Esti (German Edition)
Ob auch der Garten schon toskanisch ist? Oder beginnt das erst unter den Gärten? Ist der Garten der Bakony, wenn er nicht Paris ist? Ständig dieses Was-ist-was, dieses Wie-könnte-ich-dich-nennen … Schließlich ist es eine eindeutigere Sache, ohne ein Wort hereinzukommen, dann ohne ein Wort hinauszugehen, sie kommt aus dem Garten herein, sie geht in den Garten hinaus … der aber zieht und zieht seinen Marderhaarpinsel, panscht im schmutzigen Wasser, wischt, malt neu hin, es ist, wie es ist.
Wie bin ich grundiert? Wie ist die Farbe auf mich aufgetragen?, Esti träumte im Bett vor sich hin. Er sah zur Weckuhr hinüber, die auf dem Kasten tickte. Himmlischer Vater!, dachte er. Obwohl er neuerdings gerne wiederholt, wie sehr er nicht auf seine Beine angewiesen ist, hält er die jetzige Situation, dass sie einfach so nicht da sind, für übertrieben. Andererseits, dass er so auf den Rahmen gespannt ist, tut seinem vom vielen Sitzen geplagten Rücken, Kreuz offensichtlich gut. Der Maler erzählte – als Beispiel dafür, dass auch der Zufall gestaltet, auch der Zufall arbeitet und man mit ihm arbeiten muss –, dass auf einmal, vielleicht noch unter den Kommunisten, die Gesso genannte Grundiermasse verschwunden war, seine Lieblingsgrundierung, er machte nicht lange Sperenzien, von da an musste er die Farben – selbstverständlich – anders auftragen, das anfangs falsche Auftragen jedoch ergab allerlei neue interessante und wichtige Farb- und Formverhältnisse, mit einem Wort, man kann alles wissen, nur das Wesentliche nicht.
Esti hatte eine lange Zeit, um ungestört zu überlegen, wie er sein Leben jetzt neu ordnen sollte. Zuerst müsste er sich vielleicht abschreiben, immerhin, wovon die Rede ist. Doch Bilder lassen sich nicht abschreiben. Was sich abschreiben lässt, ist kein Bild.
Jedes einzelne Mitglied des Künstlerehepaars arbeitete nach dem Foto, nicht nach der Natur (kleiner Klappstuhl, Ameisen), nicht nach dem Modell, doch auch nicht – nuhunmeher – abstrakt (abstrahierend, gegenstandslos). Manchmal sehen sie etwas und sagen, das ist es!, und fotografieren es, danach betrachten sie nur noch das Foto, bis sie sehen, wozu sie gesagt haben, das ist es, nun bereits ohne Ausrufezeichen, und mit dem Malen beginnen! Esti beschäftigte diese Fotosache. Vom Bild ein Bild machen. Der Maler, dem er die Frage stellte, weil er sich mit dem Maler gern über sogenannte fachliche Probleme austauschte, mit Malern, Musikern geht das besser, schüttelte unzufrieden den Kopf. Seinen großen Kopf. In jedem Fall mache ich vom Bild ein Bild, der Anblick an sich existiert nicht, den muss man machen, muss ich dir das erklären?
Es war, als fiele man über Esti her. Als könne er dafür, dass die mystische Wahrnehmung der Welt steckenblieb. Dass die Vereinigung steckenblieb. Skizze, sagte die Malerin, das Foto ist wie die Skizze, du siehst etwas, zeichnest es, fotografierst es, egal, nur ist das Foto besser, ein Gedächtnisverstärker, mehr ist es nicht. Die Malerin ist immer besonnen. Besonnen und leidenschaftlich. Wäre sie ein Vulkan usw. Sie ist es nicht, doch immer sticht sie ein bisschen heraus.
Dieser toskanische Vormittag, dachte Esti im brutalen Ticken der Weckuhr, verhält sich wie das Foto zum Bild. Das Bild bin ich.
Esti rief dem Malerehepaar von der Casa, dem sicher geglaubten (aber nein!, krebsroten) Schatten aus zu, ob sie nicht daran gedacht hätten, gewiss hätten das schon viele gefragt, weil es auf der Hand liegt, weil der Zeitgeist es suggeriert, der erstarkende Aspekt der Konsumierbarkeit, für mein Geld will ich es verstehen!, also das langsame Einsickern des Erfolgs in das ästhetische Urteil und so weiter, ob sie nicht daran gedacht hätten, wie interessant oder, wenn man so will, witzig es wäre oder wie gut es vielleicht funktionierte, hängten sie neben das Bild das Foto, so ist es gewesen, so ist es geworden, nicht dass er dies empfehlen oder den erwähnten Gesichtspunkten folgen oder sie auch nur im Entferntesten billigen würde, er frage bloß, ob es ihnen nicht in den Sinn gekommen sei.
Das ist kein Volkshochschulkurs.
Der Maler hatte prompt geantwortet (schnell, wie der Mensch in den Himmel kommt), ohne nachzudenken beziehungsweise als hätte er schon darüber nachgedacht. Esti lachte auf, er hatte das Gefühl, die optimale Antwort auf seine Frage bekommen zu haben; er freute sich darüber. Auch die Malerin war prompt, sie sagte prompt nichts, murmelnd zuckte sie die Schultern, nein, ich
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