Esther Friesner
herumlief, während von seiner Schwanzspitze Rauch aufstieg. Hätte ich ein Gehirn besessen, ich hätte die Gelegenheit zur Flucht benutzt. Statt dessen packte ich die Dämonenratte mit einer Hand, spuckte auf die Finger der anderen und löschte damit die kokelnde Schwanzspitze des armen Tiers.
Keuchend blieb der Unhold eine ganze Weile in meinen Armen liegen. Ich konnte sein Herz heftig klopfen spüren, während ich ihn festhielt. Kurz darauf kehrte das rumpelnde Geräusch wieder. Diesmal empfand ich es nicht ganz so beunruhigend. Genaugenommen war es eigentlich ganz angenehm.
»Was ist denn mit dir passiert?« fragte ich.
Sein Schnurrbart zuckte. »Was bist du, ein Klugscheißer?
Erst steckst du meinen Schwanz in Brand, du Sohn einer …«
»Ich? Das war ich doch gar nicht.«
»Na klar, gehört eben einfach zu meinen Eigenarten, daß ich immer um diese Jahreszeit in der Gegend rumlaufe und in Flammen ausbreche … He, warte mal.« Die Kreatur blickte nachdenklich drein.
»Ach, herrje, da hau mir doch einer mit dem Besen über die Rübe und nenn mich einen Feudel! Sieht so aus, als wäre ich der größte Blödmann hier in der Gegend! Geschieht mir ganz recht, wenn ich schon vergesse, was du mit den anderen Doofmännern alles veranstaltet hast.«
Er grinste, als er meine Verwirrung bemerkte. »Da drin«, sagte er und zeigte auf die hochaufragenden Mauern von Meister Thengors Palast. »Als sie versucht haben, dich von diesen Neonfrankensteinhänden aufreißen zu lassen wie einen Werbebriefumschlag.«
»Du meinst Meister Gurf und Meister Benidorm? Aber was da passiert ist … das habe ich nicht … nicht absichtlich … ich …«
»Absicht hin, Absicht her«, sagte der Dämon. »Mit Absicht allein schnitzt man sich keine Kerben in die Uzi. Ich bin bestimmt kein Sonntagsprediger, aber ich würde sagen, daß da irgend etwas ist, was für deinen Schutz sorgt. Und damit meine ich keinen Deostift.«
»O Mächtiger«, erwiderte ich. »Von mir aus kannst du der allergrößte Sonntagsprediger sein, der jemals aus irgendeinem furchtbaren Schleimloch hervorgequollen ist, aber sag mir doch bitte eins - wovon redest du da bloß?«
Der Unhold zeigte mir seine spitzen Zähne. »Ja, wahrscheinlich hast du recht!« meinte er. »Ich rede eine Menge wirres Zeug, wie? Und du rast auch nicht gerade rum wie jemand in einer Sitcom-Extrafolge, der glaubt, daß er gerade durchdreht, weil seine Katze angefangen hat mit ihm zu reden. Gehört das hier vielleicht zum Tagesablauf, sich mit Katzen zu unterhalten … ?«
»Katze?« Ich schleuderte die Kreatur von meinem Schoß und wich rückwärts zu den Frohbeerensträuchern zurück.
»Du kannst keine Katze sein!«
»Kann ich nicht, wie?« Der verächtliche Blick des Untiers bohrte sich durch mich hindurch, als sei ich ein Nichts.
»Und weshalb nicht? Du bist mir vielleicht ein dämlicher Truthahn.«
»Katzen sind nicht … Sie tun nicht … Das weiß doch jeder, daß es überhaupt keine Katzen gibt. Katzen sind Fabeltiere!« Ich stammelte förmlich vor Angst. Das war ja noch schlimmer als vorhin, da ich noch geglaubt hatte, es mit einem bloßen Dämon zu tun zu haben.
Denn was Dämonen anging, hatte man mir wenigstens die grundlegendsten Sicherheitsmaßnahmen eingebleut - nie mit ihnen streiten und nichts ohne Anwalt unterschreiben -, doch wie man mit Katzen umzugehen hatte, wußte niemand zu sagen.
»Na ja«, meinte das Wesen in einem bemerkenswert gefaßten Ton,
»und wenn ich keine Katze bin, was dann?«
Darüber dachte ich nach. »Du bist ja nun wirklich aus einem Rattenloch hervorgekommen …«, fing ich an. Das einsetzende Knurren ließ mich diesen Gedankengang schnell verwerfen.
»Dort, wo ich herkomme, pflegen Katzen sich in Rattenlöcher zu begeben, um die Ratten zu töten«, informierte er mich. »Und wenn die Ratten dann tot sind«, dann kommen wir auch wieder aus Rattenlöchern hervor. Schnallst du das?
Leuchtet doch ein, oder?« Ich nickte. Halb an sich selbst gewandt, fügte die Kreatur hinzu: »Was mir allerdings nicht einleuchten will, ist dieses letzte Rattenloch, in das ich mich begeben habe. Irgendwie konnte ich dort nicht mehr wenden und denselben Weg zurücknehmen, den ich gekommen war. Ich frage mich nur, warum … ?«
»Katzen … Katzen töten Ratten?« fragte ich, um ihn abzulenken.
»Ratten, Mäuse, Wühlmäuse, Siebenschläfer, Kakerlaken, Schuhe, Chihuahuas, alle Arten von Ungeziefer«, erwiderte das Tier fröhlich.
»Hör mal, ich habe zwar
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