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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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denke nicht, es ist nicht nötig, es führt nur zu Missverständnissen, es ist egal, es ändert eh nichts an dem Bild, es hat keinen Sinn, möglicherweise. Offenbar erwog sie ausschließlich vom Bild ausgehend die Frage, der sie auf diese Weise keine Bedeutung zumessen konnte, weil es gar nicht möglich war. Es war eine noch optimalere Antwort (weil sie die Frage gar nicht verstanden hatte), und Esti lachte nicht.
    Willst du nicht malen? Willst du nicht etwas malen?, fragte der Maler plötzlich Esti, der erschrocken zu stammeln anfing und den Kopf schüttelte, nein, nein. Vor ihm geschah Folgendes: Der Maler kam in Schwung, malte ein Bild nach dem anderen. Esti freute sich, als würde ihm etwas Gutes widerfahren. Das Schaffen als solches – aus diesem Anblick zog er schon wieder heitere Weltschlussfolgerungen. Er könnte doch nun endlich den Kinderschuhen entwachsen sein! (Ad notam: Mein großer Fehler ist, dass ich zu gut bin.) Er saß in der Ecke, im Winkel, und sahe, dass es gut war. (Ich mache nur Witze. Übrigens hat das, dieses »sahe«, einmal eine Frau namens Magdi zu mir gesagt. Sie rauchte Pfeife und hatte ein so süßes Lächeln, dass im Garten die Rosen aufblühten, denn es gab da einen Garten und eine Rosenlaube. Sie hat auch noch anderes gesagt.) Von Zeit zu Zeit kam die Malerin herein. Esti begriff plötzlich: Das heißt Künstlerehepaar, dass sie von Zeit zu Zeit hereinkommt (und hinausgeht, logischerweise). Sie kam herein, zeigte verschlossen andächtig auf eines der auf dem Ziegelfußboden liegenden, trocknenden Bilder, dieses, doch sie sagte nicht, dieses.
    Die Bilder der Malerin erheben nicht den Anspruch auf Worte, die des Malers ja.
    Das Malerehepaar beugte sich über die Bilder, murmelte, mal schüttelte es den Kopf, man hätte schon in die Mehrzahl wechseln müssen, zum Teufel mit der formalen Übereinstimmung, jetzt ist es schon egal, dann wieder schnalzte es mit der Zunge, Esti, der sich unterdessen auf Zehenspitzen zwischen sie gestellt hatte, konnte dem nicht folgen. Ihm gefiel jedes Bild, nicht gleichermaßen, aber jedes. Ist es nicht so, mein alter Freund, dass das eine Serie und die Voraussetzung für das bessere Bild das vorhergehende, das weniger bessere ist und jedes Bild jeweils auf den Schultern des anderen steht? Nein, sagte der Maler leidenschaftslos. Sie standen nur noch zu zweit dort. Da geschah etwas Entsetzliches, für Esti kaum Begreifbares, weil er den dahin führenden Weg nicht gesehen hatte: Der Maler beugte sich mit der Leidenschaftslosigkeit der Antwort hinab, nahm das eine Bild, an ihm hatte er am meisten gearbeitet, und zerriss es.
    Ist Entsetzen Handlung?
    Gregor Samsa geriet nicht in eine Identitätskrise, er kletterte zwar mehr an der Decke herum als davor, doch er verfügte auch über mehr Beine, besser Beinchen, als davor, von den Saugnäpfen ganz zu schweigen. Auch Esti kreiste nicht verloren um sein eigenes erschüttertes Zentrum, doch er musste, vielleicht gerade weil er Samsas Geschichte kannte, andere Fragen stellen, über andere Antworten schweigen (und umgekehrt). Wenn etwas hinter uns liegt, können wir nicht so tun, als wären wir mittendrin, ja, davor! – das ist Lüge!, das ist der wahre Verrat der Intellektuellen!, Esti brauste auf. Hatte der Maler oder die Malerin ihn gemalt? Mutatis mutandis: War er ein Reiterstandbild? (Handbewegung.) Die Wege ins Nichts oder die Treppen im Etwas? Der Maler arbeitet aus dem – woraus sonst – Mangel, dieser Mangel ist die ausgeprägteste Figur des Bildes; der Maler wird auch ständig gefragt, warum es auf seinen Bildern keine Menschen gebe, worauf er indigniert antwortet. Auch auf den Bildern der Malerin gibt es keine, aber da fragen wir nicht; interessant. Die Bilder des Malers bewegen sich (erzählen), die Bilder der Malerin sind unbeweglich (monumental, Monumente ihrer selbst). Esti konnte sich nicht für eine an Selbsterkenntnis reiche Landschaft (hier: Landschaftsgemälde) halten, in jedem Fall hätte er ein bisschen Monumentalität bitter nötig gehabt. Monumentalität plus Schubert’sches Dunkel, nicht Helle. Doch vergebens spürte Esti jetzt in sich – mit ein wenig Hilfe – Vermeers Stille, Sisleys reine konzentrierte Metaphysik beziehungsweise die dumpfe Lebendigkeit, den selbstsicheren Reichtum von Lorenzettis Farben, er konnte nur an das Geräusch des zerreißenden Papiers denken.
    Nein, rief Esti, zerreiß es nicht. Der Maler führte ungerührt fort, was er begonnen hatte. Esti stellte

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