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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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ruhig, freundlich scheinende, schön geschnittene Gesicht des Herrn Nachbarn fiel nicht aus dem Rahmen der oben angedeuteten Harmonie der Welt, und seine ruhigen, wenn auch in Bezug auf ihr Objekt dennoch langsam beunruhigenden Worte ragten ebenfalls nicht heraus. Dabei erwähne er noch nicht einmal, hagelte es wieder von der anderen Seite des Zaunes, dass die Sträucher entlang dem Zaun, die Zweige herüberragen – – – herüberbaumeln – – – in den Luftraum seines – – – er betone das trotz allen Respekts vor dem Zusammenleben, seines Gartens – – – in seinen Luftraum seien diese bedrohlichen fremden Gegenstände eingedrungen – – – die wie Aasgeier bedrohlich kreisten –
    Geier?, flüsterte Kornél Esti in den frühen portugiesischen Abend, staunend wie ein Kind, das gerade die Welt entdeckt, Bartgeier?, Aasgeier?, Mönchsgeier?, Kondor?, der in den Anden lebende, schwarzweiß gefiederte Riese?
    – – – diese ließ er natürlich abschneiden und schickte sie, um es so auszudrücken, an den Absender zurück, wie der Herr Nachbar die Güte habe zu sehen. Vor Estis Augen – – – oder, besser, hinter – – – die Geier kreisten – – – eine Geierhorde – – – jetzt erst bemerkte er unten am Zaun die Zweige.
    Sie haben die abgeschnittenen Zweige zu mir rübergekotzt?, staunte Esti. Besonders das rüber klang auf Portugiesisch zauberhaft. Rüber!, rüber!, begeisterte sich Paulo Tomago, auch ein Liebhaber der portugiesischen Sprache. Doch er habe das nur nebenbei erwähnt, die Hauptsache sei das Gras. Was ist damit. Es wächst kreuz und quer. Was? Das Gras. Kreuz und quer was? Wächst. Wieso kreuz und quer? Krumm, Señor Esti, krumm, er habe viel darüber nachgedacht, aber dieses Wort treffe es auf den Punkt, die verflixten Grashalme wachsen krumm, er erkläre das gleich, der Herr Nachbar solle ja keine Fragen stellen, sonst begreife er es noch als Beleidigung, krumm, das heißt, der eine Grashalm hängt nach da, der andere fällt nach da, mal stehen sie senkrecht zum Tejo, dann wieder sind sie parallel, oh, das ginge noch, doch es gibt sicher auch vollkommen schiefe, natürlich habe er nicht ihre Neigungswinkel gemessen, er respektiere die Integrität des Eigentums, aber er wäre nicht überrascht, wenn so ein Winkel nicht einmal durch fünf teilbar wäre – – – dann wieder verknäult sich alles, wogegen andere Stellen fast kahl sind, man könnte sich die Beine brechen, so ein Chaos ist das.
    Da hätte Esti den Nachbarn dahin schicken müssen, wo der Pfeffer wächst, also irgendwohin nach Südportugal, doch – – – alles war so friedlich und freundlich – – – selbst in den Augen der Geier kampierte eine männliche Einsamkeit. Sie kampierte. Er ließ seinen Blick über den Rasen schweifen und sagte zur Entschuldigung, gar nicht so kreuz und quer. Esti betrat die Welt des Nachbarn, begriff deren Lächerlichkeit, vor allem aber Aussichtslosigkeit und Ausgeliefertheit sofort, und da!
    Die Novelle ist ein episches Genre, dessen Struktur aus einer Wendung des Schicksals resultiert, etwas passiert, und das verändert wie ein Blitz endgültig das Leben des Helden.
    Der Abscheu entsteht nicht im Herzen, nicht in der Seele, nicht im Gehirn, vielmehr im Bauch, im Magen: Esti blickte in das freundliche Gesicht von Paulo Tomago, und Brechreiz würgte, Abscheu überflutete ihn, rann samt Speichel das Kinn hinunter, auf sein Hemd, vor sich auf den Boden, vielleicht sogar auf die abgeschnittenen, zurückgekotzten Zweige. Die Welt durch die Brille des Abscheus zu sehen war neu für Esti. Langsam kam er darauf, dass es Abscheu war, der sich seiner bemächtigte. Ein wenig erschrak er vor der neuen Situation, zu Anfang bemühte er sich, nicht an seine Nachbarn zu denken.
    Carmen hatte einen winzigen Hund, einen chinesischen Pekinesen. Esti ertappte sich dabei, dass er lächelnde Pläne von vergiftetem Speck schmiedete, doch die Pläne schienen zu viele und komplizierte Vorbereitungen zu erfordern, und er erschrak – – – ihm schauderte – – – vor der Möglichkeit, dass Gift an seinen Händen kleben und vielleicht in ihn einsickern könnte, quasi ein Eigentor. Der Pekinese hieß Ludwig, angeblich nach Wittgenstein, denn Carmen beschäftigte sich an der Lissaboner Universität mit mathematischer Logik – – – kaum zu glauben, mit so einer Stupsnase und so einem abgehauenen Kinn sollte man froh sein, wenn man sich bis zum Abitur durchwurstelt.
    Er vermochte nicht mehr,

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