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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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Performance und Gödel-Theorem kulturpolitisch pikant zu nennende Vorlesungen hielt.
    Und dann ließ er sich auf einmal scheiden. Heiratete seine Assistentin, ein junges, zielstrebiges Mädchen. Sie bekamen Zwillinge. Doch nach kurzer Zeit ließ er sich erneut scheiden, heiratete nun vielleicht die Assistentin seiner Assistentin, die bereits, zufällig, ebenfalls Zwillinge hatte, kurzum, er war etwa dreimal verheiratet, junge Frauen, undurchschaubare Kinderbeziehungen, die Wohnung immer bei der vorherigen Frau, die feine Bibliothek (lauter dreibändige Platons) – nun, mal kam sie mit, mal nicht.
    All das weiß ich nur noch aus zweiter Hand, ich ließ ihn allein (er mich auch). Er blieb sich stets treu, weil er Don Quijote treu blieb. Menard verstand sich selbst, dieser durch und durch geistige Mensch entdeckte in sich den Körper, Sancho Panza, und darin wieder Don Quijote.
    Inzwischen sind dreißig Jahre vergangen, die Diktatur ist zusammengebrochen, wir sind alt geworden; wenn wir nicht aufpassen, treten wir auf ein frisches Enkelkind. Ein ums andere Mal feiern wir die immer runderen Geburtstage unserer Freunde und Freundinnen.
    Nun ist meine Frau an der Reihe. So wie man in älteren Filmen sehen kann, dass aus einer riesigen Geburtstagstorte eine leicht bekleidete Tänzerin heraustritt, sind nun die Chippendales in Mode gekommen, um die Striptease-Tänzer ist ein ganzer Industriezweig entstanden, Internet, Agentur und was nicht noch alles. Meine Frau haben ihre Schwägerinnen damit überrascht. Möchtest du, dass er sehr jung ist? Allzu jung nicht, hörte ich die Stimme meiner Frau. Die nicht mehr jungen intellektuellen Frauen haben ein Lachen, ein ordinäres Gemisch aus Kränkung, Spott, Verkrampftheit, Schamlosigkeit und Macht, das ich nicht gern höre. Meine Frau bereitete einen großen Topf Fruchtbowle zu, ihre Spezialität, eine ungarisierte Variante der Sangría, ein osteuropäischer Mutant – ein schnelles, heimtückisches Getränk. Die Frauen wurden warm, kicherten laut.
    Du wirst heute hier nicht gebraucht, hieß es, das ist nicht der Nachmittag der ironischen Fußnoten. Nach kurzer Verunsicherung war ich dennoch nicht tödlich beleidigt; ich musste das Haus nicht verlassen, in dem mir zugewiesenen inneren Zimmer platzierte ich mich so, dass ich etwas von dem Gaudi sah. Dieses Wort gebrauchten die Frauen, das wird ein Gaudi.
    Die Ankunft des Künstlers begleiteten Applaus und Geschrei. Wie beim Fußball: Vorwärts, Ungarn! Gebt alles! Sie kamen zu zweit, der andere musste der Assistent sein oder eher der Chef, er hatte das Tonband mit, wichtigtuerisch suchte er die Steckdose. Ich las und spähte. Der Tänzer trug einen togaartigen weißen Schleier, beziehungsweise spielte er mit ihm, tanzte gleichsam mit ihm, flirtete, bedeckte und enthüllte sich, sozusagen wie üblich. Kurzgeschnittenes, zitronengelbes Haar, wie das der rumänischen Fußballspieler, eine schwarze Samtmaske mit silbernem Rand, um das Rätsel zu vergrößern. Doch ich erkannte ihn sofort. Sein Körper war nicht alt, aber auch nicht mehr muskulös, athletisch; er schien ausgesprochen beleibt, diese Beleibtheit wurde von der Zeit überdeckt (mehr als von der Maske).
    Mit seinem Tanz umschmeichelte er die Frauen, ließ den Schleier und die Hüften schweben. Er war nicht schlecht. Meine Schwägerinnen kreischten. Ach ja, meine Frau auch. Besonders als Pierre Menard (jetzt wieder Kornél Esti?) den Schleier fallen ließ und in einem Tanga dastand, seine Lenden in Kopfhöhe der Frauen, die alle auf meine Frau blickten, Pierre näherte sich ihr, drehte die Jubilarin gleichsam aus dem »Publikum« heraus, ein Nicken, ein Gleiten, und schon ist nur noch der wackelnde Hintern des nackten Mannes zu sehen, er steht zwischen der Jubilarin und uns.
    Die Nummer war zu Ende. Ich rührte mich nicht, weinte, hastig und leise wie immer. Es war, als hätte ich Don Quijote persönlich gesehen. Ich sah in Pierre, was ich zum ersten Mal auf dem Gang der Universität gesehen hatte: die Freiheit. Nicht seine, eher meine. Dass ich sie habe. Ja, Pierre Menard setzte unerschütterlich, kompromisslos seine hoffnungslose, ernste und lächerliche Arbeit: sein Leben fort. Ich muss mir Pierre Menard als einen glücklichen Menschen vorstellen.
    Meiner Frau missfiel, dass der Mann, der andere, noch vor ihnen seinen Partner bezahlt hatte, dass er das Geld in dessen Hand gezählt hatte und beide dabei gelacht hatten. Dass dies, diese Privatszene, sie nichts mehr

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