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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Lockenkopf, weshalb Mama ihn auch in ihren Kinderchor gepreßt hatte.
    Er sah so aus, als würde er lieber einen großen Knüppel oder einen Felsbrocken in der Hand halten als einen Blumenkorb.
    Zoltan tätschelte ihm gerade den Kopf und lächelte. Der Bengel lächelte zurück: Er hatte den Charme einer Hyäne, die gerade einer anderen die Kehle durchbeißt. Ich wußte gar nicht, daß Zoltan Kinder mochte. Vielleicht erinnerte ihn dieser Junge aber auch nur an seine Lieblingsdämonen.
    »Percival!« rief Mama. »Percival, du läßt Seine Majestät warten.
    Bitte komm doch zu den anderen, ja, Liebes?«
    Percival knurrte, trabte dann aber heran, um sich inmitten der Kinderschar aufzubauen. Es war ganz erstaunlich: Kaum traf er ein, da hörten die anderen Kinder auf, sich zu zanken, herumzuplärren und zu krähen. Eine ähnliche Wirkung könnte man vielleicht erzielen, wenn man in einen Raum voller Hasen eine große Schlange fallen ließe.
    Alles erstarrte, musterte Percival beunruhigt, bereit, sich zu ducken, Haken zu schlagen oder das Weite zu suchen, sobald er auch nur eine drohende Bewegung machte. Percy jedoch nahm kaltblütig seinen Platz in der vorderen Reihe ein und hielt steif den Blumenkorb vor sich. Er hatte noch immer dieses Hyänenlächeln an sich, das einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Ist das nicht hübsch?« girrte Mama. »So, meine Lieblinge, genau, wie wir es einstudiert haben! Und eins, und zwei, und eins, und zwei
    …«
    Zwanzig mürrische Gesichter richteten sich auf den König. Zwanzig quäkende Stimmen begannen damit, denselben Text in zwanzig verschiedenen Melodien zu singen:

    Willkommen, willkommen, guter König Steffan, Sei auf Uxwutsch du willkommen.
    Willkommen, willkommen, guter König Steffan, Wir heißen dich hier sehr willkommen.
    Willkommen, willkommen, guter König Steffan, So singen wir voll Glück: willkommen.
    Guter König Steffan, sei uns hier willkommen. Mit Blumen heißen wir dich willkommen.

    Dann griffen die Kinder alle in ihre Körbe und holten jedes eine Handvoll schmieriger Tagesaugen und Kuhlippen und Blutolme hervor und warfen damit nach dem König. Ich habe nie begriffen, warum sich jemand willkommen fühlen soll, nur weil man ihn mit toten Pflanzen beschmeißt, aber es gibt ja sowieso eine ganze Menge, was ich nicht begreife.
    So begriff ich zum Beispiel auch nicht, weshalb nicht auch Percival mit seinen Blumen nach dem König warf. Er schien mir doch zu jener Sorte Kinder zu gehören, die sich auf jeden Vorwand stürzen, nur um überhaupt mit irgend etwas um sich zu werfen. Statt dessen stand er abwartend da, den Kopf leicht zur Seite geneigt, ein Auge geschlossen, einen Arm gerade ausgestreckt, den Daumen in die Höhe gereckt.
    Was tat er da nur?
    Ich erfuhr die Antwort, als die Kinder mit der zweiten Strophe von Mutters Lied begannen:

    Willkommen, willkommen, guter König Steffan, Sei auf Uxwittsch du willkommen.
    Willkommen, willkommen, guter König Steffan, Von ganzem Herzen sei willkommen.
    Willkommen, willkommen, ja, sei willkommen, W-I-L-L-K-O-M-M-E-N.
    Guter König Steffan, wir singen dir willkommen. Mit noch mehr Blumen heißen wir dich willkommen.

    Während die Kinder ihre zweite Welle Blüten auf den hilflosen König warfen, schlich sich Mama an mich heran und flüsterte: »Hat dir mein Lied gefallen, mein Lieber?«
    »Sehr, äh, willkommenheißend.«
    »Wußte ich doch, daß es dir gefallen würde.« Mama zeigte ihre Grübchen, dann verschwand sie wieder, als sie sah, daß Percival untätig dastand, während der Rest der Kinder sein Bestes gab, den König unter einem Gebirge aus verwelktem Grünzeug zu begraben.
    »Percival, worauf wartest du denn noch?« fragte sie schnippisch.

    Percival zwinkerte ihr zu. »Auf eine freie Zielbahn, Edelfrau A.«, sagte er und griff in seinen Korb.
    Die Blume sah aus wie jedes andere Tagesauge, nur daß sie so groß war wie eine Männerfaust und im Sonnenlicht funkelte. Percival ergriff sie an den Blüten, schwang den Arm zurück und warf sie mit einer einzigen, geschmeidigen Bewegung. Sie flog hoch empor, über den Rand der Plattform, bahnte sich ihren Weg durch die anderen fliegenden Blüten und traf König Steffan mitten auf der Stirn.
    Der König erhob sich taumelnd, wobei er Scandal fallenließ. »Werte Damen der Gesellschaft zum Erhalt der Voondrabs«, verkündete er, ein starres Lächeln im Gesicht, »ich kann euch gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, heute hier zu sein, weil es nämlich nicht

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