Eternal - Die Vampire von Clare Point
angefangen hatte. »Sie sind praktisch wie Brüder aufgewachsen.« Sie hob die Tasse an die Lippen. »Ich liebte Ian. Arlan liebte mich. Ian … liebte vor allem eigentlich sich selbst.«
Ihre Stimme zitterte. Es war das erste Mal, dass sie sich diese Tatsache eingestand. Sich und der Welt. Jesus, was hatte sie letzte Nacht nur getrunken? Irgendein seltsames Wahrheitsserum?
»Und wo ist Ian jetzt?«
»Fort.«
Sie sagte es mit solcher Bestimmtheit, dass er nicht weiterfragte. Sie glaubte nicht, dass er begriff, was sie wirklich damit meinte: tot. Auch nicht, dass es schon Hunderte von Jahren her war.
Hunderte von Jahren? Schon so lange? Warum tat es dann noch so weh?
»Und Arlan ist noch immer da?«
»Ja.« Sie stieß ein kleines Lachen aus, aber es klang nicht fröhlich. Es machte sie traurig. Manchmal wütend, aber heute Morgen … einfach nur traurig.
»Und Sie und er …« Glen überließ es ihr, seinen Satz zu beenden.
»Arlan und ich …« Fia suchte nach den richtigen Worten. »Ich … ich liebe ihn für das, was er für mich getan hat, wie er sich damals verhalten hat, aber …«
»Sie sind nicht in ihn verliebt?«
Fia hob die feuchten Lider; ihr Blick wanderte zur Vogeltränke. Die Meise war fort, aber zwei Kardinalsweibchen hatten nun ihren Platz eingenommen. Sie konnte nicht glauben, dass sie dieses Gespräch mit Glen führte, noch dazu auf der Veranda ihrer Mutter, am helllichten Tage. War das nicht die Art von Unterhaltung, die Fremde, wie sie es ja praktisch auch waren, spätnachts bei schummriger Beleuchtung in irgendwelchen Bars hatten? War es nicht vor allem die Anonymität, die sie zu derart intimen Gesprächen verführte? Fia konnte es gar nicht mehr zählen, wie oft ihr fremde Männer gebeichtet hatten, sie liebten ihre Frau nicht, hassten ihren Vater oder trügen pinkfarbene Seidenschlüpfer unter ihrem grauen Armani-Anzug.
»Nein, es ist noch nicht ausdiskutiert«, sagte Glen.
Sie sah von der Vogeltränke zu dem gutaussehenden Mann neben ihr. »Wie bitte?«
»Die Tischwäsche. Stacy und ich. Wir haben uns nicht einigen können. Zum Henker, ich weiß nicht mal, ob wir uns einig sind, in welchem Land wir heiraten wollen.« Er sah weg, während er seine Schläfen mit Daumen und Zeigefinger massierte.
Sie konnte seine Augen nicht sehen, da auch er eine Sonnenbrille trug, aber sie fühlte seine Unruhe. Seine Traurigkeit. »Ärger im Paradies?«
Er lachte. »So was in der Art.«
»Sie haben sich also wegen der Tischwäsche gestritten. Na und? Hochzeiten sind stressig, das sagt jedenfalls jeder. Sie werden das schon …«
»Es sind gar nicht die verdammten Servietten, Fia.«
Seine Heftigkeit überraschte sie. Dann begriff sie. Er wollte nicht, dass sie ihm gut zuredete oder ihn beruhigte. Er wollte nur, dass sie ihm zuhörte. Sie setzte sich so, dass sie ihn direkt ansehen konnte.
»Ich weiß nicht … ich bin mir nicht sicher …« Er hielt inne und begann von vorn. »Es ist ja nicht so, dass ich noch nie eine Entscheidung getroffen hätte. Wissen Sie, was ich meine? Es ist eben einfach passiert. Wir fingen an miteinander auszugehen. Miteinander zu schlafen. Ich mochte sie sehr.«
Aber es war keine Leidenschaft.
Sie konnte es seiner Stimme anhören. Es an seinem Atem riechen. Und ihr Herz schlug etwas schneller.
Aus welchem Grund, wusste sie beim besten Willen nicht.
»Sie lieben sie nicht, aber Sie wollen sie heiraten?«, fragte sie leise.
Dieses Gespräch war so surreal. Das war nicht die Art von Austausch, die sie gewöhnt war. Eigentlich war sie überhaupt nicht an Austausch gewöhnt, jedenfalls nicht an privaten. In den Bars hörte sie sich die Geständnisse der Männer an, die ihr immer ihr Herz ausschütten wollten, bevor sie sie mit nach Hause nahmen. Sie hatte keine richtigen Freundinnen, jedenfalls nicht da draußen. Und in Clare Point … na ja, jeder hier kannte schon ihre großen, dunklen Geheimnisse.
»Ich weiß nicht.« Er hob die Hand und ließ sie wieder fallen. »Ich weiß nicht, ob ich sie liebe. Ich weiß nicht, ob ich sie heiraten will. Ich weiß nicht, ob ich kalte Füße habe, weil es jeder zweiundvierzigjährige Mann, der noch nie verheiratet war, ab einem gewissen Punkt mit der Angst zu tun bekommt …«
Fia wollte ihn berühren. Sie wollte ihm die Hand aufs Knie legen. Auf den Arm. Sie wollte ihn an ihre Brust ziehen, ihm übers Haar streichen und ihm ins Ohr flüstern, dass es okay war. Dass er es schon noch herausfinden würde.
Sie blieb
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