, ob es in der Küche etwas für zwei hungrige Männer gibt.«
    Horst rührte sich nicht vom Fleck. Statt dessen musterte er eindringlich den kleinen Posten. »Bist du nicht ein bißchen sehr …
    klein für diese Branche?« fragte er.
    »Es ist unhöflich, persönliche Bemerkungen zu machen«, erwiderte der winzige Wächter und zeigte ihm die kalte Schulter.
    Doch Horst ließ sich nicht beirren. Immer noch mißtrauisch, sagte er:
    »Ich kann mich gar nicht erinnern, jemanden deiner Größe unten im Wachraum gesehen zu haben. Wie heißt du denn? Wo kommst du her?«

    »Ich bin niemand, an den du dich erinnern könntest«, antwortete der kleine Mann. »Du mußt nämlich wissen, daß ich nicht zur regulären Wachmannschaft von Edelherr Lucius gehöre. Irgend jemand hat sich heute krank gemeldet, da hat er mich auf Zeit angeheuert. Mein Marne ist Milkum, falls dich das wirklich interessieren sollte.«
    Horst hielt beharrlich die Stirn in Falten, aber sein Partner war nicht bereit, ihn bei seinen Ermittlungen zu unterstützen. Dazu hatte der ältere Posten es viel zu eilig, wegzukommen. »Komm schon, komm schon«, drängte er. »Der ist schon in Ordnung. Ich habe ihn schon ein-, zweimal hier gesehen, aber er ist nicht regelmäßig da. Nur ein Springer, genau wie er sagt.« Er klopfte Horst auf den Rücken und schob den jüngeren Mann die große Treppe hinunter.
    »Na endlich«, sagte Milkum. »Ich dachte schon, die gehen nie mehr weg. Na ja, wenn wir aus der Nacht noch etwas machen wollen, sollten wir langsam mal loslegen.« Er öffnete die Tür, die er eigentlich bewachen sollte, und verneigte sich vor seinem Partner. »Dich wird sie als ersten haben wollen. Zieh die Kleider aus.«
    Ich machte einen Satz nach vorn, einen halberstickten Schrei auf den Lippen, als die Tür sich auch schon hinter ihnen schloß. Obwohl Grym den Rücken meines Kittels packte, stemmte ich mich dagegen wie ein angeleinter Hund, der Fleisch gewittert hatte. »Laß mich los!
    Laß mich los!«
    »Boß, du weckst noch das ganze Haus auf«, protestierte Scandal. »Du weckst die ganze Nachbarschaft auf. Du weckst das ganze gottverdammte Königreich auf! Was ist mit Basehart? Was ist mit Zoltan? Was ist mit Mutter Krötenhauch? Was ist mit kusch?«
    »Sollen sie doch alle in Wedwels Demokratischer Hölle schmoren!«
    schrie ich. »Das ist das Zimmer meiner Schwester!« Ich ließ mich unter Gryms Griff erschlaffen und schlüpfte zappelnd aus meinem Kittel. Nackt bis zur Hüfte, raste ich den Gang entlang. Die Tür war nicht versperrt - das war auch besser so, sonst hätte ich mir wahrscheinlich ein paar Knochen bei dem Versuch gebrochen, sie einzuschlagen. Ich riß sie sperrangelweit auf, dann tat ich das gleiche mit den Augen.
    Da war meine süße kleine Schwester, von den Beinen gerissen, in den Armen eines Mannes, gegen den Grym geradezu mickrig aussah.
    Sie trug ein dünnes, durchschimmerndes Tuch, so belastbar wie eine Seifenblase und fast genauso durchsichtig. Auf dem Boden lagen zwei Kapuzenumhänge. Der kleine Milkum hockte auf der Truhe am Fußende von Lucys Bett, baumelte mit den Hacken und lächelte fröhlich dazu.
    »Ach, das ist gut!« krähte er. »Das ist sehr, sehr gut! Und wer soll der hagere Typ da

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